Winterberg/Hagen. Die Winterberger Feuerwehr leiten die Einsatzkräfte aus dem HSK bei der Flutkatastrophe im Einsatz. Was bleibt sind schreckliche Erinnerungen.
Die Müdigkeit dringt immer wieder durch, wenn Christof Schwerdtfeger von dem erzählt, was er am Mittwoch in Hagen erlebt hat. Fast 20 Stunden dauert der Einsatz der Winterberger Feuerwehrleute in der Stadt, die besonders hart vom Starkregen und den dadurch entstandenen Wassermassen getroffen wurde. Doch die Müdigkeit ist eigentlich kein Problem. Es sind viel mehr die Eindrücke, die es für ihn und seine vier Kollegen zu verarbeiten gilt.
Es ist 6.30 Uhr, als die Winterberger Feuerwehrleute alarmiert werden. Sie leiten die sogenannte Bezirksbereitschaft. Hagen steht unter Wasser und braucht Hilfe, gerade im Ortsteil Hohenlimburg werden ganze Existenzen vom Wasser weggespült. „Wir sollten ursprünglich ein Altenheim vor Ort räumen“, berichtet Christof Schwerdtfeger. Als sie vor Ort ankommen, ist das aber schon längst geschehen. Hätten die Einsatzkräfte vor Ort auf die Kollegen aus Winterberg gewartet, wäre es vermutlich zu spät gewesen für die Bewohner des Altenheims.
Der Regen hatte für wenige Stunden aufgehört, so dass Schwerdtfeger und die anderen Einsatzkräfte aus dem Hochsauerlandkreis an anderer Stelle für Aufräumarbeiten abgestellt werden können. Doch dann kam das, worauf man sich auch in den vielen Übungen nicht vorbereiten kann. „Wir waren gerade fertig mit dem Abpumpen des Wassers in einer großen Werkshalle, da lief wieder alles voll“, sagt Schwerdtfeger. In diesem Moment realisierten er und seine Kollegen, dass sie nichts mehr machen können. Die Halle war verloren.
Eine Krise gerade erst gemeistert
Die Wassermassen hatten eine Wand der Halle herausgerissen, in wenigen Minuten stand das Wasser dort wieder bis zu zwei Meter hoch. „Wir mussten da weg“, sagt Schwerdtfeger. Und zwar schnell. Die aufgebaute Verpflegung ist weg, Wasserkisten wurden von der Strömung mitgerissen. Die Firma, die die Winterberger versuchten zu retten, hatte die Auswirkungen der Corona-Pandemie gerade erst hinter sich. „Der Eigentümer hat mir gesagt, dass er jetzt aufgeben wird“, sagt Schwerdtfeger.
Neben den Bildern von unglaublichen Mengen Wasser, die sich über Straßen wälzten und alles mit sich rissen, was ihnen im Weg stand, sind es vor allem diese Schicksale, die Schwerdtfeger nicht vergessen wird. „Wir mussten Menschen aus ihren Häusern evakuieren, die ihr Hab und Gut nicht zurücklassen wollten“, sagt er. Teilweise mit Ordnungsamt und Polizei mussten die Anwohner der gefluteten Straßen aus ihren Häusern geholt werden. „Ich kann das verstehen, man weiß ja nicht, was oder ob man danach noch was vorfindet“, sagt er.
Per Schaufel wird evakuiert
Einige der Anwohner hatten sich bereits auf die Dächer ihrer Wohnhäuser gerettet, um nicht ebenfalls von den Wassermassen mitgerissen zu werden. „Das waren Bilder, wie man sie eigentlich nur aus Kriegsgebieten kennt. Wir wurden von dem Ausmaß überrascht, das war extrem“, sagt Schwerdtfeger. Insgesamt 30 Personen wurden von ihm und seinen Kameraden aus dieser Situation evakuiert, teilweise mussten sie in den Schaufeln von Frontladern Platz nehmen.
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Gegen 22 Uhr wurden die Winterberger Einsatzkräfte von Kameraden aus Bielefeld abgelöst. Auf der Rückfahrt in den Hochsauerlandkreis herrschte Stille im Fahrzeug. „Es war sehr schwierig, in diesem Moment die Heimfahrt anzutreten“, sagt Schwerdtfeger. Die Situation in Hagen war zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs unter Kontrolle. „Es herrschte ein Gefühl der Hilflosigkeit“, sagt der Winterberger. Doch auch die letzten Kraftreserven waren nach so vielen Stunden unter voller Belastung weg.
Erste Abfrage kam bereits wieder
Seit dem Einsatz berichtet Schwerdtfeger von einer „innerlichen Unruhe“, die ihn einige Stunden Schlaf gekostet habe. „Wir wissen ja nicht, wie sich die Lage entwickelt“, sagt er. Bereits am Donnerstagmorgen gab es eine erneute Abfrage, ob die Winterberger Feuerwehr denn einsatzbereit sei. Schwerdtfeger rechnet noch mit einigen Einsätzen, bis sich die Situation wieder normalisiert. „Solange man helfen kann, ist alles gut. Ich würde auf solche Einsätze aber eher verzichten. Das hat alles was ich bisher erlebt habe im Hochwasserbereich übertroffen“, sagt er.