Brilon. Der Flughafen Paderborn-Lippstadt ist durch die Corona-Krise schwer getroffen. Der Flugverkehr liegt am Boden. Doch es gibt Hoffnung.

Brilon/Büren. Bei der bundesweit einzigartigen Sanierung des Flughafens Paderborn/Lippstadt durch Insolvenz in
Eigenverwaltung ist ein weiterer Meilenstein erreicht. Das Amtsgericht Paderborn hat den vorläufigen
Insolvenzplan gebilligt, dem zufolge der Flughafen auch mit stark reduziertem Personal und weitaus
geringeren Steuerzuschüssen als vollwertiger Flughafen fortbestehen soll.
Das Amtsgericht Paderborn hat die Gläubiger zum 29. Januar geladen, um den Insolvenzplan für die
Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH zu erörtern und darüber abstimmen zu lassen. Nach der Annahme
könnte das Amtsgericht den Plan bestätigen. Damit wäre die Sanierung abgeschlossen und die Insolvenz
in Eigenverwaltung würde voraussichtlich im Frühjahr 2021 wieder aufgehoben. Paderborn-Lippstadt
hätte sich dann in der aktuellen Krise als erster Regionalflughafen in Deutschland aus eigener Kraft
nachhaltig neu aufgestellt.

Radikale Verschlankung

Der jährliche Zuschuss der Gesellschafter, es sind vorwiegend Steuergelder, soll nach der Sanierung von
vormals bis zu fünf Millionen Euro jährlich auf maximal 2,5 Millionen Euro sinken. Der Zuschuss ist kein
Verlustausgleich, sondern finanziert die hoheitlichen Aufgaben eines vollwertigen Flughafens, der eine
Betriebsplicht rund um die Uhr erfüllen muss. Ein Großteil fließt dafür in die Gehälter der Feuerwehrleute
des Flughafens.
Die Belegschaft muss von vormals 170 auf rund 65 Beschäftigte reduziert werden, wovon 45 auf die
Feuerwehr entfallen. Ohne diesen Einschnitt wäre die Sanierung nicht möglich und die Regelinsolvenz mit
drohender Stilllegung unabwendbar gewesen. Das verbleibende Personal reicht aus, um anstelle von
700.000 Fluggästen vor der Krise vorerst bis zu 300.000 Fluggäste im Jahr zu bewältigen. Dieser Ansatz
folgt der erwarteten Marktentwicklung bei Flugreisen. Sollten die Passagierzahlen darüber hinaus steigen,
wäre der zusätzliche Bedarf durch Dienstleister gewährleistet.

Das Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung

Der Flughafen Paderborn/Lippstadt durchlief das Verfahren der Insolvenz in Eigenverwaltung vorläufig seit
dem 22. September; am 1. Dezember wurde es offiziell eröffnet. Dr. Marc Cezanne bleibt auch während
des Eigenverwaltungsverfahrens der Geschäftsführer des Unternehmens. Ihm zur Seite steht der für den
Zeitraum des Eigenverwaltungsverfahrens der Generalbevollmächtigte (Sanierungsgeschäftsführer) Dr.
Yorck Streitbörger von der Wirtschaftskanzlei Streitbörger, Bielefeld. Im Eigenverwaltungsverfahren gibt
es keinen „Insolvenzverwalter“; einen solchen sieht nur die Regelinsolvenz vor.
Der Sachwalter, Stefan Meyer von der PLUTA Rechtsanwalts GmbH, hat gemäß dem Insolvenzrecht die
Aufgabe, die Interessen der Gläubiger zu schützen und wurde vom Amtsgericht Paderborn bestellt. Die
größten Gläubiger sind die Sparkasse Paderborn und die Kommunale Zusatzversorgungskasse (KVW) aus
Münster sowie die Agentur für Arbeit. Der Gläubigerausschuss hat seine Arbeit aufgenommen.
Der Plan sieht eine feste Insolvenzquote von 25 Prozent vor. Bei einer Zerschlagung der Flughafen
Paderborn/Lippstadt GmbH in einer Regelinsolvenz hingegen könnte nach den Berechnungen des
vorläufigen Insolvenzplans überhaupt keine Quote an die Gläubiger gezahlt werden; sämtliche
Arbeitsplätze wären verloren. Auch ein Verkauf des Geschäftsbetriebs im Ganzen erwies sich als nicht
gangbar. Keiner von 110 angesprochenen möglichen Investoren hat ein verwertbares Angebot eingereicht.
Der Sanierungsgeschäftsführer Dr. Yorck T. Streitbörger betrachtet den von ihm eingereichten
Insolvenzplan als „die mit Abstand beste Lösung“ für die Gläubiger, für die Arbeitnehmer und für die
Region.

