Winterberg/Medebach/Hallenberg. 1946 nahm das Vereinsleben langsam wieder Fahrt auf. Drei Vereine erinnern sich – an das Neustart-Jahr, in dem auch die WP erstmals erschien.

1946 – das erste Jahr nach dem bislang katastrophalsten Krieg der Geschichte. Die Bundesrepublik war noch nicht gegründet, Deutschland in Besatzungszonen unterteilt, viele Soldaten vermisst, die Wunden des Krieges offen.

In diesen Umbruch fällt die Gründung der Westfalenpost. Zeitgleich nahm in den Städten und Dörfern das Vereinsleben wieder Fahrt auf, die Menschen sehnten sich nach Ruhe und Normalität. Zu ihren 75. Geburtstag erinnert sich die WP an ihre Anfangszeit – zusammen mit Vereinen. Und welche Art Vereine könnten für das Sauerland ikonischer sein als die für Schützen, Musik und Sport? Mit dreien aus dem Südkreis blicken wir zurück auf 1946.

Für die Schützengesellschaft Winterberg 1825 erinnert sich Zeitzeuge Hugo Sommer: „1946 stand die Schützengesellschaft vor immensen Herausforderungen. Viele Kameraden waren gefallen oder als vermisst gemeldet. Die englische Besatzungsmacht hatte zudem 1945 die Ausschaltung des Militarismus beschlossen, damit war das Schützenwesen verboten worden.“ Die Schützenfesthalle, die ab 1943 als Kino genutzt worden war, sei ebenfalls von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und als Lagerhalle genutzt worden.

Hugo Sommer kann sich noch sehr gut daran erinnern, wie die Besatzungsmacht alle Schusswaffen konfiszierte – auch die der Schützengesellschaft. „Deren Waffen wurden im Café Mörchen – heute das Restaurant Nudelhaus in der Hellenstraße – aufgetürmt und dann in der Büre – wo heute der Skilift Poppenberg ist – in einem großen Erdloch entsorgt.“

Regierten von 1939 bis 1949 die Schützengesellschaft Winterberg: Josef und Martha Schnorbus.
Regierten von 1939 bis 1949 die Schützengesellschaft Winterberg: Josef und Martha Schnorbus. © Unbekannt | Verein

Schon früher seien die Schützen nicht nur zum Schießen auf der eigens errichteten Schießbahn hinter der Schützenfesthalle zusammengekommen. Gemeinschaftsgefühl und ehrenamtliches Engagement seien ebenso wichtig gewesen. Neben den Schützenfesten gab es Wanderungen, Wallfahrten, Denkmalpflege und Kartoffelbraten.

Lange mussten die Winterberger auf ihren geliebten Jahres-Höhepunkt warten: Erst 1949 sollte wieder ein Schützenfest mit Vogelschießen stattfinden. Bis dahin blieb das Königspaar von 1939, Josef und Martha Schnorbus, in Amt und Würden. Auch beim Vogelschießen 1949 war längst nicht alles wie früher. Das Schusswaffenverbot war weiterhin in Kraft. „Dem Schützenvogel wurde mit Armbrust und Pfeil zu Leibe gerückt.“

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Auch den TuS Medebach hatte der Krieg verändert – viele Vereinskameraden kehrten nicht zurück. „Außerdem war der Verein nach dem Krieg aufgelöst worden. Eine Genehmigung fürs Training gab es schon 1945 wieder, aber erst 1946 gründete der Verein sich neu“, berichtet die 2. Vorsitzende Kerstin Neumann-Schnurbus aus der Vereinschronik.

Festprogramm zum nachgeholten TuS-Jubiläum 1946.
Festprogramm zum nachgeholten TuS-Jubiläum 1946. © Unbekannt | Verein

Bei der ersten Generalversammlung am 26. August wurde Franz Niggemeier zum Vorsitzenden gewählt. Er stand einer wesentlich kleineren Truppe vor, als es der TuS heute ist: Nur Fußball und Turnen waren im Angebot. Wenige Tage später feierte der neue, alte Verein: Das Jubiläum zum 25-jährigen Bestehen, das 1944 hatte ausfallen müssen, wurde mit einem Festwochenende nachgeholt.

Eine der größten Herausforderungen der ersten Nachkriegsjahre: satt werden. Lebensmittel wurden äußerst wertgeschätzt. Auch bei den Fußballturnieren des TuS ging es um Naturalien. 1947 und 1948 war Borussia Dortmund zu Gast – heute spielen sie für Millionen, damals für Speck und Schinken. An die Stelle vieler gefallener und vermisster Sportler traten in den Nachkriegsjahren Flüchtlinge aus dem Osten, die über den Sport in Medebach eine neue Heimat fanden und den Verein maßgeblich mit weiterentwickelten. Integration von Flüchtlingen durch Sport ist bis heute ein Anliegen des TuS.

Schwer dezimiert ging auch die Stadtkapelle Concordia Hallenberg aus dem Krieg hervor: Neun der ehemals 18 Mitglieder waren gefallen oder vermisst. 1946 fanden sich zwölf Musiker zusammen, die den Neustart wagen wollten. Für den Blick in die Vergangenheit hat der 1. Vorsitzende Thorsten Ante das Gedächtnis der Urgesteine Werner Menzel und Paul Ante angezapft. „Die Proben fanden zunächst bei Ernst Alberti zu Hause statt – er wurde später Ehrenmitglied.“

Nach dieser Zeit zog die Kapelle ins Musikzimmer der ehemaligen Schule um, in der heute das Rathaus untergebracht ist. „Maßgeblich zu verdanken hatte die Kapelle den Neubeginn Hugo Hartmann, der seit 1932 ihr Dirigent gewesen war“, berichtet Thorsten Ante. Der Schuhmacher habe altersbedingt keinen Kriegsdienst leisten müssen und keine Familie gehabt. Das erlaubte ihm, alle Kräfte in die Kapelle zu stecken, deren Dirigent er bis 1961 blieb.

Die Verhältnisse der Nachkriegsjahre seien heute kaum noch nachzuvollziehen, meint der Vorsitzende. „Es gab kein Vereinsheim, die Instrumente wurden bei den Mitgliedern zu Hause gelagert. Rechnungen von 1938 bis 1950 haben wir leider nicht gefunden, aber es dürfte zu vermuten sein, dass Hartmann öfters Vorkasse leistete, um ein Instrument zu finanzieren.“