Willingen. Exklusiver Blick in eine der spannendsten Baustellen im Sauerland: das Lagunenbad in Willingen. Der Eröffnungstermin ist jetzt greifbar nah.
Schon bald wird es im Sauerland einen Ort mit Ganzjahresbeschneiung geben. Tagein, tagaus werden dort Flocken tanzen – allerdings nicht auf steile Skipisten, sondern auf schweißnasse Haut. Grund dafür: Der Saunabereich im Lagunenbad Willingen bekommt einen „Snowroom“. Einen Schneeraum, in dem eine mechanische „Frau Holle“ mit Gänsehautgarantie arbeitet. Und die ist nur eine Attraktion in dem beliebten Freizeitbad, das seit März 2020 vorübergehend ganz auf Eis liegt und wegen Umbaus geschlossen ist. Fast könnte man auch sagen wegen Neubaus. Denn eigentlich ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Daher haben sich die Arbeiten auch so lange hingezogen. Aber Stand heute ist Tourismusmanager Norbert Lopatta optimistisch, dass es „schon bald losgehen wird. Aktuell ist Ende 2024 angedacht, aber es kann auch Anfang 2025 sein. Wir lassen uns jetzt nicht treiben, gehen das Ganze aber sehr zielstrebig an.“
Lagunenbad in Willingen: Kosten bei 46 bis 48 Millionen Euro
Dass das Projekt „Lagunenbad“ fünf Jahre vom Beginn der Bauarbeiten bis zur Fertigstellung brauchen würde, konnte die Uplandgemeinde beim besten Willen nicht ahnen. „Anfangs haben wir geglaubt, es ist mit relativ wenig Aufwand getan. Aber nach einem Teilabriss hat sich gezeigt, dass die Substanz doch in vielen Bereichen nicht mehr nutzbar war“, sagt der Leiter des Tourismus- und Kurbetriebs. Und dann kam eins zum anderen: Corona, Ukrainekrieg, Lieferengpässe beim Material, Preissteigerungen, europaweite Ausschreibungen, Planerwechsel im Bereich Technik und viele Auflagen. Nur zwei Beispiele: „Die Decke sollte aus Trapezblechen bestehen. Die waren in der Größe nicht oder nur mit einem großen Preisaufschlag lieferbar. Daher haben wir uns für Holz statt Blech entschieden. Das hatte aber wiederum erhöhte Brandschutzauflagen zur Folge“, erklärt Lopatta. So muss das Lagunenbad, auch im Bereich der Schwimmhalle mit einer Sprinkleranlage ausgestattet werden. Photovoltaik-Module waren zwischenzeitlich nicht lieferbar. Lopatta: „Selbst nach mehrmaliger Ausschreibung gab es keinen Bieter, dafür aber Zeitverzug. Heute werden sie einem nachgeworfen. Und so hängt ein Gewerk am anderen.“
„Wir werden Sitzmöglichkeiten im Außen- und Innenbereich schaffen. Geplant ist ein gehobener Imbiss,“
Die Kosten sind von ursprünglich 37 Millionen auf inzwischen 46 bis 48 Millionen Euro angestiegen. Vielleicht werden es auch 50. „Wir sehen bei den Bauarbeiten Licht am Ende des Tunnels und ich bin mir sicher, wir bekommen ein sehr schönes Bad“, sagt der Tourismusmanager. Und das ist auch der erste Eindruck beim Baustellen-Rundgang durch das Gebäude. Es ist größer als der Altbau, wirkt luftiger und lässt schon jetzt erahnen, dass man hier mehrere Stunden lang relaxen kann. Die Blickachse ist immer in Richtung Ettelsberg gerichtet. Vom Wasser raus in die Natur. Es gibt viel Glas, viel Licht, viele kleine Ruheinseln und auch viel mehr Möglichkeiten, um zum Beispiel in der Gastronomie eine Auszeit zu nehmen. „Wir werden Sitzmöglichkeiten im Außen- und Innenbereich schaffen. Geplant ist ein gehobener Imbiss, für den wir noch einen Pächter suchen“, sagt Lopatta. Unten im Keller wird es einen eigenen Raum mit W-LAN geben. „Daddeln“ in Badehose möglich.
