Von vielen unbemerkt, steuert die Unermüdliche unendlich viele Stoffwechselprozesse. Lesen und lernen Sie, was ihr guttut und was sie stresst.

Eine entspannte Leber, die bei allem mitspielt, egal was wir essen oder trinken – wer wünschte sich das nicht? Die Verdauung würde problemlos klappen. Wir wären weniger müde. Unsere Haut würde nicht von Juckreiz geplagt. Auch mit den emotionalen Hochs und Tiefs wäre endlich Schluss. Wir wären in unserer Mitte.

Zeichen von Leberstress

Sie werden sich jetzt fragen, was das alles mit der Leber zu tun hat. Das Organ mit Sitz im rechten Oberbauch ist Ihnen vermutlich noch nie sonderlich aufgefallen. Es macht sich nämlich nicht durch Schmerzen bemerkbar. Höchstens durch ein Gefühl von Völle oder Druck. Manchmal ziept es auch ein bisschen unter dem Rippenbogen, oder die rechte Schulter tut weh. Das, so vermuten Sie, könnten Blähungen sein, ein Seitenstich oder das ständige Bewegen der Computermaus. Diese Annahme ist mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Es ist nun mal die Art unseres Entgiftungsorgans Nummer eins, sich nur äußerst diskret zu melden – eine ziemlich fatale Eigenschaft. Denn haben sich erst mal Abbauprodukte oder Fette in das Lebergewebe eingelagert oder ist es gar bindegewebig vernarbt, könnte es für eine Umkehr zu spät sein. Wir sollten daher sehr aufmerksam auf die Anzeichen einer überlasteten Leber achten. Neben den bereits genannten Symptomen wie Müdigkeit, Juckreiz oder einer gestörten Verdauung zählen unter anderem Chemikalien- und Nahrungsmittelunverträglichkeiten dazu. Außerdem Probleme mit dem Blutzucker, Erkrankungen der Gallenblase, ein hoher Cholesterinspiegel, Krampfadern oder dieses seltsam wattige Gefühl im Kopf, das die US-Amerikaner „Brainfog“ nennen, Gehirnnebel.

Das stresst die Leber

1 Kunststoffe (als Mikroplastik auch in unserer Nahrungskette), Kosmetika und viele Reinigungsmittel enthalten Stoffe, die auf Erdöl basieren.

2 Auch Quecksilber, Blei aus Autoabgasen oder Arzneimittelrückstände belasten die Leber.

3 Lesen Sie in Haar- oder Hautpflegeprodukten irgendwo die Vorsilbe „Propyl-“ lassen Sie die Ware lieber stehen – zum Zwecke der Konservierung eingesetzte Parabene sind aufgrund hormonähnlicher Wirkung umstritten.

Was leistet sie täglich?

Täglich fließen etwa 2000 Liter Blut durch die Leber. Wie das Herz, so ist auch sie an zwei Blutkreisläufe angeschlossen. Einer pumpt sauerstoffreiches Blut in das Organ. Der andere, das sogenannte Pfortadersystem, schafft mit Nährstoffen angereichertes Blut aus dem Verdauungstrakt heran. Wenn man diese Menge umrechnet, passieren pro Minute rund 1,5 Liter Blut die Leber. Anders ausgedrückt: Unser gesamtes Blutvolumen rauscht pro Tag 350- bis 500-mal durch sie hindurch, die Leber ist unermüdlich am Schuften. Sie checkt vor allem, was das Blut so mit sich bringt. Welche Stoffe sind für den Körper nutzbringend und welche nicht? Gutes reicht sie weiter, Schlechtes hält sie zurück. Dabei mag sie es nicht besonders gern, wenn das Blut überladen ist. Weder mit Fett noch Alkohol noch einer üppigen Ladung Fruktose aus billigem „High-fructose corn syrup“. Dieser Maissirup steckt heutzutage unter vielen Decknamen in Süßigkeiten und Fertiggerichten. Ein Zuviel an konzentrierter Fruktose wandelt die Leber ohne Umschweife in Fett um und lagert es in ihr Gewebe ein. Naschlustige Kinder mit einer nichtalkoholischen Fettleber sind inzwischen keine Seltenheit mehr. Aber auch Umweltgifte, Rückstände aus Kosmetika, Viren, Bakterien oder Schwermetalle vergräbt die Leber tief in ihrem Inneren. In der Folge nimmt ihr Leistungsvermögen immer mehr ab, und es zeigen sich die oben genannten Symptome.

