Arnsberg. Modehaus-Inhaber Rainer Kress darf seine großen Geschäfte wegen zu viel Verkaufsfläche nicht öffnen und sieht Boutiquen bevorteilt.

Während viele Einzelhandelsgeschäfte mit Waren des nicht täglichen Bedarfs seit Montag wieder öffnen können und auf den Einkaufsstraßen im Arnsberger Stadtgebiet wieder eine deutliche erhöhte Kundenfrequenz zu sehen ist, bleiben Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche von den Lockerungen der behördlichen Auflagen in der Corona-Zeit ausgespart. So blieben in der Neheimer Fußgängerzone die Filialen von H + M, C & A und Zebra 21 genauso geschlossen wie der Euronics-Berlet-Markt an der Neheimer Stembergstraße, das Kress-Modezentrum in Hüsten sowie das Modehaus Cruse in Alt-Arnsberg. „New Yorker“ an der Neheimer Hauptstraße konnte öffnen, weil die Verkaufsfläche knapp unter 800 Quadratmetern beträgt.

Für das Mode-Unternehmen Kress, das über fast 30 Geschäfte in Deutschland mit jeweils deutlich über 800 Verkaufsfläche verfügt, ist die behördlich veranlasste Schließung von Geschäften, die auf mehr als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche modische Textilien verkaufen, nicht nachvollziehbar. „Der Sinn der Verordnung sollte doch sein, dass nicht zu viel Leute in die Innenstädte strömen. Doch unsere Modehäuser haben meist externe Standorte außerhalb der Innenstädte. Unsere Modehäuser sollten also genauso öffnen können wie Baumärkte oder Möbelhäuser“, sagt Rainer Kress, Inhaber der Modehäuser Kress. Auch könne, z. B. im Hüstener Modehaus mit 5000 Quadratmetern Verkaufsfläche, das Abstandsgebot zwischen den Mendenschen gut eingehalten werden.

Modische Textilien haben einen zeitlich befristeten Wert

Der Modehaus-Chef sieht neben dem Umsatzausfall auch ein weiteres Problem: „Man kann modische Textilien, die im Frühjahr/Sommer 2020 einen zeitlich befristeten Wert für die Kunden haben, nicht mit dem beständigen Wert eines Hammers aus einem Baumarkt vergleichen.“ Kress sieht in der 800-qm- Grenze für Geschäfts-Wiedereröffnungen auch eine Wettbewerbsverzerrung unter den Modegeschäften. „Boutiquen können öffnen, wir nicht“, schüttelt Kress den Kopf, der fast 600 Mitarbeiter, davon etwa 50 in Hüsten, beschäftigt. Die Mitarbeiter erhalten im April Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit. „Im März haben ich meinen Mitarbeitern noch volles Gehalt gezahlt“, sagt Rainer Kress. Zurzeit sind alle Kress-Modehäuser in den verschiedenen Bundesländern geschlossen. „Eine Verkleinerung der Verkaufsfläche auf maximal 800 Quadratmeter macht für unsere Häuser keinen Sinn und würde Kunden, die eine längere Anfahrt auf sich nehmen, auch enttäuschen“, so Kress.

Ralf Gundlach, geschäftsführender Gesellschafter von Modehaus Cruse an der Straße
Ralf Gundlach, geschäftsführender Gesellschafter von Modehaus Cruse an der Straße "Zur Feldmühle" in Arnsberg, darf sein Ladenlokal nicht öffnen. © Wolfgang Becker | Wolfgang Becker


Ralf Gundlach, geschäftsführender Gesellschafter des Modehauses Cruse an der Straße „Zur Feldmühle“ in Alt-Arnsberg, hätte sein Ladenlokal von knapp 1300 auf unter 800 qm Verkaufsfläche verkleinert, „doch auch diese Verkleinerung wäre laut NRW-Verordnung nicht zulässig gewesen, wie mir die Stadtverwaltung Arnsberg mitteilte“, so Gundlach.

Deshalb bleibt das Modehaus Cruse geschlossen. Gundlach wundert sich, dass in Städten wie Speyer (Rheinland-Pfalz) und Flensburg (Schleswig-Holstein) Verkleinerungen behördlich genehmigt werden.

Berlet hätte verkleinert, durfte es aber nicht

Zu einer Verkleinerung wäre auch der Leiter des Neheimer Euronics-Berlet-Markts. Stephan Thörner, bereit gewesen. Er hatte in der vergangenen Woche schon Entsprechendes vorbereitet, doch dann erfuhr er, dass dies nicht erlaubt ist.

Stellungnahme der Stadtverwaltung Arnsberg

Die Westfalenpost bat die Stadtverwaltung um Antworten auf zwei Fragen


Frage 1: Ist es richtig,, dass sich die Stadt Arnsberg auf die Landesverordnung NRW bezieht, die keine Reduzierung der Verkaufsfläche erlaubt, um den Laden doch öffnen zu können. Ist hier die Position der Stadt richtig wiedergegeben?


Stadtverwaltung: Ja, das ist richtig. Zurzeit ist eine Verkleinerung nicht möglich. allerdings wird die Rechtslage aktuell auf Landesebene überprüft: Wir stehen in engem Kontakt zum Handelsverband NRW, der sich zurzeit mit Ministerpräsident Laschet und den Ministerien über die Thematik abstimmt. Wir rechnen hierzu bis Dienstag mit einer Klarstellung. Sobald das entsprechende Ergebnis vorliegt, werden wir es berücksichtigen.


Frage 2: Würde sich die Stadt Arnsberg auf NRW-Ebene auch eine zulässige Öffnung der Geschäfte mit auf 800 qm reduzierter Verkaufsfläche wünschen? Vielleicht könnte Bürgermeister Bittner dazu etwas sagen.


Bürgermeister Bittner sagt dazu: „Mir ist wichtig, dass wir möglichst schnell Klarheiten für alle Seiten schaffen und somit für belastbare Handlungssicherheit sorgen. Das Ziel ist mit höchster Priorität der Infektionsschutz; auf der anderen Seite ist aber der Balanceakt zu bewältigen, die enorm belasteten Wirtschaftsunternehmen bestmöglich zu unterstützen.“