Medebach. Medebachs Bürgermeister Grosche zweifelt am Nutzen des Deutschlandtickets für ländliche Gebiete ohne Bahnanbindung. Das sind seine Argumente:

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) setzt sich für den Ausbau von Umsteigeknoten in ländlichen Gebieten ein, um Pendlern, wie etwa aus der Region Medebach, die kombinierte Nutzung von Auto und Bahn zu erleichtern. „Wir benötigen mehr attraktive Umstiegsmöglichkeiten in der Fläche“, erklärte der FDP-Politiker gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Die Länder könnten prüfen, welche Standorte in welchen Regionen sich am besten für solche Umstiegs-Hubs eignen. Von dort aus könnten dann häufige Schienenverbindungen in die Metropolregionen angeboten werden.“ Mit dem günstigen Deutschlandticket sei es nun auch viel einfacher, sich eine „Flatrate“ für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zusätzlich zum Auto zu leisten. Der Bürgermeister von Medebach, Thomas Grosche, sieht das eher skeptisch. Zumal seine Stadt schon gar nicht über einen Bahnhof verfügt.

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„Durch das Deutschlandticket sehen wir keine merklichen Effekte“, sag Grosche. Diejenigen, die bisher bereits den ÖPNV nutzen, würden nun vermutlich kostengünstiger ÖPNV fahren, alle weiteren Personen, insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten sich vermutlich bewusst für den Individualverkehr entschieden. „Für den touristischen Reiseverkehr mag das Deutschlanticket Vorteile bringen, allerdings weniger im ländlichen Raum, aufgrund einer erschwerten Anreise. Die Attraktivität des Deutschlandtickets steht und fällt mit dem vorhandenen Angebot. Auch das sehr geringe Interesse am Deutschlandticket von Schülerinnen und Schülern zeigt die geringe Relevanz für das Stadtgebiet Medebach“, sagt er.

Doch nicht nur das Deutschlandticket stoße in seiner Heimatstadt auf wenig Gegenliebe. So habe man in der Vergangenheit versucht über Förderprogramme, zum Beispiel mit einem Elektro-Quartiersbus oder durch die Installation von Fahrradboxen in der Tiefgarage am Marktplatz entsprechende Angebote zu etablieren. Diese Angebote seien aber nicht angenommen worden. „Für die Zukunft wollen wir daher gezielter Angebote diskutieren, die näher am Individualverkehr sind“, sagt er. Mit punktuellen Angeboten, wie einem Shuttle-Service für CenterParcs-Gäste zu Veranstaltungen in der Stadt, habe man ganz gute Erfahrungen gemacht“.

Schwierigkeiten des ÖPNV im ländlichen Raum

Laut dem Bürgermeister habe man immer mit der Situation zu kämpfen, dass man, anders als in Ballungsräumen, eine große Fläche mit relativ wenigen potenziellen Kundinnen und Kunden bedienen müsse. Aufgrund der langen Wege zu möglichen Knotenpunkten und somit langen Beförderungszeiten beziehungsweise unattraktiven Taktungen sei der ÖPNV für viele keine Alternative zum Individualverkehr. 

Deshalb sei eine erhöhte Taktung des ÖPNV, auch für Arbeitnehmer, die in der Früh- und Spätschicht arbeiteten, wünschenswert. Zudem seien weniger Umstiege, einfachere Tarifgestaltungen, kostengünstigere und verkehrsverbundübergreifende Tickets, erstrebenswert. Trotzdem müsse dies natürlich in einem sinnvollen und wirtschaftlichen Rahmen geschehen.

Im urbanen Raum seien die Vorteile des ÖPNV unmittelbar spürbar, da dort die Kosten gegenüber einer Nutzung des privaten Transportmittels klar erkennbar seien. Dort profitierten die Städter von einer besseren Taktung und Zeitersparnis, etwa durch S+U-Bahnen.

„Der Bund müsste Mittel in erforderlicher Höhe über das Land für die kommunale Ebene bereitstellen. Wenn der Bundesverkehrsminister seine Forderung ernst meint, muss er Worten auch Taten folgen lassen und zusätzliche Mittel für den ländlichen Raum zur Verfügung stellen“, fordert Grosche.