Querschnitt eines Leberläppchens

Verzweigungen der Leber - Rot: Leberarterie, Blau: Leberpfortader, Braun: Gallengang, Blauer Knoten: Zentralvene
Verzweigungen der Leber - Rot: Leberarterie, Blau: Leberpfortader, Braun: Gallengang, Blauer Knoten: Zentralvene © Eat Club

Die Architektur der Leber: Unser Zentralorgan lässt sich nicht nur unterteilen in vier Leberlappen – zwei große und zwei kleine – sondern in acht weitgehend eigenständig arbeitende Segmente, was erklärt, warum Teile der Leber entfernt werden können, ohne dass ihr Konstrukt zusammenbricht. Grundlage dessen ist ein ausgeklügeltes Versorgungssystem der einzelnen Segmente mit eigenen Gallengängen und Ästen der Pfortader und Leberarterie.

Ihre Bausteine: Betrachtet man die Anatomie der Leber mikroskopisch genau, entdeckt man, dass sie aus ein bis zwei Millimeter großen sechseckigen Leberläppchen aufgebaut ist. Diese sind ebenfalls mit feinen Verzweigungen der Blutgefäße und Ausläufern der Gallengänge ausgestattet und bestehen aus unzähligen Leberzellen, den sogenannten Hepatozyten. Winzlinge, die hauptverantwortlich sind für die komplexen Stoffwechselaktivitäten der Leber.

Was tut ihr gut?

Um nicht falsch verstanden zu werden: Für die Leber ist Fruktose nicht verkehrt. Im Gegenteil! Stammt diese aus natürlichen Quellen und wird sie gleich morgens zum Frühstück genossen, schätzt das Organ Fruchtzucker aus Äpfeln, Birnen, Bananen, Beeren und anderem Obst sogar sehr. Denn nach den Aufräumarbeiten in den frühen Morgenstunden ist sein Energiebedarf besonders hoch, und kaum ein anderes Lebensmittel versorgt es besser mit Vitalstoffen für den eigenen Gebrauch. Auch Porridge oder Hirsebrei tun der Leber gut, weil diese leicht verdauliche Kohlenhydrate liefern. Eiweiß- und Fettreiches schließt sie hingegen am besten nach zwölf Uhr mittags und am Abend auf. Die gute alte Regel „Frühstücken wie ein Kaiser, Mittag essen wie ein König, zu Abend essen wie ein Bettler“ ist noch immer für eine leberfreundliche Ernährung empfehlenswert. Selbstverständlich mag sie auch jede Menge Gemüse, Kräuter und Salat gern. Aber auch hier gilt: Ein jedes zur richtigen Zeit. Rohkost belastet am Abend oder kurz vorm Zubettgehen den Verdauungstrakt, diese Erfahrung werden schon viele gemacht haben. Wird Rohes obendrein noch schlecht gekaut und landet von der Leber ungenügend aufgeschlossen im Darm, wird es von den dort versammelten Bakterien, dem Mikrobiom, vergoren, und es kommt zu einem aufgetriebenen, geblähten Bauch.

Kleine Liste der leberfreundlichsten Lebensmittel: Die Leber mag...

  • Ahornsirup (in Maßen)
  • Ananas (möglichst reif)
  • Beeren
  • Birnen
  • Melonen
  • Kirschen
  • Kürbis
  • Äpfel
  • Bananen
  • Aprikosen
  • Alle Kohlgemüse
  • Algen
  • Spinat
  • Topinambur
  • Sprossengemüse
  • Aubergine
  • Tomate
  • Staudensellerie
  • Fette (möglichst pflanzlich und qualitativ hochwertig)
  • Nüsse (möglichst ungesalzen)
  • Kartoffeln

Wie schädlich ist Alkohol?

Ganz wichtig: das Trinken. Gleich morgens auf nüchternen Magen einen halben Liter Zitronenwasser, einen frisch gepressten Selleriesaft oder einfach nur heißes Wasser zu trinken ist eine gute Idee und wird in Gesundheitsforen zu Recht seit Langem gepredigt. Anders, eine Binsenweisheit, verhält es sich mit Alkohol. Junge Menschen stecken einen Kater nach durchzechter Nacht bekanntlich noch gut weg. Im Laufe der Jahre ändert sich das jedoch, denn die Leber ist mit dem Abbau von Alkohol zunehmend überfordert. Das liegt vor allem an einem Zwischenprodukt namens Acetaldehyd, welches beim Entgiften von Alkohol anfällt. Forscher haben herausgefunden, dass der Stoff lebereigene Abwehrzellen aktiviert. Diese wiederum regen andere Zellen dazu an, verstärkt die Bindegewebsfasern Kollagen zu bilden. Die Folgen sind Vernarbung und Schrumpfung des Lebergewebes, es droht eine unumkehrbare Leberzirrhose. Das heißt: Gegen ein gelegentliches Gläschen „in Ehren“ ist nichts einzuwenden. Regelmäßiger Alkoholkonsum ist jedoch mit dem Wunsch nach Jugendlichkeit und einem langen und fitten Leben nicht vereinbar. Zum Schluss die gute Nachricht, und sie ist wirklich gut! Die Leber ist ein ausgesprochen regenerationsfreudiges Organ. Selbst wenn sie erste Zeichen von Stress erkennen lässt, erholt sie sich bei richtiger Behandlung und schöpft neue Kraft.