Viele Einschränkungen wegen Corona-Krise

Der Flughafen Paderborn/Lippstadt war niemals zahlungsunfähig, heißt es in einer Mitteilung des Flughafens. Die Neustrukturierung im Verfahren der Insolvenz in Eigenverwaltung (Planinsolvenz) wurde frühzeitig in die Wege geleitet, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Sie ist kein „Problem“, sondern eine große Chance für den Erhalt der Infrastruktur „Flughafen“ in der Region und von rund 65 Arbeitsplätzen. Für die nicht
übernommenen Mitarbeiter/innen ist bestmöglich gesorgt. Sie würden durch eine Regelinsolvenz sehr viel
härter getroffen.


Auch während der Umstrukturierungen bleibt „PAD“ ein Verkehrsflughafen im 24 Stunden-Betrieb für
Flugzeuge bis zur Kategorie E, was einer Boeing 777 entspricht. Fluggäste und andere Kunden des
Flughafens erfahren durch die Umstrukturierungen keinerlei Einschränkungen. Der zurzeit stark reduzierte
Flugverkehr und geschlossene Restaurants im Terminal sind keine Folge des Verfahrens, sondern der
Corona-Pandemie.

Auch HSK am Flughafen beteiligt

Bisherige Gesellschafter sind die Kreise Paderborn (56,38 %), Soest (12,26 %), Gütersloh und Lippe mit je
7,84 %, Hochsauerlandkreis und Höxter mit je 3,92 %, die Stadt Bielefeld (5,88 %) sowie die IHK Bielefeld
(1,57 %) und IHK Detmold (0,39 %). Die Stadt Bielefeld scheidet aus, gibt ihre Anteile an den Kreis
Paderborn ab und zahlt einmalig 2,5 Millionen Euro an den Kreis Paderborn, der den Anteil von Bielefeld
übernimmt. Die Kreise Gütersloh und Lippe verhandeln mit dem Kreis Paderborn über ihren Ausstieg und
dessen Konditionen. Der bereits beschlossene Ausstieg der Stadt Bielefeld und die möglichen Ausstiege
der Kreise Lippe und Gütersloh als Gesellschafter gefährden den Sanierungsplan nicht. Im Gegenteil, die
für das Ausscheiden vereinbarten und noch zu vereinbarenden Zahlungen helfen, den Flughafen zu
sanieren. Den Finanzbedarf für die Sanierung haben die verbleibenden Gesellschafter abgesichert.

Der Betriebsrat und die komba gewerkschaft, die vor allem die Feuerwehrleute des Flughafens vertritt,
haben sich bereits am 6. November mit der Geschäftsführung, dem Generalbevollmächtigten und dem
vorläufigen Sachwalter auf die Einzelheiten geeinigt. Die verbleibende Belegschaft arbeitet ohne
Lohnabschläge weiter. Sie durchläuft zurzeit diverse Schulungen, um in der Neuverteilung von Aufgaben
optimal einsetzbar zu sein. Rund 40 der nicht Übernommenen wechseln im Rahmen des mit dem
Betriebsrat bereits vereinbarten Sozialplans in eine Transfergesellschaft, die sie für bis zu zwölf Monate bei
der Suche nach neuen Beschäftigungsverhältnissen unterstützt und Angebote zur Weiterbildung
unterbreitet.

Keine Abwicklung des Flughafens

Auch während der Insolvenz in Eigenverwaltung erhalten alle Beschäftigen volle Bezüge. Die
Bundesagentur für Arbeit zahlte von September bis November Insolvenzgeld in voller Höhe. Seit
Dezember zahlt wieder der Flughafen die vollen Löhne und Gehälter. Soweit die Gekündigten nicht zum 1.
Januar in die Transfergesellschaft wechseln, zahlt der Flughafen die Gehälter bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist spätestens am 31. März 2021.
Dass der Flughafen mit der Insolvenz in Eigenverwaltung keineswegs „abgewickelt“, sondern für eine
finanziell stabile Zukunft aufgestellt wird, zeigt sich auch in Sachinvestitionen, die während der
Neustrukturierung getätigt werden. So hat die Flughafenfeuerwehr bereits drei neue, aus Kostengründen
gebrauchte Löschfahrzeuge zum Preis von rund 500.000 Euro  erhalten, um auch bei reduziertem
Personalstamm und Übernahmen anderer Aufgaben im Flughafenbetrieb durch Feuerwehrleute weiterhin
24 Stunden am Tag innerhalb von 180 Sekunden an jedem Ort des Flughafens einsatzbereit sein zu
können. Diesen Kosten steht ein erhoffter Erlös von rund 250.000 Euro durch den Verkauf alter
Feuerwehrfahrzeuge gegenüber. Der Neuaufstellung der Feuerwehr dient auch der Umbau eines Hangars
zum Feuerwehrstützpunkt mit Ruheräumen, der weitere ca. 500.000 Euro kosten wird.
Eine weitere Zukunftsinvestition während des Eigenverwaltungsverfahrens ist die bevorstehende
Anschaffung eines Hubliftfahrzeuges für mobilitätseingeschränkte Passgiere, die bisher über die
Flugzeugtreppen durch das Personal an und von Bord getragen werden.