Altkreis. Warum es in Brilon keine Babyklappe gibt und wie die Möglichkeit der anonymen Geburt funktioniert.

Im St.-Vincenz-Krankenhaus Paderborn ist die nächste Babyklappe. Das sind rund 50 Kilometer von Brilon entfernt. Dabei gibt es immer wieder Frauen, die ihr Baby aus den verschiedensten Gründen nicht behalten können, deren Schwangerschaft besser ein Geheimnis bleibt oder die einfach überfordert sind. Wieso also gibt es keine Babyklappe in Brilon?

Das sagt das Krankenhauses

„Wir haben das Thema 2011 diskutiert“, sagt Ludger Weber, Interims-Geschäftsführer des Krankenhauses Maria Hilf. „Damals haben wir uns gegen eine Babyklappe und für eine anonyme Geburt entschieden.“

So funktioniert die Babyklappe

Eine Babyklappe kann man sich wie eine große Klappe außerhalb des Krankenhausgebäudes vorstellen. Wenn man sie aufklappt, kann man das Baby in ein Babybettchen legen, das direkt dahinter steht. Sobald sich die Klappe öffnet, geht ein Alarm im Krankenhaus los, der anzeigt, dass ein Baby in der Klappe abgelegt wurde. Der Videomonitor, der das Baby auf der entsprechenden Abteilung zeigt, geht erst wenige Minuten später an – damit die Mutter Abschied nehmen kann.

Das ist eine anonyme Geburt

Schwangere Frauen können zur Geburt ihres Babys ins Krankenhaus kommen – ohne ihre Personalien nennen zu müssen. So können die Frauen mit medizinischer Hilfe entbinden und gleichzeitig anonym bleiben. Das Baby wird dann vom Krankenhaus an das Kreisjugendamt vermittelt, das sich um eine Adoption kümmern.

Gründe gegen die Klappe

„Wenn Mütter zur Entbindung ins Krankenhaus kommen, dann sind sie bei uns in sicheren Händen. Wenn Frauen zu Hause entbinden – im Zweifel allein – ist das mit gewissen Risiken verbunden“, sagt Ludger Weber. „Wenn sie aber ins Krankenhaus kommen, sind Mutter und Kind gut aufgehoben. Wir fanden, das war die besser Alternative.“ 2011 seien Vertreter des Vereins Babyklappe Kassel vor Ort gewesen, man habe sich gemeinsam ein Konzept angeschaut. „Damals war die Babyklappe relativ neu in Kassel eingerichtet worden, denn es hat einen Fall gegeben, bei dem ein Baby von der Mutter abgelegt worden ist“, erinnert sich Ludger Weber.

Bis 2015 seien seiner Erinnerung nach circa sechs Babys in der Klappe abgegeben worden. In Brilon habe es, seit der Einrichtung zur Möglichkeit der anonymen Geburt, nur eine Frau gegeben, die diese in Anspruch genommen habe. „Wenn sich die Situation verändert und der Bedarf da ist, dann sind wir natürlich flexibel. Der Aufwand für eine Babyklappe ist nicht groß. Ein kleiner baulicher Eingriff“, versichert Ludger Weber.

Das meint die Beratungsstelle

Angela Kloppenburg von der Schwangerschaftsberatung des Sozialdienstes katholischer Frauen sieht in der Babyklappe einige Nachteile. So sei auf dem Land meist nicht die nötige Anonymität für die Frauen gegeben, die ihr Kind in eine Babyklappe geben. Jeder kenne jeden. Außerdem: „Wenn ein Kind in einer Babyklappe abgegeben wird, wird es im Zweifel nie erfahren, aus welchen Zusammenhängen es kommt. Das kann später zu einer besonderen psychischen Belastung führen.“


Bei einer anonymen Geburt sei das ähnlich. „Da kommt die Frau ins Krankenhaus um zu entbinden, ohne die Personalien nennen zu müssen. Bei einer vertraulichen Geburt ist das etwas anders. Da entbindet die Frau ebenfalls sicher im Krankenhaus, aber später wird – zusammen mit unserer Schwangerschaftsberatung – ein Herkunftsnachweis erarbeitet. Dieser wird zurückgelegt und dem Kind ausgehändigt, wenn es 16 Jahre alt ist“, erklärt Angela Kloppenburg die Unterschiede der beiden Geburtsformen. Jeder in Deutschland habe das Recht auf einen Herkunftsnachweis, daher sei eine vertrauliche Geburt für das Kind eine wichtige Möglichkeit. Trotzdem – sei es die Babyklappe oder die anonyme oder die vertrauliche Geburt – „das eine ersetzt das andere nicht. Jeder Mosaikstein der Frauen in Not hilft, ist wichtig.“