Brilon. 25.000 Euro sind viel Geld für einen Hund. Warum ein Autismus-Asstistenzhund so viel kostet und wie wichtig er für Maxi (9) ist, lesen Sie hier:
Sie erinnern sich noch an den (seit Montag) neunjährigen Maximilian Borghoff und seine Familie? An seine strahlenden Augen, wenn sich seine Arme um einen Hund legen dürfen? Sie kennen noch seinen größten Wunsch? Maxi braucht dringend einen Begleithund, der ihn erdet. Der auf ihn aufpasst, damit er nicht einfach auf die Straße läuft. Der ihn beruhigt und auffängt, wenn das innere Hamsterrad mal wieder auf 180 ist. Der ihm Freund, Begleiter und Therapeut ist. Mit dem er toben, kuscheln, lachen und weinen kann. Maxi ist anders als die meisten anderen. Er ist besonders und besonders liebenswert. Er ist Autist.
Warum so ein Hund 25.000 Euro kostet
Das Schicksal von Maxi hat seit unserer Berichterstattung in der vergangenen Woche viele Menschen bewegt. Viele fragen sich aber auch, warum kostet so ein Autismus-Begleithund 25.000 Euro? Die Antwort ist ziemlich einfach: Weil der Hund eine sehr umfangreiche Ausbildung bekommt.
Maxis Eltern Melanie und Friedrich Borghoff glauben an die Heilkraft der Tiere. In ihrem verzweifelten Bemühen, dem Jungen zu helfen, sind sie auf den Rehahundeverein in der Nähe von Rostock gestoßen. Der gemeinnützige Verein wurde 2006 von Astrid Ledwina mit Unterstützung mehrerer Fachtrainer ins Leben gerufen. Unzählige Hunde sind seitdem durch ihre Hände und Herzen gegangen. Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier hat Ledwina im vergangenen Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Wie der Hund ausgebildet wird
Der Verein bildet Hunde aus, die in einem sehr breiten Spektrum zum Einsatz kommen. Die Fellnasen sind engste Begleiter für psychisch gezeichnete Soldaten, die heute noch mit Nahtod-Erfahrungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen aus Auslandseinsätzen zu kämpfen haben. Die Vierbeiner stehen Diabetikern zur Seite und reagieren schneller auf Über- oder Unterzuckerung als jedes Messgerät. Sie unterstützen Blinde oder Menschen, die für jede Handreichung eine helfende Hand oder eine Pfote brauchen.
Auf der Homepage des Rehahundevereins sind eindrucksvolle Bilder zu sehen. Es gibt ein Video von der Verdienstkreuzverleihung mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil. Er merkt selbstkritisch an, dass es bislang nur Unterstützung für sogenannte Führungshunde (Blindenhunde) gibt. Ansonsten beteiligen sich die Krankenkassen nicht an den Kosten. Der Minister: „Ich sage Ihnen zu, dass wir gucken werden, ob wir da nicht mehr tun können. Denn Ihr Beispiel zeigt, dass es vielen Menschen dank Ihrer Arbeit deutlich besser geht. Sie haben neue Therapiewege eingeschlagen – gepflastert mit Kreativität und Feingefühl.“
Warum die Kassen nicht zahlen
Noch hat sich an der Finanzierung oder eben Nicht-Finanzierung solcher Hunde nichts geändert. Die Familie Borghoff aus Bad Wünnenberg müsste die 25.000 Euro allein aufbringen. Kosten, die man nachvollziehen kann, wenn man sich mit dem Thema Hundeausbildung näher beschäftigt.
„Wir kaufen die Tiere bei uns bekannten und vertrauten Züchtern. Sie wachsen dann in Patenfamilien auf und werden dabei von Trainern beobachtet. Man kann sehr schnell sehen, wo ein Hund Stärken und Schwächen hat und für welchen ,Beruf‘ er geeignet ist“, sagt Astrid Ledwina im Gespräch mit unserer Zeitung. Als Maxi seinen ersten Besuch in Rostock machte, war sehr schnell klar, dass der Junge gut mit Hunden umgehen kann, dass die Chemie auf Anhieb stimmte. „Ich mache das seit 21 Jahren – das sieht man sofort, dass Maxi auf Tiere anspricht“, sagt Astrid Ledwina.
Labradorrüde „Maddox“ ist für Maxi in der engeren Wahl. Sobald klar ist, dass das Geld für Maxis Begleithund gesichert ist, würde der Vierbeiner in die spezifischere Ausbildung gehen. Er muss schließlich auf Alltagssituation vorbereitet werden. Mögliche Szenen müssen immer wieder durchgespielt werden. Ein Autismus-Assistenzhund muss mit anderen Situationen umgehen können als ein Hund für Diabetiker. Er bekommt beigebracht, dass Maxi seinen Maddox immer noch heiß und innig liebt, selbst wenn der Junge plötzlich mal schreien oder weinen muss. Dass die Stimmungen seines Herrchens stark schwanken können, dass er für ihn ein Rettungsanker aus seiner in unsere Welt sein muss. Dass er aber auch mal das Zimmer verlassen und warten muss, bis sein zweibeiniger Freund wieder den Kontakt zu ihm sucht.
Warum der Hund alltagstauglich sein muss
Natürlich muss der Begleiter auf vier Pfoten alltagstauglich sein. Er darf sich nicht plötzlich losreißen, wenn eine Katze über den Weg läuft. Er muss zuverlässig sein. Zwei Wochen lang, bevor der Hund in Bad Wünnenberg einzöge, würde der Trainer jeden Tag mit den Borghoffs verbringen und das Tier in die Familie einführen. Mama Melanie wäre erwachsene Bezugsperson und müsste eine Art Führerschein für „Maddox“ ablegen. Auch wenn der Hund natürlich der Alltagsbegleiter ihres Sohnes wäre. All das ist schon besprochen und geplant, wenn… ja, wenn genügend Spenden für einen Hund zusammenkommen.
Im Video des Rehahundevereins kommen Menschen zu Wort, die bereits einen Assistenten mit feuchter Nase bekommen haben. Ihre Aussagen sprechen Bände: „Ihre Hunde bringen Menschen in schwierigen Lagen wieder positive Perspektiven. Sie dringen mit Ihren Hunden in Welten ein, die für Menschen nicht erreichbar sind. Ich habe von Astrid Ledwina einen Assistenzhund und der hat mir schon einmal das Leben gerettet.“