Arnsberg. Nach Ankunft der ersten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Arnsberg wird fieberhaft weiter an deren Betreuung gearbeitet.

Während die am Wochenende aus der Ukraine in Arnsberg angekommenen Kriegsflüchtlinge vorsichtig auf Tuchfühlung mit ihrer neuen Umgebung im Arnsberger Marienhospital gingen, fand in der Aula der früheren Petrischule in Hüsten Montagmittag eine Pressekonferenz statt, in deren Verlauf auch über die weitere Zukunft der Menschen informiert wurde.

Wenn Menschen in Lebensgefahr sind, müsse man handeln, ihnen Hoffnung geben – und eine Perspektive vor Ort, machte Ralf-Paul Bittner zu Beginn deutlich. Dabei kann die Stadt auch auf Hilfe aus Reihen der Bevölkerung zählen: 120 Angebote für eine weitere Unterbringung der Geflüchteten gebe es bereits – vom Zimmer bis zur Einliegerwohnung; „22 Standorte werden derzeit konkret geprüft“, so Arnsbergs Bürgermeister weiter.

Der Älteste ist 85 Jahre

Unter den 105 Ankömmlingen sind 80 Frauen und Mädchen, die Jüngsten sind zwei dreijährige Mädchen, der Älteste ein 85-jähriger Mann. Die Altersstruktur stellt sich laut Stadtverwaltung wie folgt dar: unter sechs Jahre alt sind sechs Personen, sechs bis 17 Jahre sind 32 Personen, 18 bis 29 Jahre acht Personen, 35 Menschen sind zwischen 30 und 49 Jahre alt, zwölf zwischen 50 und 64 Jahre, weitere zwölf 65 Jahre und älter.

Insgesamt wurden vom Fachdienst Zuwanderung/Integration am Sonntag 105 Menschen erfasst, darunter 80 Frauen und Mädchen; die zunächst gemeldete Zahl 107 kam durch eine irrtümlich gemachte Doppelregistrierung zustande.

Vorbereitungen für die Unterbringung weiterer Menschen aus dem Kriegsgebiet in Arnsberg laufen weiter, entscheidend dabei wird sein, künftige Abholaktionen ebenso sorgfältig zu planen und durchzuführen wie jetzt geschehen, denn: „Blinder Aktionismus hilft nicht weiter“, wie Arndt Gaube betont.

Gemeinsam mit dem Freienohler Busunternehmer Gustav Zacharias und Anna Falcone schilderte Organisator Gaube eindringlich die an der polnisch-ukrainischen Grenze gesammelten Eindrücke und Erfahrungen. Einfach hinfahren und abholen sei völlig unmöglich, ist sich das Retter-Trio einig, ohne gute Sprachkenntnisse und Kontakte vor Ort sei jede Aktion zum Scheitern verurteilt. Das Misstrauen in Reihen der ukrainischen Bevölkerung, vor allem bei Frauen, sei groß; die Menschen total verängstigt, teils traumatisiert; Schlepper versuchten, die Geflüchteten zu ködern und um deren Geld zu bringen.

Busfahrer Axel Horlacher von Zacharias Reisen hilft beim Gepäck – mehr als eine Tasche oder ein kleiner Koffer ist es nicht...
Busfahrer Axel Horlacher von Zacharias Reisen hilft beim Gepäck – mehr als eine Tasche oder ein kleiner Koffer ist es nicht... © WP | Wolfgang Becker

„Die gesamte, rund 72-stündige Aktion war sehr intensiv und hart“, blickt Arndt Gaube zurück – er habe aber das Gefühl, „es ist sehr gut gelaufen“. Großer Dank gebühre allen Beteiligten, so der Organisator, der noch ein dickes Lob hinterher schob: „Wir haben einen Bürgermeister mit einem Verwaltungsteam, auf das wir stolz sein können.“ Auch der Freienohler Busunternehmer Gustav Zacharias war sichtbar bewegt:

„Es war sehr emotional – und ich habe immer noch nicht alles verdaut“, blickt er zurück – vor allem während der Rückfahrt habe es bewegende Momente gegeben, auch fröhliche; als die Stille im Bus langsam leiser Unterhaltung wich, man – irgendwie – ins Gespräch kam; als Verpflegung – es gab u.a. „Dicke Sauerländer“ – für ein Lächeln auf den Gesichtern sorgte; und ein großer Stoffteddybär ein Kind, zumindest kurz, glücklich machte...

Nun heißt es voraus blicken; auch, wenn es um künftige Spenden geht, denn: Vieles, was hier mit Herzblut gesammelt wird, kann im Kriegsgebiet bzw. in den Anlaufstationen in Polen leider niemand gebrauchen:

„Und was dort nicht gebraucht wird, landet auf dem Müll“, berichtet Arndt Gaube, „denn es gibt dort keinerlei Lagerkapazitäten.“ (mehr dazu im Zweittext unten).

Wer spenden möchte, kann sicher bald auch vor Ort helfen: „Kein Mensch, der in Arnsberg ankommt, soll unversorgt bleiben“, sagt Bürgermeister Ralf Paul Bittner.

„Spenden – aber mit Verstand“

Wer den Menschen in der Ukraine helfen möchte, sollte sich vorher informieren, u.a. bei Hilfsorganisationen oder beim Polnischen Roten Kreuz.

Kleidung zum Beispiel wird dort momentan nicht benötigt, die Polen als direkte Nachbarn der Ukrainer haben diese mit einer Welle der Hilfsbereitschaft bereits ausreichend versorgt.

Neben Geldspenden derzeit vor allem gefragt sind Unterwäsche, Bettwäsche/Schlafsäcke, Handtücher, Babynahrung, haltbare Lebensmittel sowie Hygiene- und Kosmetikartikel. Hilfreich sind auch Taschenlampen, Powerbanks und Handyladekabel. Auf der Seite https://www.arnsberg.de/ukraine/index.php informiert die Stadt ausführlich über gezielte Hilfe.

Die Arnsberger Spedition Gössling stellt in ihrer Halle an der Dieselstraße kurzfristig 150 Quadratmeter Lagerfläche zur Verfügung. „Das wird wie Sammelstelle“, teilt Ivanna Akymenko mit. Wie berichtet, organisiert die aus der Ukraine stammende Ärztin, die am Karolinenhospital Hüsten des Klinikums Hochsauerland arbeitet, Hilfstransporte ins Kriegsgebiet.