Winterberg. Seit Tagen reisen tausende Tagestouristen mitten im Lockdown ins verschneite Winterberg. So will die Stadt die Touristenwelle stoppen.

Die Reisewelle von Tagestouristen nach Winterberg ebbt nicht ab. Am Dienstag rollte erneut ein Konvoi vor allem aus dem Ruhrgebiet und dem Rheinland in Richtung des Wintersportzentrums im Sauerland. Erneut gab es Staus  und tausende Menschen sammelten sich an und auf den Skipisten.

Mit diesen Konzepten soll die Welle gestoppt werden

 Personelle Verstärkung des Ordnungsamtes
 Deutliche Erhöhung der polizeilichen Einsatzkräfte
 Einsatz von Sicherheitsdiensten
 Maßvolle Reduzierung der Parkflächen
 Ausweitung der Maskenpflicht auf weitere Gebiete im Stadtgebiet
 Feuerwerksverbot an der Unteren Pforte
 Ausweitung der Warn-Hinweise und Aufklärung über die sozialen Netzwerke
 Überprüfung von illegalen Ferienwohnungs-Vermietungen

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Auch das NRW-Gesundheitsministerium und die Staatskanzlei haben Unterstützung zugesagt. Ministerpräsident Armin Laschet hatte sich bereits am Montagabend per Twitter an die Bürger gewandt: Das Land habe Skibetrieb und Gastronomie in Winterberg Anfang Dezember untersagt. Er unterstütze Bürgermeister Michael Beckmann bei allen rechtlichen, polizeilichen und kommunikativen Maßnahmen, um Tagestouristen von der Anreise abzuhalten.

Die Menschen, die normalerweise jetzt auch bei uns im Winterurlaub wären, die in diesen Tagen noch Verwandte besuchen würden, shoppen gehen oder andere Freizeiteinrichtungen in Anspruch nehmen würden, haben sich angesichts der Lockdown-Situation ins Auto gesetzt, um im Schnee ein wenig Energie zu tanken. Dies hat zu einer Situation geführt, die selbst mit guten Wintersport-Wochenenden nicht vergleichbar war“, so Beckmann.

Polizei, Ordnungsamt und privater Sicherheitsdienst

Es sei nun angeraten, alle unter Einhaltung der Rechtslage notwendigen Schritte zu ergreifen. „Es geht hier insbesondere um den Schutz der Gesundheit in Sachen Corona, bei den zum Teil chaotischen Verkehrsverhältnissen geht es aber auch und gerade um die Sicherheit der Einheimischen und der Gäste.“ Die Befugnisse einer Stadtverwaltung seien nicht unendlich, die Stadt Winterberg reize ab sofort aber alle Möglichkeiten aus. "Alle zur Verfügung stehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Winterberg und der WTW werden in den kommenden Tagen für das Ordnungsamt im gesamten Stadtgebiet Winterberg unterwegs sein, um Verstöße zu ahnden und zu sanktionieren", so Beckmann. Privaten Sicherheitsdiensten sollen ebenfalls in der Stadt unterwegs sein. Auch die Polizei wird die Zahl der Einsatzkräfte deutlich erhöhen.

Straßensperrungen durch die Stadt nicht möglich

"Wir dürfen keine Straßen sperren oder Einreiseverbote verhängen als Stadt, das kann aktuell nur das Land“, so Beckmann. Soweit möglich, werden aber Parkplatzkapazitäten eingeschränkt. "Hier gilt es jedoch zu verhindern, dass die Besucher sich andere Flächen zum Parken insbesondere in den Wohngebieten suchen", so Beckmann. Die Maskenpflicht wird auf viele Bereiche des Stadtgebietes ausgedehnt – die genauen Bereiche werden am Donnerstag veröffentlicht. Außerdem wird es ein Feuerwerksverbot an Silvester an der Unteren Pforte geben.   

Dass jetzt gehandelt wird, darauf drängt ein Großteil der Bürger in der Sauerländer Kleinstadt. Für die seit Tagen eskalierende Situation haben die Einwohner kein Verständnis mehr: „Warum kann man diesen Zustrom nicht stoppen? Die Menschen, die jetzt alle nach Winterberg kommen, sind nicht die Skitouristen aus den normalen Wintern. Es geht ja gegen keinen Besucher persönlich, aber wir haben eine Pandemie und sollten deshalb alle zuhause bleiben“, sagt eine resignierende Frau aus Winterberg am Mittwochvormittag, als erneut die zahlreichen Tagestouristen über die Straßen in den Ort fuhren.  

Selbstkritische Töne und Versäumnisse der Vergangenheit

Gegenüber der WP hatte sich Winterbergs Bürgermeister am Dienstag auch selbstkritisch gezeigt. Er selbst habe die Hotspots besucht und festgestellt, dass am Sonntag weder die Stadt noch die Polizei noch ausreichend aufgestellt gewesen seien. "Wir wussten, ein Ansturm kann kommen, aber wir haben nicht mit dieser Dimension gerechnet.“  „Wir müssen an unsere Bürgerinnen und Bürger denken. Hatten wir am Samstag die Situation noch im Griff, waren die Zustände am Sonntag zum großen Teil eine Zumutung. Da geht es um Müll, um das Zuparken von
Einfahrten, um die Notdurft, die irgendwo auf privaten Grundstücken verrichtet wird. Nein, dies gilt sicher nicht
für alle, aber es gab leider ausreichend negative Beispiele diesbezüglich, deshalb kann ich die Aufregung und Kritik auch verstanden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Dauereinsatz und ahnden diese Vergehen“, so der stellvertretende Ordnungsamtsleiter Manuel Padberg. Klar sei aber auch, dass das zuständige Ordnungsamt in den vergangenen Jahren personell nicht so aufgestellt gewesen sei, wie dies nicht nur in der aktuellen Situation für eine Tourismushochburg erforderlich ist. Michael Beckmann: „Ich bin jetzt zwei Monate im Amt und wir arbeiten seit acht Wochen gemeinsam mit dem Stadtrat permanent und intensiv daran, diese Defizite aufzuarbeiten", sagte Beckmann. 

Hohe Bußgelder bei illegaler Vermietung von Ferienwohnungen

Winterberg sei nicht zu vergleichen ist mit anderen Städten im Sauerland oder in anderen Regionen. „Würde es bei uns nur ein touristisches Glanzlicht geben wie den Kahlen Asten, wäre eine Sperrung nicht so problematisch. Winterberg ist aber in Gänze ein touristisches Ausflugsziel mit vielen Glanzlichtern überall und Schnee. Wir müssten also die komplette Stadt abriegeln. Dies darf und kann eine Stadtverwaltung aber nicht.“ „Wir appellieren, Zuhause zu bleiben und Kontakte zu reduzieren“, betont Beckmann. Er kündigte zudem die Kontrolle von Ferienwohnungen an, die aktuell entgegen der Corona-Schutzverordnung vermietet werden. Diese Vermietung wird für die Vermieter teuer, so werden Bußgelder für die Vermieter bis zu 5.000 Euro und für die Gäste bis zu 500 Euro fällig. „Wir werden hier den maximalen Rahmen ausschöpfen“, so Beckmann.

Info: Am Mittwoch erscheint das Amtsblatt der Stadt Winterberg mit der Bekanntmachung der Allgemeinverfügung (zum Schutz der Bevölkerung vor Infektionen mit dem Virus SARS-CoV2 (Corona-Virus)