Brilon. Fledermaus-Safaris in Brilon zeigen uns eine versteckte Welt, die uns sonst nicht auffallen würden. Obwohl sie direkt nebenan sind.
Es ist 20:30 Uhr und die Sonne senkt sich langsam Richtung Horizont. Auf dem Treffpunkt haben sich etwa 20 Menschen versammelt. Viele Kinder, ein paar Erwachsene. Noch ist es zu hell, um Fledermäuse zu entdecken. Daher wird ein kleines Frage und Antwort-Spiel gestartet. Die Zwergfledermaus. „Wie groß ist die?“ Die Schätzungen gehen weit auseinander und die Antwort erstaunt. Sie passt in eine kleine Streichholzschachtel, dennoch kann sie bis zu 50 km/h schnell fliegen. Das ist eine Menge Energie, die so ein kleines Lebewesen braucht. Man erfährt, dass die kleine Kreatur sich hauptsächlich von Motten und Mücken ernährt. Sie braucht jede Nacht ein Drittel ihres Körpergewichts als Nahrung – das sind etwa 1.000 Mücken. „Dann gibt es zu wenige Fledermäuse.“ so ein Kommentar aus der Menge, der viel Zustimmung erhält.
Gegen 21 Uhr sind die wichtigsten Infos abgeklappert. Doch noch ist es zu hell – also gibt es noch ein kleines Fledermausfang-Spiel zur Auflockerung. Es wird ein großer Kreis gebildet in dessen Mitte eine „Fledermaus“ mit Augenbinde auf eine „Mücke“ Jagd macht. Egal ob zugeschaut oder teilgenommen wird, es ist ein großer Spaß für alle Beteiligten – „Bis jetzt hatten wir bei jeder Fledermaus-Safari eine Runde, wo auch die Erwachsenen mitgespielt haben.“.
Als es dunkel genug wird, kann die eigentliche Safari losgehen. Die NaRas verteilen Ultraschall-Detektoren an die Gruppe und erklären wie man damit richtig umgeht. Auch wird ermahnt leise zu bleiben, damit man die Fledermäuse nicht verschreckt und sie sich näher herantrauen. Sobald alle eingewiesen sind und alles vorbereitet ist geht es nun tiefer ins Grüne. Anfangs hält man vergebens Ausschau und ist sich nicht ganz so sicher was man erwarten soll. Die Ultraschall-Detektoren geben mal dieses und mal jenes Geräusch von sich. Bis plötzlich ein Klackern kommt – wie aus dem nichts - es wird lauter und kurz darauf sieht man die erste Fledermaus.
Das Klackern wird manchmal lauter, manchmal leiser, verschwindet vorübergehend komplett – nur um einige Momente später kein Ende mehr zu finden. Die Safari-Gruppe steht am Wegesrand in einer langen Reihe und die Fledermäuse sausen in hoher Geschwindigkeit an allen vorbei. Dass man sich am Rand von Brilon befindet könnte man glatt vergessen, würde nicht entfernt unter dem Klackern der Fledermäuse „Marmor, Stein und Eisen bricht“ von Drafi Deutscher erschallen.
Als es schließlich zu dunkel wird, um ohne Licht herumzuirren, wird sich zum Abschluss des Abends noch einmal auf dem Parkplatz versammelt. Hier gibt es noch eine kleine Urkundenverteilung an die Kinder - darin wird die Teilnahme an der Fledermaus-Safari und der Status als kleine Fledermausexpertinnen und -experten bestätigt. Ein paar Gespräche über den Abend finden noch statt und durch die Reihe weg sind sich die Leute einig – ein positives Erlebnis, gerne mehr davon. Das Fazit des Abends ist, dass Fledermäuse weitaus besser sind als ihr Ruf es vermuten lässt.
Wissenswertes über Fledermäuse
Denn über Fledermäuse gibt es zahlreiche Vorurteile und negative Empfindungen. Sie sind unheimliche Geschöpfe, die lautlos durch die Nacht fliegen. Blutsauger, Vampire. Wider der natürlichen Ordnung sind sie nachts auf der Jagd, denn sie „sehen“ im Dunkeln. Im christlichen Mittelalter wurden Engel mit gefiederten Schwingen wie Vögel dargestellt und Dämonen mit nackten Flughäuten wie Fledermäuse. Im Gespräch mit Bettina Kreutzmann von den NaRas konnte sie eine lange Liste an Gründen nennen, warum Menschen eine Abneigung gegen die kleinen Kreaturen der Nacht haben.
