Arnsberg. Verena Sen vom Caritasverband Arnsberg-Sundern „Im Gespräch“ über die Beratung durch mobile Lotsen.
Eine sehr gute Idee, nicht nur in Zeiten von Corona: Wenn Hilfesuchende – aus vielschichtigen Gründen – keine Möglichkeit haben, eine Beratung aufzusuchen, dann macht sich die Beratung eben auf den Weg zu ihnen. Dieser Ansatz steckt hinter der „Mobilen Allgemeinen Sozialberatung“ des Caritasverbandes Arnsberg-Sundern. In unserem Interview-Format „Im Gespräch“ erläutert die zuständige Fachbereichsleiterin Verena Sen dieses „Lotsen-Modell“:
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Wie wird man „mobiler Caritas-Lotse“?
Verena Sen Im Einsatz sind geschulte Beraterinnen mit einem Studium der Sozialen Arbeit oder einer vergleichbaren Ausbildung. Manche Beraterinnen haben eine Zusatzqualifikation in Systemischer Beratung oder als Interkulturelle Trainerin. Alle unsere Mitarbeiterinnen verfügen über fundierte Beratungserfahrung, folgen bei ihrer Arbeit mit den Menschen dem Empowerment-Ansatz und kennen sich bestens aus in den Hilfesystemen innerhalb und außerhalb des Caritasverbandes.
Beschreiben Sie bitte unseren Lesern Aufgaben und Tätigkeitsbereich ein wenig näher?
Im Projekt „Caritas-Lotsen“ arbeiten meine Kolleginnen Lea Spiller und Alexandra Nitschke. Schwerpunkt ist das mobile Angebot der Allgemeinen Sozialberatung. Menschen, die aus verschiedensten Gründen in Notlagen geraten sind, wenden sich an uns, und wir suchen gemeinsam nach Lösungen. Eine gute und nachhaltige Beratung geht nur Hand in Hand mit dem oder der Ratsuchenden. Ziel der Beratung ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“: Beratung auf Augenhöhe, in der man sich angenommen fühlt und die eigenen Ressourcen entdecken oder stärken kann. Wo benötigen die Ratsuchenden unsere konkrete Hilfestellung?, was können sie aber auch in individuellen Schritten eigenverantwortlich bewältigen? Wir bieten die nötige Unterstützung an oder leiten ggf. an eine Fachstelle weiter.
Wer ist Ihre „Klientel“, welche Zielgruppen stehen bei Ihnen besonders im Fokus?
Eigentlich haben wir nur eine Zielgruppe: Menschen, die dringend Hilfe benötigen, weil sie sich gerade in einer schwierigen Situation befinden – ganz egal aus welchen Gründen.
Sie beraten mobil, kommen also auch daheim vorbei – hat die Coronakrise den Bedarf nach einem solchen Angebot steigen lassen?
Definitiv. So manche Familie, die vor der Coronakrise aus eigener Kraft über die Runden gekommen ist, schafft das jetzt nicht mehr, weil z.B. Kurzarbeit angesagt ist. Familien und auch Paare kommen an ihre Grenzen, weil soziale Ausweichmöglichkeiten ersatzlos weggefallen sind. Die schulische Situation ist für viele Kinder und ihre Eltern eine Belastung. Dazu kommt dann der finanzielle Druck. Besonders bei alleinlebenden Menschen – aber nicht nur – haben natürlich auch Einsamkeit und soziale Isolation zugenommen.
Wie gefragt ist Ihre Beratung, sind Sie gut ausgelastet oder ist noch „Luft nach oben“?
Auch vor der mobilen Beratung hatten wir durchschnittlich ca. 230 Beratungsgespräche pro Jahr. Trotz Corona sind wir (unter Einhaltung des Hygienekonzepts!) für die Menschen erreichbar. Momentan wird auch viel telefonisch besprochen, Unterlagen werden uns in den Briefkasten geworfen, oder man geht eine Runde um den Block, spricht an der frischen Luft miteinander. Außerdem nutzen Klienten unsere Videoberatung. Hausbesuche der Caritas-Lotsen finden zurzeit unter bestimmten Voraussetzungen auch statt (siehe Infobox). Dazu kommen administrative Aufgaben, so dass wir schon von einer sehr guten Auslastung sprechen können. „Luft nach oben“ gibt es höchstens beim zusätzlichen Ausbau des Angebots.
Von welchen Problemen berichten Ihnen Menschen am häufigsten?
Oft ist der erste Anlass zum Beispiel Hilfe bei einer Antragstellung oder bei der Reaktion auf einen Mahnbescheid, dahinter stecken dann fast immer Problemlagen, die weitaus vielschichtiger und komplexer sind. Manchmal sind es auch unvorhergesehene Ereignisse, die das Leben auf den Kopf gestellt haben. Häufig sind es familiäre bzw. soziale Probleme, Suchtproblematiken, eine Mutter oder ein Vater steht mit zwei oder drei Kindern auf einmal allein da, weil der Partner oder die Partnerin plötzlichen verstorben ist, ältere Menschen, die nicht mehr alleine zurecht kommen, pflegende Angehörige, die finanzielle Schwierigkeiten haben, weil sie ihre Arbeitszeit reduzieren mussten oder die mit ihrer Kraft am Ende sind.
Das Projekt ist derzeit bis April 2022 befristet, wie geht es danach weiter?
Die Allgemeine Sozialberatung ist ein fester Bestandteil der karitativen Grunddienste, für den unser Verband nach wie vor Geld in die Hand nimmt. Zusätzliche Projektmittel – wie für die mobilen Lotsen – helfen uns, dem gestiegenen Bedarf zu begegnen. Das spezielle Projekt der mobilen Lotsen wird durch den Diözesancaritasverband Paderborn gefördert. Wir sind stets auf der Suche nach geeigneten Fördermitteln zum Ausbau des Angebots. Natürlich freuen wir uns auch immer über Spenden. Unsere Beratung ist selbstverständlich für alle Ratsuchenden kostenlos – und wird auch nach der Projektlaufzeit der mobilen Lotsen fester Bestandteil der Arbeit des Caritasverbandes Arnsberg-Sundern bleiben.