Padberg. Claudia Linnenbrink ist auf Spurensuche im Schlossarchiv Padberg: Ein Ehebruch landet vor dem „peinlichen Gericht“. Harte Strafe für Ehebrecherin.

Auch in der frühen Neuzeit waren sich die Eheleute längst nicht immer treu. „Auch unsere Ururahnen liebäugelten schon einmal mit der schönen Nachbarsfrau“, kann Claudia Linnenbrink bezeugen. Denn sie war mit ihrem Mann mal wieder zu Recherchezwecken im Archiv der Gräfin Droste zu Vischering im Schloss Padberg auf Spurensuche.

Die Linnenbrinks sind Mitglieder im Team Heimat des Fördervereins Ring Padberg und Mitarbeiter im Stadtarchiv Marsberg. Claudia Linnenbrink: „Wenn heute fremdgegangen wird, kann es zu einem kostspieligen Ehescheidungsprozess vor Gericht kommen. Vor 300 Jahren kam es zu weit böseren Folgen.“

Das peinliche Gericht

Sie hat in den Archivakten nachgelesen, dass ein „normales Fremdgehen“ in der Regel zu einem Brüchte- (Bußgeld-) Verfahren und in vielen Gemeinden zur Anklage vor dem Sendgericht kam, einem geistlichen Sittengericht. Im Schlossarchiv Padberg fanden die Linnenbrinks jedoch einen Ehebruch, der vor dem so genannten peinlichen Gericht verhandelt wurde.

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„Peinlich nicht etwa, weil die Missetäter sich schämten oder prekäre Details ans Tageslicht kamen, sondern weil Befragung unter Folter oder gar das abschließende Urteil Pein, also Schmerz, auslösen konnten“, so Claudia Linnenbrink. Ihre Neugierde war geweckt. „Wir fragten uns, warum dieser Sonderfall?“ Sie konnten es sich nur damit erklären, dass zum einen ein Inzest verhandelt wurde und zum anderen der gehörnte Ehemann ein Soldat in preußischen Kriegsdiensten war.

Anno 1721: „Warum dieser Sonderfall“.

Es war das Jahr 1721. Elisabeth S. geborene H. ist schwanger. Claudia Linnenbrink fasst die Geschichte zusammen: Da ihr Ehemann aber schon seit sechs bis sieben Jahren nicht zu Hause ist, weil er in Halberstadt kaserniert ist, kann da irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. So bleibt Elisabeth S. auch nichts anderes übrig, als „das schändtliche Laster deß Ehebruchs und sonst verdambte Unzucht“, die „bey Leib- und Lebensstraff verbotten“ ist, einzugestehen.

Der vermeintliche Kindsvater, Hermann Lö., hat sich derweilen aus dem Staub gemacht und ist trotz intensiver Suche nicht aufzufinden. Nun hat aber eben dieser Hermann Lö. schon der Anna Maria L. ein Kind „erwecket“, obwohl diese noch ledig war und ist. Und eben diese Anna Maria L. ist eine Cousine der Elisabeth S.. Sofort wird auf Inzest geklagt. Claudia Linnenbrink: „Damals wie heute ein besonders schweres Vergehen.“ Hermann Lö. war aber mit keiner der beiden Frauen verwandt. „Doch gemäß der Bibel im Buch Levitikus ist eindeutig auch eine Beziehung zwischen angeheirateten Verwandten Inzucht,“ hat Claudia Linnenbrink nachgeforscht. Hermann Lö. war aber weder mit der einen noch mit der anderen verheiratet.

Beginn der Akte A77 aus dem Schlossarchiv Padberg. Es geht um einen Ehebruch in 1721
Beginn der Akte A77 aus dem Schlossarchiv Padberg. Es geht um einen Ehebruch in 1721 © Claudia Linnenbrink | Claudia Linnenbrink

Da man des Geliebten nicht habhaft werden kann, sperrt man kurzerhand die untreue Ehefrau ein und der Prozess beginnt. Elisabeth S. ist geständig, wenn sie auch dem Flüchtigen die Schuld der „hartnäckigen Verfolgung“ und „Verführung“ anhängt. Es folgt auch bald eine Strafe von 100 Reichstalern. Ihr Mann verdiente als Soldat im Jahr ca. 12 Taler (Quelle: Wikipedia). Claudia Linnenbrink: „Und so mag es nicht verwundern, dass der gehörnte Ehemann in eine wahre Schreibwut verfällt, nachdem er in den Jahren zuvor ganze zwei knappe Briefe an seinen Vater und nicht mal an seine Frau sandte.“

Ratenzahlung möglich

Er schreibt wiederholt an die Äbtissin von Geseke, Fräulein von Padberg, sie möge ihren Bruder den Herren von Padberg, gleichzeitig Gerichtsherr, dazu bringen, seinen Vater und ihn zu verschonen und „die Hure solle den „Staupbesen bekommen und aus dem Hause seines Vaters kommen“. Er hätte seiner Frau nicht etwa einen eigenen Kehrbesen gewünscht, so Claudia Linnenbrink augenzwinkernd. sondern sie sollte am Pranger mit Prügel bestraft werden. Selbiges schreibt er auch an den Herren von Padberg und den zuständigen Richter. Zudem sollte sie die Strafe von „dem ihrigen und nicht dem seinigen“ begleichen.

Schloss Padberg

Das Schloss Padberg ist ein denkmalgeschütztes Herrenhaus. Es ging aus einem Burgsitz der Linie des Unterhauses der Herren von Padberg hervor. Heute gehört das Schloss der Gräfin Droste zu Vischering.Die Droste zu Vischerings gehören zum Uradel des Fürstbistums Münster und zählen zu den bedeutendsten Familien des Münsterlandes. Gräfliche und freiherrliche Zweige der Familie bestehen bis heute fort.

Letztlich verzichtet das Gericht auf eine erniedrigende öffentliche körperliche Züchtigung und es bleibt bei der schon erwähnten Geldstrafe. Schließlich wird Elisabeth noch die Möglichkeit einer „Ratenzahlung“ gegeben, wobei ihre Mutter, Wittwe Clara H. und vermutlich ein Onkel, Borchardt M., einen Teil der Strafe vorstrecken, damit Elisabeth das Gefängnis im Oberhaus Padberg verlassen kann.

Hermann Lö. ging straffrei aus der Geschichte hervor.