Gericht. Wegen sexuellen und schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten hat die 2. Große Strafkammer des Landgerichts einen 72-jährigen Mann aus Bruchhausen verurteilt. Der Mann hatte sich an seinen beiden Enkelinnen vergangen.
Die Ansichten über das Strafmaß gingen vor Gericht recht weit auseinander. Die Staatsanwältin und die Anwältin der Nebenklage beantragten übereinstimmend sechs Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe, der Verteidiger des 72-Jährigen Rentners sah dagegen zwei Jahre zur Bewährung als ausreichend an.
13-jährige Enkelin mehrfach missbraucht
Nach der Beweisaufnahme am 10. Januar standen jetzt die Plädoyers und das Urteil an. Die Staatsanwältin führte nochmals die sechs Fälle des Missbrauchs des Großvaters an seinen beiden Enkelinnen auf. Das heute 13-jährige Kind wurde ab dem Jahr 2005, wenn die Großmutter nicht im Hause war, mehrfach sexuell missbraucht.
Als die ältere der beiden Schwestern sich beklagte, versuchte er sie zu beruhigen: „Das ist alles ganz normal. Du wirst dich schon daran gewöhnen.“ Für seine „Spielchen“ belohnte er die Kinder mit kleinen Geldbeträgen: „Sagt niemand etwas über das, was wir gemacht haben.“ Doch die ältere Schwester zeigte den Großvater schließlich an - als sie von dem Missbrauch auch an ihrer jüngeren Schwester erfuhr.
Sechs Missbrauchsfälle wurden dem Rentner zum Vorwurf gemacht. Er legte vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab, versuchte aber, einige Dinge zu verharmlosen, sprach von Reue und beschwor, solche Sachen nie wieder zu tun.
Ein Sachverständiger hatte dem Angeklagten Pädophilie bescheinigt, eine Krankheit, die vollends noch nicht erforscht, aber auch nicht zu heilen ist. Der Mann habe mit vollem Bewusstsein gehandelt. Er sei, so der Gutachter, daher voll schuldfähig.
„Es ist zwar nie Gewalt angewendet worden. Jedoch wurde das besondere Vertrauensverhältnis des Großvaters seinen Enkelinnen gegenüber ausgenutzt. Außerdem zogen sich die Missbrauchsfälle über Jahre hin,“ sagte die Staatsanwältin. Sie forderte für die sechs Fälle des sexuellen Missbrauchs und eines besonders schweren Falls eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Ebenso die Anwältin der Nebenklage.
Verteidiger plädiert auf Bewährung
Der Verteidiger des Rentners gab an, sein Mandant habe zwar seine Triebhaftigkeit ausgelebt, sei aber so blauäugig gewesen, sich dabei nichts zu denken. „Heute weiß er, dass er großen Mist gebaut hat, ist zerknirscht und reuig.“ Er beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren - zur Bewährung.
Das sah allerdings die 2. Große Strafkammer etwas anders: „Jeder Fäll ist gesondert zu sehen und muss individuell geprüft und gewertet werden“, so Vorsitzender Richter Willi Erdmann. Das Urteil: vier Jahre und sechs Monate.
Die Überprüfung, ob eine Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus erfolgen müsse, verneinte das Gericht. Allerdings muss der Angeklagte eine DNA-Probe zur Speicherung beim Landeskriminalamt abgeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.