Arnsberg. Die künftig eingestellte Lohnfortzahlung für Ungeimpfte in Quarantäne bewerten die IG Metall Arnsberg und der Unternehmensverband konträr.
Ungeimpfte, die sich coronabedingt in Quarantäne begeben müssen, haben ab 1. November 2021 keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Bis 1. November können sich Arbeitgeber die Lohnfortzahlung für Quarantäne-Pflichtige vom Staat erstatten lassen. Diese Neuregelung trifft im Arnsberger Raum auf ein geteiltes Echo. Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der in Neheim ansässigen IG Metall Arnsberg, hält diese Verordnung für eine Impflicht durch die Hintertür. Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des in Neheim ansässigen Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte, hält die gesetzliche Neuregelung für geboten, weil nicht der Steuerzahler für zusätzliche Kosten aufkommen müsse, wenn ein Arbeitnehmer die vorhandenen Impfangebote nicht wahrnehmen wolle.
Corona-Kranke erhalten weiter Lohn
Bürgern, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, sind von der gesetzlichen Neuregelung ausgenommen. Ihnen wird weiter Lohnfortzahlung in Quarantäne gewährt.Wer an Corona erkrankt ist, erhält weiterhin die Lohnfortzahlung - völlig unabhängig davon, ob er geimpft oder ungeimpft ist. Es geht speziell um Lohnfortzahlung für Ungeimpfte in Quarantäne, die sich impfen lassen könnten, aber dies aus nicht-medizinischen Gründen ablehnen.
Carmen Schwarz sieht die Freiheitsrechte des einzelnen Arbeitnehmers beschnitten bei der Frage, ob er sich impfen lassen will oder nicht. „Der Staat will über drohenden Verdienstausfall Druck machen, dass Ungeimpfte sich impfen lassen. Das ist nicht der richtige Weg, um die Impfquote zu erhöhen. Vielmehr sollten weiterhin verstärkt niederschwellige und spontan erreichbare Impfangebote in den Städten gemacht werden. Zusätzlich sollte die Aufklärungsarbeit über die Coronaschutzwirkung einer Impfung verstärkt werden.“
Gefahren bei Regel-Umgehung
Mit der Einstellung der Lohnfortzahlung sieht Carmen Schwarz ungeimpfte Mitarbeiter in den Betrieben gebrandmarkt. Es bestehe darüber hinaus die Gefahr, dass ein Ungeimpfter einen Kontakt zu einem Corona-Infizierten verschweigen könnte, um keinen Verdienstausfall zu erleiden. Auch könnte ein Ungeimpfter Freunde, bei denen es einen Corona-Fall gegeben habe, bitten, beim Gesundheitsamt den Kontakt zum Ungeimpften nicht anzugeben, damit dieser nicht in Quarantäne gehen müsse. „Dann entsteht natürlich die Gefahr, dass ein Ungeimpfter, der möglicherweise infiziert ist, den Virus in den Betrieb tragen könnte.“
IGM: Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung soll ohne Druck erfolgen
Diese Gefährdung von Arbeitskollegen sei auch den Ungeimpften bewusst, so dass ein starker Druck in den Betrieben auf Ungeimpfte entstehen könnte mit dem Ziel, dass sich Ungeimpfte impfen lassen sollten. Der Gesetzgeber verlagere so den Druck auf die Ungeimpften in die Firmen. „Die Entscheidung, sich impfen zu lassen oder nicht, muss aber der Ungeimpfte ohne diesen Druck treffen können“, betont Carmen Schwarz, die das Impfen nicht ablehnt. „Ich bin auch geimpft. Die Entscheidung über die Impfung muss aber jedem frei überlassen sein.“
An Folgekosten einer individuellen Entscheidung denken
Dr. Volker Verch vom Unternehmensverband Westfalen-Mitte teilt die IGM-Bedenken nicht. „Wenn ein Bürger aus nicht-medizinischen Gründen eine Impfung ablehnt, dann ist der Allgemeinheit nicht zuzumuten, die Folgekosten dieser Entscheidung - wie zum Beispiel die staatliche Finanzierung der Lohnfortzahlung in Quarantäne - zu tragen“, betont Verch. Der Verbandssprecher hält es auch im höchsten Maß für unverantwortlich, wenn ein Ungeimpfter, der selbst den Verdacht hat, sich infiziert zu haben, dennoch zu seinem Arbeitsplatz in den Betrieb geht, um einem Verdienstausfall zu entgehen. Hier sehe der Gesetzgeber erhebliche Ordnungsgelder vor, auch könnte ein Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen aus einem solchen Verhalten eines Mitarbeiters ziehen.
Unternehmensverband gegen freiwillige Lohnfortzahlung
Verch sieht keinen Anlass, dass Betriebe, freiwillig die Lohnfortzahlung für ungeimpfte Mitarbeiter in Quarantäne übernehmen. „Es gibt ein ausreichendes Impfangebot. Dies sollten Arbeitnehmer nutzen.“ Verch schätzt, dass in heimischen Metall- und Elektrobetrieben mittlerweile durchschnittlich mehr als 80 Prozent der Belegschaften geimpft seien. Statistische Zahlen hierfür gebe es zwar nicht, aber Erfahrungswerte aus einzelnen Betrieben würden dafür sprechen.
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