Zurück zur Baustelle: An vielen Ecken wird heute gehämmert, gebohrt, gesägt. In den Duschen werden die ersten blauen Fliesen gelegt. Sie erinnern ein wenig an ein römisches Bad. Überall verteilt sollen Pflanzkübel und Ruheliegen stehen. Schlichte, zeitlose Eleganz mit Holz und Moos schwebt als Arbeitsauftrag über allem. Das eigentliche „Lagunenbecken“ neben dem Whirpool ist geblieben, hat aber einen behindertengerechten Einstieg bekommen. Das andere, weitaus größere Becken ist komplett neu und wird gerade einer Dichtigkeitsprüfung unterzogen. Die gesamte Wasserfläche erhöht sich auf rund 900 Quadratmeter. Es gibt ein neues, kleines Kinderbecken mit Wellenbad, diverse Saunen (auch eine Textilsauna) und sogenannte Gradierwerke, wie man sie aus klassischen Kurorten kennt, wo Solewasser über Reisig-Ästen vernebelt wird. Die Rutschen sind geblieben; dort musste aber die Fassade komplett erneuert werden.
Lagunenbad in Willingen hat ein Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk
Auch in Sachen Energieversorgung haben die Willinger ihre Hausaufgaben gemacht. Es gib ein mit Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk, mit dem der Versorger das Lagunenbad, das Haus des Gastes, die Eishalle und den Sauerlandstern mit Wärme beliefert. Die Eishalle produziert darüber hinaus Abwärme, mit denen das Wasser in den Becken und auch die Fußböden an den Beckenumläufen angewärmt werden können. Außerdem gibt es jede Menge Photovoltaik auf dem Dach. Lopatta: „Wir haben den Grad der nachhaltigen Selbstversorgung auf jeden Fall erhöht, stehen um einiges besser als vorher da und haben dahingehend weiterer Pläne.“
All diese Investitionen werden sich natürlich auch auf die künftige Preisgestaltung der Eintrittsgelder auswirken. Genaue Kalkulationen gebe es noch nicht, man werde die Tarife aber in jedem Fall splitten, so dass die Gäste entscheiden können, ob sie nur schwimmen oder andere Einrichtungen mitnutzen möchten. Die Zeiten von früher elf Euro werden aber vermutlich der Vergangenheit angehören. An Wochenenden seien bei erhöhter Auslastung Aufschläge denkbar, weil auch der Personal- und der Energiebedarf höher seien, so der Touristik-Chef. Es gibt vergleichbare, andere Bädern, bei denen die Preise um die 40 Euro liegen. Ein Bad in Erding legt tagesaktuelle Preise – je nach Nachfrage am jeweiligen Tag fest. Lopatta: „Das werden wir bewusst nicht tun.“ In Erding kosten zwei Stunden Eintritt übrigens 24 Euro,
Mit dem Solebad ging es los
Das Lagunenbad und das Haus des Gastes sind durch eine Überdachung miteinander verbunden. Daher wird die Straße, die bislang über das Bad weiter in Richtung Sauerlandstern führte, umgeleitet. Sie verläuft künftig unterhalb des Bades über die jetzige Baustraße.
Das Sauerland-Sternhotel ist bereits über einen Tunnel mit dem Lagunenbad verbunden. Eine solche unterirdische Verbindung wird es auch künftig zwischen Bad und dem im Bau befindlichen Lifestyle- und Design Hotel geben.
Wie wichtig solche touristischen Impulse wie das Lagunenbad sind, zeigen Zahlen aus 2023, nachdem der „Skywalk“ an den Start gegangen war. Willingen konnte die Übernachtungszahlen aus dem Vor-Corona-Niveau noch einmal um fünf Prozent steigern.
1976 war das Bad ursprünglich als Solebad gebaut worden.
An Spitzentagen hatte das alte Lagunenbad in Willingen bis zu 2500 Gäste am Tag. Der Einbau von 700 Umkleide-Schränken (100 mehr als vorher) lässt den Schluss zu, dass eine ähnliche oder sogar höhere Zahl für das neue Bad anvisiert wird. Norbert Lopatta hofft auf mindestens 250.000 Badegäste pro Jahr. Das dürfte bei 1,2 Millionen Übernachtungen, 400.000 Gästen und 4,5 Millionen Tagesgästen machbar sein. „Das Lagunenbad hat eine ungemeine Strahlkraft. Anhand der Gästekarten konnten wir feststellen, dass die Gäste aus dem gesamten Sauerland kamen, teilweise bis zu 30 Prozent.“ Von 2500 Besuchern/innen hatte ein Großteil eine Gästekarte zum Beispiel aus Winterberg, sagt Lopatta. Der fest davon überzeugt ist, dass das auch mit dem neuen Konzept so sein wird. Und wer hat schon Schneesicherheit an 365 Tagen?