Arnsberg/Lünen/Hürth.. NRW ist einer der Hauptabnehmer für giftige Bohrschlämme aus der Erdgasindustrie in Niedersachsen. Die Aufsicht liegt bei der Bezirksregierung Arnsberg.
Die Bezirksregierung Arnsberg und der Lüner Entsorgungsriese Remondis widersprechen Recherchen von WDR und NDR zum Giftmülltourismus mit gefährlichen Bohrschlämmen von Niedersachsen nach NRW: Die für Bergbau und Energie zuständige Abteilung der Arnsberger Aufsichtsbehörde behauptet, dass die Transporte „den gesetzlichen Bestimmungen“ entsprechen. Das Abfallentsorgungs- und Recyclingunternehmen Remondis führt nach eigenen Aussagen die Transporte nicht selber durch; letzteres hatten die Sender in einer Vorabmeldung gestern verbreitet.
Der Auslöser
Das Land Niedersachsen verfügt selbst über keine Deponien, um mit Öl oder Schwermetallen kontaminierte Bohrschlämme aus der dortigen Erdgas- und -ölindustrie zu lagern; der Sonderabfall, der teils in einfachen Bohrschlammgruben ruht, wird daher seit Jahren auf Deponien anderer Bundesländer gebracht – auch nach Nordrhein-Westfalen. Eine dieser Endlagerstätten ist die Sonderabfalldeponie (SAD) in Hürth-Knapsack bei Köln. Deren Betreiber ist Remondis; die Aufsicht liegt bei der Bezirksregierung Arnsberg.
Die Deponie
„Die Deponie in Hürth ist 1972 genehmigt worden und im Laufe der Jahre an den Stand der Technik und die Bedürfnisse angepasst worden“, erklärte Andreas Nörthen, Sprecher der Abteilung 6/Bergbau und Energie NRW der Arnsberger Aufsichtsbehörde, gestern auf Nachfrage dieser Zeitung und bestätigt: „Eine solche Deponie der Klasse III hat Niedersachsen nicht.“ Die Lagerung der Bohrschlämme aus dem Nachbarbundesland entspreche den gesetzlichen Vorschriften: „Die Deponie Knapsack ist dafür geeignet.“
Der Transport
Zum Ausmaß und zur Vorgehensweise sagte Nörthen: „Zwischen 2005 und 2014 wurden rund 330 000 Tonnen Bohrschlämme von den niedersächsischen Standorten Eydelstedt, Emlichheim und Wietingsmoor auf der SAD Knapsack entsorgt.“ Die Menge der Schlämme bestätigte gestern auch Remondis auf unsere Nachfrage.
Für den Transport und die Einlagerung würden die Schlämme „bereits am Entstehungsort mit Zement stabilisiert und so zu einem festen Abfall“, erklärte Nörthen den Umgang mit dem Sonderabfall. Der Transport erfolge mit Lastwagen, mit so genannten Muldenkippern. „Die Ladefläche ist während des Transports mit Planen abgedeckt“, berichtete der Abteilungssprecher.
Die Kontrolle
„Es gibt stichprobenartige Kontrollen des Transports“, so Nörthen; dazu gehörten auch Analysen, ob die Inhaltsstoffe der Schlämme mit den Angaben übereinstimmen. „Diese Kontrollen finden nicht täglich statt, das ist nicht zu leisten. Aber es gibt ein dichtes und häufiges Kontrollsystem“, so der Sprecher.
Die Aussicht
„Es wird weitere Entsorgungsaufträge geben“, rechnet Michael Schneider, Sprecher von Remondis, mit weiteren Bohrschlamm-Transporten aus Niedersachsen nach NRW. Für das Entsorgungsunternehmen ein „völlig normaler Vorgang“ und kein Mülltourismus. Damit bleibt NRW einer der (Haupt-)Abnehmer giftiger Bohrschlämme, obwohl es selbst keine Erdgas- und -ölindustrie hat.