Arnsberg. Erziehungs- und Familienberatungsstelle Arnsberg nimmt Männer nach Ausüben häuslicher Gewalt in den Beratungsfokus.
Gewalt in der Familie. Alles wird zu viel, über Vater und Mutter bricht einfach alles zusammen. Die Hand rutscht aus – und alles ist viel schlimmer. In den meisten Fällen sind es Männer, denen kein anderes Reaktionsmuster als der Gewaltausbruch bleibt. Die Frau sucht und findet Hilfe bei Beratungsstellen. Die Männer, die Täter, bleiben meist unbetreut zurück. Ein Gesprächsangebot der Arnsberger Familien- und Beratungsstelle für Väter nach Ausübung von häuslicher Gewalt will das ändern.
Nicht, weil der Täter entschuldigt werden soll, sondern weil es oft der einzige Weg ist, die ansonsten vielleicht intakte Familie zu retten. Es ist ja ein riesiger Schritt, wenn sich Männer hierhin bewegen“, sagt Sozialpädagoge und Sozialarbeiter Eric Appelhans (28), „es zeigt ja, dass der Mann sich verändern möchte.“ Und genau das, so ergänzt sein Kollege Norbert Plaßwilm, „kann auch einer Frau dann Mut machen.“
Die beiden Mitarbeiter der skf-Beratungsstelle in der Arnsberger Ringlebstraße sind „Systemische Familienberater“. Der 54-jährige Norbert Plaßwilm hat sich in der Weiterbildung des Sozialdienstes Katholischer Männer zum „Männerberater“ weitergebildet. Bewusst übernehmen Männer die Beratung. „Da sind andere Gefühle und auch andere Themen“, sagen beide. Und es hilft, dass Männer sich öffnen.
Männerhaus-Idee
Das Thema Männer hat die Beratungsstelle schon länger im Fokus. „Zwischenzeitlich hatten wir auch schon die Idee, ein Männerhaus zu gründen“, erzählt Norbert Plaßwilm. Nicht, wie bei Frauen, als Fluchtpunkt, sondern als Ausweichort, wenn es zum Gewaltausbruch kam. Das aber ließ sich nicht realisieren. Die neue Beratung soll das auffangen.
Gewalttätigkeit von Männern fällt nicht vom Himmel. „Das ist keine Charaktereigenschaft“, so Eric Appelhans, „sondern ein erlerntes Verhalten.“ Oft schon erlebt als Kind in der eigenen Familie. Mit den Männern in der Beratung sollen die Gründe erarbeitet werden.
Immer ist es eine Überforderung, bei der die Männer glauben, keine andere Handlungsalternative zu haben. „Wo die Spannung steigt, kommt es zum Schreien, zur Drohung und vielleicht zur physischen Gewalt“, weiß Norbert Plaßwilm. Dieses Muster tritt situativ auf. „Und es geht durch alle sozialen Schichten“, so Plaßwilm, „häufig kommen Männer mit ihrer Rolle nicht zurecht.“
Konsequenzen klar machen
Die Konsequenzen für Frauen und Kinder kann vor allem Angst sein. Für die Männer sind die Folgen andere: Die Familie droht zu zerbrechen, Kontaktverbote zu Frau und Kindern sind möglich, außerdem soziale Isolation und gesellschaftliche Ächtung. Und das Wichtigste:
Wenn die Familie wieder zusammenkommt und das eigentliche Problem der Männer nicht besprochen oder gelöst ist, ist die Wiederholung vorprogrammiert.
Das Prinzip der Beratung ist Freiwilligkeit. Nicht leicht für Männer. „Da ist es ja oft ein Tabu, über sich und seine Gefühle zu sprechen“, sagt Norbert Plaßwilm. Verordnen lässt sich so eine Beratung nicht.
Prinzip Freiwilligkeit
„Ohne Freiwilligkeit funktioniert es nicht“, sagt auch Beratungsstellenleiterin Annette Daiber, „aber manchmal brauchen Männer vielleicht einen kleinen Stubs“. Der soll aus Netzwerken der Beratungsstelle kommen. Frauenberatungsstelle, Frauenhäuser, Polizei, Ärzte, Kitas und Schulen sollen sensibilisiert werden und bei Bedarf auf das Angebot für die Männer aufmerksam machen. In seltenen Fällen könnte es auch über eine gerichtliche Auflage zur Beratung kommen.
Eine Schablone für Gespräche mit Männern gibt es nicht. „Kein Fall ist wie der andere“, wissen Eric Appelhans und Norbert Plaßwilm. Die Gewalt kann variieren zwischen Ausrutschern, Erpressungen, Kontrolle und regelmäßigem Verprügeln – mal in Familienverbünden oder auch schon in getrennten Beziehungen. „Dann kann eine Beratung helfen, dass auch getrennte Partner zum Wohle des Kindes beide weiter Eltern sein können“.
Schwer zu erreichen sind aktuell noch gewaltbereite Väter aus Migrantenkreisen. „Vielleicht ändert sich aber auch das durch unser Projekt“, hofft Annette Daiber. Die „Männerberater“ stehen bereit.