Hochsauerlandkreis/Brilon/Meschede. Im Dezember wurde beschlossen, dass Tierärzte gegen Corona impfen sollen. Veterinäre im Sauerland sind grundsätzlich bereit. Doch es gibt Hürden.

Bundestag und Bundesrat haben Anfang Dezember ein überarbeitetes Infektionsschutzgesetz beschlossen. Demnach können künftig neben Ärzten auch Apotheker, Zahnärzte sowie Tierärzte gegen das Coronavirus impfen. Apotheker stehen bereits für die Durchführung von Corona-Impfungen in den Startlöchern, Tierärzte indes müssen sich wohl noch gedulden - woran das liegt, erklärt Tierarzt Dr. Stefan Gabriel aus Meschede, Sprecher der Bezirksstelle Arnsberg im Bundesverband praktizierender Tierärzte, die auch für den Hochsauerlandkreis zuständig ist.

Muster-Curriculum für die Inhalte einer Schulung für Veterinäre

Die Kaninchen müssen zum Krallenschneiden? Dann packen Sie doch gleich noch ihren Impfausweis ein! Seit einer Gesetzesänderung Ende letzten Jahres ist es auch Tierärzten und Tierärztinnen möglich, gegen Corona zu impfen. Am 10. Dezember stimmte der Bundesrat dieser Änderung zu, bis Ende 2021 hatte die Bundestierärztekammer zusammen mit der Bundesärztekammer Zeit, ein Muster-Curriculum für die Inhalte einer Schulung für Veterinäre zu erarbeiten. Das lag bereits Mitte Dezember fertig vor. Das Ganze läuft unter dem „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“.

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So weit, so gut? Aber so einfach ist es nicht. Von der Bundestierärztekammer heißt es: „TierärztInnen werden aufgrund der derzeitigen Impfstoff-Limitierungen und ungeklärten Umsetzungsdetails vermutlich zunächst nur die Ärzteschaft in externen mobilen Einheiten, Arztpraxen und Impfzentren unterstützen können. Falls die pandemische Lage dies erfordern sollte, können darüber hinaus perspektivisch auch Impfungen in Tierarztpraxen in Betracht gezogen werden. Hierfür fehlen derzeit jedoch noch entsprechende (technische) Voraussetzungen wie z.B. Software-Tools.“

 Tierarzt Dr. Stefan Gabriel aus Meschede.
Tierarzt Dr. Stefan Gabriel aus Meschede. © Unbekannt | Jürgen Kortmann

Bundestierärztekammer weist auf besondere Versicherungslage hin

Die Bundestierärztekammer weist außerdem auf die besondere Versicherungslage hin. So seien die Tätigkeiten der Veterinärmediziner zwar durch ihre Berufshaftpflicht gedeckt. Bei der Impfung gegen Covid handele es jedoch um eine ärztliche und nicht um eine tierärztliche Leistung. Tierärzten werde also eine schriftliche Bestätigung ihrer Berufshaftpflicht dringend geraten. Wie Vergütung und Abrechnung aussehen sollen, habe der Gesetzgeber bislang nicht bekannt gegeben. Auch die Abrechnungswege seien derzeit noch völlig unklar. Voraussetzung für das Impfen in der eigenen Praxis, soviel ist bekannt, sei die Teilnahme an einer „Impf-Surveillance“ und die tägliche Information an das Robert Koch Institut über Anzahl der Impfungen, sowie Altersgruppen und Art des Impfstoffes (mRNA oder Vektor).

Vom Gesetzgeber wenig Hilfe

Doch auch hierzu liegen bislang keinerlei gesetzliche Regelungen vor. „Ich bin durchaus bereit zu helfen, doch wir Tiermediziner werden völlig im Unklaren gelassen, was überhaupt erwartet wird“ bestätigt auch ein Tierarzt aus Brilon. „Wir wussten ja lange Zeit noch nicht einmal, ob wir nun ‘systemrelevant’ sind oder nicht.“ Man habe „etliche Anfragen“ ans Gesundheitsministerium gestellt, eine Reaktion sei jedoch ausgeblieben. Auch das Hygienekonzept zur Eindämmung der Pandemie habe jede Praxis selbst ausarbeiten müssen. Vom Gesetzgeber sei da nicht viel gekommen.

Die Nachfrage nach der Impfung beim Tierarzt sei durchaus vorhanden, bestätigen Praxen im Altkreis Brilon. Viele Tierbesitzer würden sogar extra deswegen anrufen.

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Insbesondere die Mithilfe von Tierärzten in (mobilen) Impfzentren, also außerhalb der eigenen Praxis, hält Dr. Stefan Gabriel indes für nahezu utopisch. „Unsere Terminkalender sind voll. Wann sollen wir das machen?“ Ihm sei nicht bekannt, dass bislang ernsthafte Anfragen an die Tierärztekammer Westfalen-Lippe gerichtet wurden. Jeder habe inzwischen mitbekommen, dass im Homeoffice eine Unzahl zusätzlicher Haustiere angeschafft wurde. Und das seien eben auch alles neue, zusätzliche Patienten.

Völlig unverständlich seien ihm allerdings auch die teilweise geäußerten Zweifel seitens der Humanmedizin, etwa im Hinblick auf die Eignung veterinärmedizinischer Labore zur Einsendung von Proben: „Dabei sind unsere Labore, gerade auch für größere Probenmengen, sogar häufig besser aufgestellt.“

Die Bundestierärztekammer rechnet „aufgrund des förmlichen Gesetzgebungsverfahrens“ möglicherweise schon bald, nämlich frühestens Ende Januar, mit „rechtssicheren Informationen zu den Rahmenbedingungen“.