Neheim. Das Pflegeheim „Am Bremers Park“ entwickelt mit Park-Apotheke ein System, um für Heimbewohner Risiken des Medikamenten-Cocktails zu minimieren

Der Neheimer Apotheker Alexander Karst (links) und Pflegeheim-Geschäftsführer Thorsten Vlatten erklären das Thema Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS), das nach den Sommerferien im Neheimer Gesundheits-und Seniorenzentrum
Der Neheimer Apotheker Alexander Karst (links) und Pflegeheim-Geschäftsführer Thorsten Vlatten erklären das Thema Arzneimittel-Therapiesicherheit (AMTS), das nach den Sommerferien im Neheimer Gesundheits-und Seniorenzentrum "Am Bremers Park" in einem neuen Projekt deutlich effektiver  umgesetzt werden soll. © Martin Schwarz | Martin Schwarz

Häufig erhalten alte Menschen mit Mehrfacherkrankungen acht bis zwölf Medikamente, die sie tagsüber zu verschiedenen Zeiten einnehmen müssen. „Ein solcher Medikamentencocktail birgt auch Risiken - zumal dann, wenn aufgrund einer Neuerkrankung ein Pflegeheimbewohner eine weitere Arznei erhalten soll, deren Wirkungsweise im Zusammenhang mit den bereits eingenommenen Medikamenten unklar ist“, sagt Thorsten Vlatten, Geschäftsführer des Neheimer Gesundheits- und Seniorenzentrums „Am Bremers Park“. Um Risiken bei der Arzteinmittel-Therapiersicherheit (AMTS) zu minimieren, hat Thorsten Vlatten mit dem Apotheker Alexander Karst aus der Neheimer Park-Apotheke ein neues AMTS-Konzept entwickelt, dass nach den Sommerferien für die 80 Bewohner des Pflegeheims am Bremers Park umgesetzt werden soll. „Wir wollen für Ärzte, Apotheker und Pflegepersonal ein neues AMTS-System schaffen, das deutlich übersichtlicher als bisherige Systeme arbeitet und vor allem schnell und zuverlässig über Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten aufklärt“, sagt Thorsten Vlatten.

Computersoftware arbeitet mit Ampelsystem

Wesentlicher Bestandteil des neuen Konzeptes ist eine Computersoftware, die blitzschnell Neben- und Wechselwirkungen von Arzneien bei Poly-Medikation aufzeigt. „Wenn also ein Arzt ein neues, weiteres Medikament für einen Patienten aufschreibt, ermittelt die Software die Verträglichkeit und zeigt diese auch in einem Ampelsystem an. Rot steht für die Empfehlung, das Medikament nicht zu verabreichen, Gelb signalisiert Vorsicht und die Notwendigkeit, weitere Infos einzuholen und ,Grün’ steht für bedenkenlos“, sagt Karst, der auf Apothekerseite das neue System federführend mitentwickelte und hierzu auch Investitionen tätigte. Weitere Apotheken, die mit dem Pflegeheim „Bremers Park“ kooperieren, können sich später an dem Projekt beteiligen.

Vernetztes Wissen

Alexander Karst verfügt in dem neuen AMTS-System über die notwendigen Informationen aus den Dokumentationen für die Pflegeheimbewohner, damit er rotes, gelbes oder grünes Licht geben kann. Das neue System sieht ferner vor, dass das Pflegepersonal Infos zur bisherigen Medikamentenverabreichung an einem Wandmonitor abrufen bzw. neu in die Dokumentation einarbeiten kann. Diese Wandmonitore werden mit einem Touchsystem ausgestattet, zu dem Pflegekräfte mit einem Kompetenzcode Zugang haben.

Zum neuen AMTS-System gehört auch, dass jeder Bewohner ein neues, deutlich übersichtlicher angeordnetes Medikamenten-Schrankfach bekommt. Dabei werden Medikamente, die morgens, mittags oder abends gleichzeitig eingenommen werden sollen, nicht mehr zusammen in das Tageszeiten-Kästchen gelegt. „Wir wollen verhindern, dass Medikamente unter Lichteinfluss oder in Kontakt mit anderen Tabletten an Wirkungskraft verlieren.

Arzt soll letztes Wort haben

Wie wird dieses neue AMTS-System nun aus ärztlicher Sicht beurteilt? Unsere Zeitung fragte den Hüstener Arzt und Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Hans-Heiner Decker. Er meint: „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Apotheker und Ärzte in ihrem Wissen um Medikamente und deren Neben- und Wechselwirkungen besser vernetzt werden. Warnhinweise können hilfreich sein, denn ein Arzt kann nicht Millionen von Neben- und Wechselwirkungen bei einer Vielzahl von Medikamenten kennen. Das Ampelzeichen sollte aber nicht sofort ein endgültiges Urteil über ein Medikament abgeben. Denn es kann durchaus sein, dass Patienten schon seit Jahren ein Medikament vertragen, das aber eine Software als Gefahr wertet. Die individuelle Erfahrung beim Patienten sollte daher eingebunden sein, die wiederum durch Rücksprache beim Arzt erhältlich ist. Der Arzt sollte das letzte Wort haben.“ Darin sieht Thorsten Vlatten kein Problem: „Das Zusammenspiel von Haus und Facharzt sowie Apotheke ist von besonderer Bedeutung. Und das neue AMTS-System kann dieses Zusammenspiel deutlich fördern!“