Hagen/Arnsberg.. Das südwestfälisches Handwerk meldet volle Auftragsbücher, weil Hausbesitzer mit Rücklagen lieber in die eigene Immobilie investieren als das Geld zur Bank zu tragen. „Wir haben ein gutes Jahr 2012 hinter uns, und wir erwarten ein gutes Jahr 2013“, sagte auch der Hauptgeschäftsführer der Handwerkerschaft im Märkischen Kreis.
Das südwestfälische Handwerk profitiert von der schlechten Verzinsung an den Kapitalmärkten und freut sich angesichts einer Welle an privaten Gebäudesanierungen über volle Auftragsbücher. „Der Aufschwung durch die Förderprogramme der Bundesregierung nach der Weltwirtschaftskrise hält bis heute an“, sagte der Präsident der Handwerkskammer Südwestfalen, Willy Hesse, selbst Inhaber eines Dachdeckerbetriebes in Arnsberg.
Private Investoren hätten inzwischen die öffentlichen abgelöst. „Hausbesitzer, die Eigenmittel besitzen, aber auch Angst vor der Euro-Krise haben, bringen lieber ihre Immobilie in Schuss und sparen damit Heizkosten als das Geld zur Bank zu bringen“, betonte Hesse. Inzwischen werde jeder zweite Auftrag im Handwerk vor diesem Hintergrund erteilt und nicht, „weil das Dach kaputt ist.“ Deshalb habe seine Firma ihren Umsatz halten können und seit fünf Jahren keine Einbußen mehr gehabt.
Bessere Zahlungsmoral
Positiver Nebeneffekt: Durch die Vielzahl eher solventer privater Auftraggeber hat sich die Zahlungsmoral deutlich gebessert, aber auch den Kommunen bescheinigte Hesse, ihre Rechnungen schneller zu begleichen als in früheren Jahren. Probleme gebe es aber weiterhin mit Generalunternehmern: „Kaum noch ein Bauherr nimmt sich einen Architekten. Generalunternehmer versprechen Gott und die Welt, wenn sie einen Festpreis anbieten.“ Aber dann hielten sie oft das Geld zurück.
„Bei der Gebäudesanierung und Hausinstandsetzung sieht es von der Auftragsseite her gut aus“, bestätigt Markus Kluft, Pressesprecher der Handwerkskammer Südwestfalen. Er sprach von einer „verstärkten Konjunktur, die sich zu einem Boom entwickeln“ könnte. Vor allem im Ausbaubereich laufe die Konjunktur rund. Das betreffe zahlreiche Gewerke, von Dachdeckerbetrieben über Rolladen- und Jalousienbauer, Tischler, Anlagenbauer im Bereich Sanitär, Heizung, Klima, Elektrofirmen, Maurer, Betonbauer, Fliesenleger, Stuckateure bis hin zu Malern. „Jeder, der in der Lage ist, in seine Immobilie zu investieren, tut das jetzt. Das Handwerk profitiert von der Lage an den Kapitalmärkten.“ Das Problem ist Kluft zufolge derzeit, dass die Bundesregierung Maßnahmen etwa zur Förderung der Heizungssanierung vorerst auf Eis gelegt hat.
Komfortorientiertes Bauen
Nach den Worten des Branchenexperten nützt dem Handwerk über das Thema Energieeinsparung und Wärmedämmung hinaus aber auch der derzeitige Trend zum „komfortorientierten Bauen“. Viele Hausbesitzer sähen es nicht mehr ein, über hohe Duschkanten zu stolpern, sich über ungleichmäßig beleuchtete Treppen oder Zuwege zu ärgern oder ihre Heizung schlecht regulieren zu können.
Wieviel Umsatzplus die gute Auftragslage im südwestfälischen Handwerk gebracht habe, konnte Kluft nicht sagen, aber: Nach der jüngsten Umfrage der Handwerkskammer stufen 90 Prozent der Betriebe im Bauhauptgewerbe ihre Lage als gut oder zufriedenstellend ein, im Ausbaugewerbe sind es 95 Prozent. Und dass das so bleibt, glauben 72 Prozent der Firmen im Bauhauptgewerbe und 86 Prozent im Ausbaugewerbe.
Gutes Jahr 2013 erwartet
„Wir haben ein gutes Jahr 2012 hinter uns, und wir erwarten ein gutes Jahr 2013“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkerschaft im Märkischen Kreis, Dirk Jedan. Jedan erwartet angesichts des hohen Altbaubestandes einen anhaltenden Auftragsschub für die Handwerksbetriebe: „Bei der Gebäudesanierung sind wir erst am Anfang. Da gibt es einen großen Nachholbedarf. Der Markt ist da.“ Was seiner Meinung nach langfristig fehlen könnte, sind Fachkräfte.