In Deutschland gibt es 25 Fledermaus-Arten, 13 davon kommen in NRW vor, aber alle 25 stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Dies liegt vor allem am Lebensraumschwund. Alte Baumbestände und Totholz, alte Scheunen und Kirchen – solche Orte, die Fledermäusen kleine Hohlräume zum Verstecken geben, werden immer weniger. „Sie kriegen einmal im Jahr Nachwuchs und kehren immer dahin zurück, wo sie geboren wurden.“ sagt Fabienne von den NaRas. Ein neues Versteck zu finden ist schwer, vor allem wenn es noch unbewohnt sein soll.
Wer den kleinen Nützlingen helfen möchte, kann dies auf zweierlei Weise tun. Zum einen durch das Aufstellen von Fledermauskästen, um diesen kleinen Helden einen Unterschlupf zu gewähren. Zum anderen durch eine gute und nachhaltige Gartenpflege. Dies umfasst den Verzicht auf Pestizide, die Förderung der Artenvielfalt - und dabei allen voran einheimischer Blumen und Pflanzen. Dadurch wird Insekten mehr Lebensraum geboten und somit den Fledermäusen mehr Nahrung. Ein weiterer Bonus ist, dass auch Singvögel sich gern von Insekten ernähren, man fördert also auch ein idyllisches Naturbild rund um die Uhr.
Hinzu kommt ein Verschwinden der Nahrungsgrundlagen, „das Fehlen bunter Wiesen, bedeutet weniger Insekten und Nahrung. Wenn man früher in den Urlaub fuhr war die gesamte Autoscheibe voller Insekten – heute hingegen kaum noch“ sagt Bettina Kreutzmann. Pestizide verschlimmern die Lage noch weiter und können auch Fledermäuse direkt schädigen, wenn diese Insekten fressen, die ihnen ausgesetzt waren.
Es ist jedoch trotzdem davon abzuraten die kleinen Racker direkt anzufassen. Das liegt daran, dass Fledermäuse in seltenen Fällen die Tollwut übertragen können. Doch auch hier besteht kein Grund zur Panik – infizierte Fledermäuse suchen den Menschen nicht auf – die einzige Gefahr besteht, wenn man von selbst den direkten Kontakt mit den kleinen Tierchen sucht und sie anfassen oder aufnehmen will.
NaturRanger e.V. und Brilon Natürlich - eine gemeinsame Geschichte
„Mit Fledermäusen auf Du und Du“ ist eine Veranstaltungsreihe von NaturRanger e.V., die seit Anfang der 2000er auch im Rahmen des Projekts „Brilon natürlich“ angeboten wird. Dabei handelte es sich in gewisser Weise auch um eine Heimkehr zu den Ursprüngen. Bettina Kreutzmann, die Gründerin der NaRas, wurde nämlich im Jahr 1992 unter anderem auf der Abschlussfahrt der Grundschule Nuttlar zur Umweltjugendherberge in Brilon für Naturthemen sensibilisiert. Friedel Schumacher der als Umweltpädagoge auch in der Herberge aktiv war, rief im Jahr 1995 das Projekt „Brilon natürlich“ ins Leben. Im gleichen Jahr entstanden auch die Ursprünge von NaturRanger e.V., jedoch war es noch ein weiter Weg bis zum heutigen Verein mit 500 Mitgliedern. Doch von Beginn an haben die Fledermäuse eine besondere Rolle gespielt. Die Fledermaus-Safaris sind das älteste Projekt der NaRas und wurden, ebenso wie „Brilon natürlich“ im Jahr 2014 als Projekte der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet.
Wer mehr über dieses oder ähnliche Projekte erfahren möchte, kann sich auf der Webseite des Vereins über Projekte informieren. Informationen über weitere Veranstaltungen des Projekts „Brilon natürlich“ finden sie hier.