Neheim/Düsseldorf. Seit 21 Jahren ist Klaus Kaiser Landtagsabgeordneter. Die Zeit der Pandemie beschreibt er, sei seine schwerste in seiner Düsseldorfer Ära.
Er hat schon viele Jahre als Landtagsabgeordneter auf dem Buckel. Seit 21 Jahren sitzt Klaus Kaiser (CDU) im nordrhein-westfälischen Landtag. Zuhause in seinem Wahlkreis ist er normalerweise der Überbringer guter Botschaften und Fördermitteilungen, von denen die Menschen im HSK und in Arnsberg und Sundern profitieren. Jetzt aber ist alles anders: „Corona flog uns in den vergangenen Wochen um die Ohren“, gibt der 64-jährige Neheimer zu. Wohl noch nie stand er als Vertreter der Landespolitik so in der Kritik. Jetzt hofft er auf Entspannung der Lage.
Vor allem auf dem Höhepunkt der dritten Welle mit nicht mehr konsequenter und für viele Bürger nicht mehr nachvollziehbarer Coronapolitik auf Landes- und Bundesebene stand bei den Parlamentariern das Telefon nicht mehr still. Klaus Kaiser hat dafür Verständnis: „Da hängen Existenzen dran“, sagt er, „da darf man schon einmal aufgebrachter und emotionaler sein“. Vor allem aus den Bereichen Schule, Kultur und Wirtschaft kam viel Kritik: „Viele Betriebe halten das nicht mehr lange aus“, sagt Klaus Kaiser.
Wichtiges Demokratie-Element
Die Rolle von Klaus Kaiser ist schwierig: „Mandatsträger haben ja immer eine Mittlerfunktion. Sie stellen die Verbindung zwischen den Menschen vor Ort und der Politik her. Das funktioniert in beide Richtungen und ist ein wichtiges Element unserer Demokratie.“ Dass es immer wieder schwierige Zeiten gebe, sei klar. „Gerade dann ist es wichtig, vor Ort genau zuzuhören, die Anliegen des Wahlkreises engagiert zu vertreten und gleichzeitig das große Ganze im Blick zu haben“, so Kaiser, „dazu gehört auch, unpopuläre aber notwendige Entscheidungen mitzutragen und – das ist wichtig – zu erklären“.
Die Corona-Krise sei eine Ausnahmesituation, die jetzt schon über ein Jahr dauert. „Das habe ich mir so nicht vorstellen können“, gibt Kaiser zu, „die drohende Überlastung der Kliniken zeigt uns deutlich, wie groß die Gefahr ist. Für mich als Politiker ist völlig klar, dass wir diese ganz konkrete Gefahr für unsere Gesundheit und unser Leben, abwenden müssen.“
Viele Menschen leiden
Gleichzeitig sehe er, dass viele Menschen sehr unter den Coronamaßnahmen leiden: „Und ich sehe
natürlich auch, dass die Entscheidungen, die zum Schutz vor einer Ansteckung getroffen werden, neue Belastungen und Probleme aufwerfen. Die Situation ist für uns alle schwierig.“ Dass es dann zu Unmutsäußerungen auch und vielleicht gerade über die Politik komme, könne er nachvollziehen. „Schwierig wird es für mich, wenn falsche Informationen verbreitet, Ängste geschürt oder Beleidigungen getätigt werden. Da hört dann mein Verständnis auf. Aber das erlebe ich persönlich eher selten“, betont der Neheimer. Vielmehr habe er den Eindruck, dass die Menschen im HSK trotz der großen Einschränkungen sehr sach- und lösungsorientiert mit der aktuellen Situation umgehen. „Es ist positiv, dass viele Menschen auch sehr kreativ geworden sind“, lobt er.
Sorgen ernst nehmen
Die Sorgen der Menschen aber nehme er sehr ernst. „Es ist ja überhaupt nicht verwunderlich, dass gerade in der Wirtschaft, im Einzelhandel, in der Kreativwirtschaft, im Hotelgewerbe und in der Gastronomie große Hoffnungen in eine Öffnungsstrategie gesetzt werden“, so Kaiser. Und der HSK wird dann noch Modellregion, aber der Virus und das Infektionsgeschehen machen einen Strich durch die Rechnung. Lockdown statt Öffnung und wirtschaftlicher Perspektiven. „Diese Stimmungslage bekommen wir natürlich mit und sie wird auch drastisch geschildert“, so Kaiser.
Selten war die Lage so verzwickt: „Wir als Politiker stehen vor einem Dilemma: etwa die Hälfte der Bevölkerung ist für Öffnung, die andere Hälfte für strengsten Lockdown. Etwas richtig zu machen, gelingt da kaum“. Es sei immer wichtig gewesen, die Belastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Und dazu brauche es geringere Inzidenzwerte. Diese würden nur erreicht durch Einschränkung der Kontakte. „Natürlich kann man über einzelnen Maßnahmen wie die Ausgangssperre diskutieren, aber der Grundtenor ist richtig. Und der sonntägliche Spaziergang hat es auch bestätigt. Die Menschen halten sich daran und sind vorsichtig“, lobt Kaiser.
Ärgerlich über zögerliche Auszahlung
Höre man die Hilferufe aus der Gastronomie, aus dem Hotelgewerbe, aus dem Eventbereich, so seien die wirtschaftlichen Unterstützungsprogramme richtig und wichtig. „Und wenn über die zögerlichen Auszahlungen geklagt wird, so ärgert man sich mindestens in gleicher Weise wie die Betroffenen“, sagt Kaiser. Ebenso seien die Schulen und Kindergärten eine riesige Herausforderung. „So haben wir auch dort ein Wechselbad der Gefühle. Der größte Wunsch bleibt nach einem geordneten Schulbetrieb insbesondere bei den Eltern, aber eben auch die genauso berechtigte Forderung nach Sicherheit“, sagt Kaiser und beschreibt auch hier die Zwickmühle. „Wir wissen auch, dass die Ängste, Vereinsamung und weiteren schweren sozialen Folgen am besten durch einen schulischen Regelbetrieb möglichst gering gehalten werden“, so Kaiser. Aber in diesem Schuljahr werde es den nicht mehr geben, so schlimm das auch sei.
Gerne würde er das den Menschen in seinem Wahlkreis direkt erklären. Das hat Klaus Kaiser sonst bei Veranstaltungen in der Kultur in ganz NRW und in Neheim beim Bierchen bei Stadtfesten und anderen Treffen gemacht. „Das fehlt im Moment auch“, sagt Kaiser.