Arnsberg. Pflege-Fachleute aus Klinikum Hochsauerland berichten über extreme Anforderungen im Kampf um Leben und Tod.
Bert Hoffmann ist ein erfahrener Krankenpfleger. Der 45-Jährige ist Standortleiter am Marienhospital Arnsberg im Klinikum Hochsauerland - eben in dem Haus, auf das das Klinikum von Beginn an der Pandemie die Behandlung von Patienten mit einer Corona-Infektion konzentriert hat. In seinem Berufsleben hat er schon viel gesehen. Die Anforderungen durch Covid-19 aber sind andere als er bisher auf der Intensivstation erlebt hat.
Frustration und Tod
„Schon beim ersten Patienten waren wir von der Schwere des Verlaufs überrascht“, erinnert sich Bert Hoffmann. Ein Bild, das sich bis heute nicht geändert hat, auch wenn inzwischen Ärzte und Pfleger viel Erfahrung im Umgang mit dem Virus gesammelt haben. Die emotionale Belastung sei außergewöhnlich. „Die Patienten kommen quasi noch fußläufig zu uns hin und bauen dann so extrem ab“, sagt Bert Hoffmann. Da müssen dann auch Mitarbeiter/-innen, die schon viel Leid im Job mitbekommen haben, oft schlucken. Und mit der großen Frustration leben. „Dann, wenn wir einen Tod nicht verhindern können“, sagt Bert Hoffmann.
Das Marienkrankenhaus hatte schon immer eine Isolierstation und auch immer schon schwere und tragische Fälle auf der Intensivstation. Für die Vorbereitung auf Corona-Patienten wurden bereits im März die Intensivkapazitäten am Arnsberger Standort ausgebaut. Menschen und 40-50 Tonnen Material wurden zwischen den Standorten bewegt, um in Arnsberg den Raum für den Kampf gegen Covid-19 zu schaffen. „Wir wollten Qualität und auch das Risiko bündeln“, erzählt Bert Hoffmann. Und auch das war damals für die Pflegekräfte eine große Herausforderung. „Niemand von uns wusste ja, was auf uns zukommt“, so der Arnsberger Standortleiter, „das ist dann verbunden mit vielen Emotionen und auch eigenen Ängsten“.
Um die Corona-Patienten im Klinikum Hochsauerland kümmert sich seitdem ein festes Pflegeteam, das immer wieder nachgeschult und auch durch Personal von anderen Standorten verstärkt wurde. „Da sind auch Mitarbeiter freiwillig hin gewechselt“, erzählt Petra Niermöller, Standortleiterin am Johanneshospital Neheim und kommissarische Pflegedirektorin.
Rund um die Uhr unter Vollschutz
Intensivpfleger sind bestens qualifiziert. Neben der normalen Ausbildung kommt eine aufwändige Fachweiterbildung hinzu. „Der Anspruch ist sehr hoch“, sagt Bert Hoffmann, „Intensivpflege ist der Meistergrad der Pflege“. Der Umgang mit schwerstkranken Menschen ist da eigentlich schon professionelle Routine. „Covid-19 ist da aber noch eine Schüppe drauf“, sagt Bert Hoffmann. Gearbeitet werden muss unter strengen Infektionsschutzmaßnahmen - rund um die Uhr „unter Vollschutz“. Bert Hoffmann beschreibt, was das heißt: „Das ist körperlich enorm anstrengend und eine extreme Belastung“. Da sei es auch wichtig, dass darauf geachtet werde, dass es bei den „Hochbelasteten“ zum nötigen Freizeitausgleich kommen würde.
Auf zweite Welle vorbereitet
Die Zahl der Corona-Patienten zieht an. In der Spitze waren es in Arnsberg schon an die 30. „Niemand weiß bei Corona aber vorher, wie lange und wie schwer der Verlauf am Ende ist“, erklärt der Standortleiter. Es gäbe jedenfalls kein anderes Krankheitsbild, dass - wenn es so weit kommt - eine so lange intensivmedizinische Behandlung nötig machen würde. Auf die zweite Welle sieht und sah Bert Hoffmann das Klinikum am Standort Arnsberg gut vorbereitet. „Wir wussten, dass die zweite Welle kommen wird“, sagt er. In täglichen „Corona-Runden“ des Klinikum wurde das früh angekündigt und entsprechende organisatorische Maßnahmen besprochen.
Applaus hat nachgelassen
Aktuell sind rund 60 Mitarbeiter/-innen in der Corona-Pflege am Arnsberger Standort für die infizierten Patienten da - auf der normalen Isolierstation und an den Intensivbetten. Hinzu kommt natürlich das ärztliche Team. „Da haben wir uns inzwischen alle zusammen extreme Kompetenzen im Umgang mit Covid-Patienten angeeignet“, sagt Bert Hoffmann. Im Frühjahr hat die Bevölkerung auf den Balkonen gestanden und geklatscht. Das habe die Belegschaften in der ersten Welle sehr überrascht. „Jetzt gibt es weniger Resonanz“, so Bert Hoffmann, „dabei ist doch die zweite Welle viel belastender für uns alle“. Es sei schon etwas frustrierend, dass die gezeigte Anerkennung so schnell nachlasse. Auch eine früh herausposaunte Corona-Prämie des Bundes ist bei Klinikum-Pflegekräften bis heute nicht angekommen.
„Unsere Leute machen einen tollen Job“, lobt Bert Hoffmann das komplette Team. Am Ende gehe es aber nicht um Prämien und Applaus. „Wenn ein Corona-Patient nach sechs Wochen auf der Intensivstation gesund das Haus verlässt, dann ist das für uns das größte Lob“.
Corona ist Herausforderung für Ausbildung
Die Corona-Pandemie ist auch für die Organisation der Pflegeausbildung am Klinikum Hochsauerland eine Herausforderung. „Die Schülerinnen und Schüler erleben die Praxis aber so wie sonst auch immer“, sagt Petra Niermöller. Die 54-Jährige spricht als Standortleiterin St. Johannes-Hospital Neheim sowie kommissarische Pflegedirektorin auch für die Bildungsakademie des Klinikums.
Die Ausbildung im Klinikum teilt sich auf in theoretische Blocks an der Akademie und Praxis-Blocks auf verschiedenen Stationen des Hauses. „In der Schule haben wir auf Homeschooling umgestellt“, erzählt Petra Niermöller, „das hat auch gut funktioniert“.
Ansonsten werden die Pflegeschüler/-innen wie außerhalb der Coronazeiten auch auf den Stationen eingesetzt. „Da haben wir die Anleitung vor Ort zuletzt sogar deutlich gestärkt“, so die kommissarische Pflegedirektorin. Das Coronavirus schränkt die Ausbildung dabei nicht ein, wenn es auch besondere Abläufe zu beachten gibt. So werden alle Pflegeschüler mit Schnelltests auf das Coronavirus getestet, bevor sie auf neue Stationen kommen beziehungsweise nach dem Schulblock in die Praxisausbildung auf den Stationen der Standorte wechseln.
Das funktioniert auch deshalb, weil das Klinikum Hochsauerland die Behandlung von Patienten mit oder wegen einer nachgewiesenen Corona-Infektion auf den Standort Marienhospital Arnsberg konzentriert hat. „Die anderen Häuser laufen ja weitestgehend im Normalbetrieb weiter“, sagt Petra Niermöller, „aber auch am Standort Arnsberg werden Pflegeschüler eingesetzt“.
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