Arnsberg/Sundern/HSK. Mit einem Pilotprojekt erleichtert das Bundesinnenministerium blinden und sehbehinderten Menschen im HSK die Teilnahme an der Bundestagswahl.

Wählen ist gar nicht so einfach, schnell landet der Wahlschein im falschen Kuvert – vor allem bei der Briefwahl kann man sich buchstäblich schnell verzetteln… Wie schwierig es da für sehbehinderte oder gar blinde Menschen ist, das Kreuzchen an der richtigen Stelle zu machen und den Stimmzettel in die Wahlurne zu bekommen, dürfte jedem klar sein.

Wahlhilfepaket auch für Nichtmitglieder kostenlos

Organisiert werden sowohl Herstellung und Verteilung der Wahlhilfepakete als auch der telefonische Ansagedienst von der Arbeitsgemeinschaft der Blinden- und Sehbehindertenvereine in Nordrhein-Westfalen (BSVNRW). Die Wahlhilfepakete werden mit je einer Wahlschablone sowie einer akustischen Gebrauchsanweisung auf CD verschickt.Für Wahlberechtigte mit Sehverlust ist diese Wahlhilfe kostenlos. Finanziert wird sie – ebenso die wissenschaftliche Begleitung des Projekts – vom Bundesministerium des Inneren.Menschen, die in den örtlichen Bezirksgruppen und Mitgliedsvereinen der BSVNRW organisiert sind, erhalten ihre Wahlhilfen automatisch.Blinde und sehbehinderte Wahlberechtigte, die nicht in diesen Vereinen Mitglied sind, können sie bei den BSVNRW-Landesgeschäftsstellen anfordern: für den Bereich Westfalen in Dortmund, unter 0231-55 75 900.Wähler/-innen, die die Wahlhilfen nutzen möchten, sollten diese möglichst frühzeitig anfordern, damit sie rechtzeitig zur Wahl geliefert werden können.

Doch es gibt Hilfe: Mit einem Pilotprojekt für NRW erleichtert das Bundesministerium des Inneren auch blinden und sehbehinderten Menschen im HSK die Teilnahme an der Bundestagswahl am 26. September. „Ein wichtiger Schritt“, urteilt Herbert Kleine-Wolter. Der Arnsberger ist stellvertretender Vorsitzender des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen (BSVW) und Vorsitzender des Regionalvereins Arnsberg/Sundern.

Wie wählt eigentlich ein Bürger, der nicht gut – oder gar nicht – sehen kann? Spezielle Schablonen für die Stimmzettel gibt es bereits seit Jahren – doch erstmalig werden nun die Inhalte der Stimmzettel einer Bundestagswahl über eine Telefonansage vorgelesen und auch im Internet zur Verfügung gestellt. „Das bedeutet, dass Sehbehinderte und Blinde ganz ohne Hilfe von Dritten ihre Stimmen abgeben können“, erklärt Herbert Kleine-Wolter. Er selbst hat noch genügend Sehkraft, um sowohl Informationen über Kandidaten zu sammeln als auch die Wahlunterlagen selbstständig ausfüllen zu können – aber: „Meine Frau kann das nicht“, berichtet der Arnsberger, „bei Wahlen in der Vergangenheit habe ich ihr – als Vertrauensperson – geholfen.“ So machen es viele, bemühen Ehepartner, Angehörige oder Freunde.

§Ein wichtiger Schritt“, meint Herbert Kleine-Wolter, Vorsitzender des BSVW-Regionalvereins Arnsberg/Sundern.
§Ein wichtiger Schritt“, meint Herbert Kleine-Wolter, Vorsitzender des BSVW-Regionalvereins Arnsberg/Sundern. © WP | privat

Mit dem neuen Service können nun auch völlig alleinstehende Betroffene ihre Stimme abgeben. Doch wie geben blinde und hochgradig sehbehinderte Wahlberechtigte eigentlich ihre Stimme ab?

Besagte Wahlschablonen helfen dabei, geheim zu wählen. Eine abgeschnittene Ecke ermöglicht es, den Stimmzettel richtig in eine mit Löchern versehene Mappe einzulegen. Über die in Großdruck und Punktschrift angebrachte Nummerierung der Löcher können blinde und sehbehinderte Wahlberechtigte ihr Kreuz dann genau da machen, wo sie es möchten.

Bleibt ein Haken: Woher sollen sie wissen, welche Kandidaten oder Parteien sich hinter welchem Loch verbergen? Genau hier setzt das Pilotprojekt in NRW an:

„Erstmalig werden die Inhalte der Stimmzettel einer Bundestagswahl über eine Telefonansage vorgelesen – und auch im Internet ( https://wahl.phonepublisher.com/public/wahlkreise.do ) zur Verfügung gestellt“, beschreibt Karen Lehmann das Prozedere. „Mit der Eingabe der Wahlkreisnummer, die auf der Wahlbenachrichtigung steht, können sich Anrufende aus dem Hochsauerlandkreis unter 0800 000 96710 den vollständigen Inhalt ihres Stimmzettels vorlesen lassen – so oft sie wollen und kostenlos“, so die Mitarbeiterin der Landesgeschäftsstelle des BSVW in Dortmund weiter. Per Handy funktioniere das sogar direkt in der Wahlkabine. Und der Service des Vereins geht noch weiter: „Wahlhilfepakete“ mit der Schablone und einer Anleitung auf CD werden an alle Mitglieder der Blinden- und Sehbehindertenvereine in NRW verschickt. Nicht-Mitglieder können sie bei den Geschäftsstellen anfordern (links).

Grundpfeiler der Demokratie

„Das Recht auf Teilnahme an freien, gleichen und geheimen Wahlen gehört zu den Grundpfeilern der deutschen Demokratie“, so der BSVW auf seiner Homepage ( https://www.bsvw.org/ ).

Wählen dürfen heißt aber nicht in jedem Fall auch wählen können – um so besser, dass es nun für blinde und schwer sehbehinderte Menschen einfacher wird.