Einen auf die Leber trinken

1 Kühle Erfrischung: Für die Leber erquicklich wirken das bereits oft gelobte Zitronen- oder Limettenwasser, Sellerie- oder wahlweise weniger gewöhnungsbedürftiger Gurkensaft. Eine großzügige Flüssigkeitszufuhr sorgt für eine gute Durchblutung der Leber und anderer Organe. Stilles Wasser ist sprudelndem vorzuziehen, zuckerhaltigen Limonaden und Softdrinks sowieso.

2 Wärmende Wohltaten: Mit einem Aufguss folgender Tees tun wir unserer Leber einen guten Dienst: Brennnesselblätter, Hagebutte, Hibiskus, Ingwer, Kurkuma, Löwenzahn, Pfefferminze, Süßholzwurzel oder Zitronenmelisse. Und Kaffee? Lange Zeit als „austrocknend“ verteufelt, mehren sich die Studienergebnisse, die ihn unter anderem wegen enthaltener Antioxidantien als leberfreundlich bewerten. Auf Zucker, Kuhmilch und Kaffeesahne jedoch möglichst verzichten.

Okay, das Wichtigste noch einmal kurz zusammengefasst: Morgens für viel Feuchtigkeit sorgen, bis mittags möglichst leicht verwertbare Mahlzeiten aus Getreide und Obst essen, ab mittags ist die richtige Zeit für Eiweiß- und Fettreiches, kombiniert mit viel Gemüse, Salat und Kräutern. Abends keine Rohkost, immer gut kauen und industriell hergestellte Fertiggerichte meiden, ebenso stark gesüßte Erfrischungsgetränke und Snacks. Und Sie ahnen, was jetzt kommt: Kochen Sie selbst! Die Leber wird es Ihnen danken.

Ein Wort zur Galle

Pro Tag produziert die Leber circa einen Liter Gallensaft und achtet auf dessen perfekte Zusammensetzung, um Nahrungsfette verdauen zu können. Die enthaltenen Gallensäuren töten Bakterien ab und sind an Ausscheidungsprozessen von Medikamenten und Altlasten beteiligt. Der Saft wird in der Gallenblase gespeichert und bei Bedarf freigesetzt.

Leberfakten

Dickes Ding: Mit 1,5 Kilogramm oder mehr kann sich die Leber rühmen, nicht nur eines der größten Organe zu sein, sondern eben auch die schwerste Drüse unseres Körpers. Ein guter Teil ihres Gewichts ist auf das hohe Blutaufkommen zurückzuführen, welches sie durchströmt. In der Fetalzeit ist sie zeitweise sogar für die Blutbildung zuständig, weshalb um den sechsten Monat ein Zehntel unseres Gesamtgewichts auf die Leber entfällt.

Nicht kleinzukriegen: Die Kraft zur Erneuerung ist bei der Leber so ausgeprägt, dass im Falle einer notwendigen Transplantation ein halbes Organ ausreichen kann, was Spenden durch lebende Menschen möglich macht. Sowohl im Körper des Empfängers als auch des Spenders wachsen die Leberteile dann wieder auf die volle Größe heran.

Bekommt ihr Fett weg: Der nur rund zehn Zentimeter lange und circa fünf Zentimeter breite Schleimhautbeutel namens Gallenblase hat ein Fassungsvermögen von etwa 60 bis 80 Millilitern. Hier wird ein Teil der durch die Leber produzierten Galle (bis zu ein Liter täglich) konzentriert, gespeichert und bei Bedarf für die Fettverdauung in den Dünndarm abgegeben.

Ziemlich schmerzbefreit: Lediglich in der Kapsel aus Bindegewebe, die unsere Leber umgibt, verlaufen viele Nerven, die in der Lage sind, unserem Gehirn Schmerzen zu melden. Das erklärt, warum Krankheitsbilder der Leber selten schmerzhaft sind und häufig lange Zeit unentdeckt bleiben.

Ein Kommen und Gehen: Nährstoffe, die im Darm aufgenommen wurden, gelangen über die sogenannte Pfortader in die Leber. Benötigt unser Körper diese gerade nicht, lagert die Leber sie ein. Verlangt dann beispielsweise das Gehirn einen Energieschub, wird gespeicherte Glukose (Traubenzucker) über den Blutkreislauf von ihr zur Verfügung gestellt.

Neugierig geworden, wie Sie Ihrer Leber etwas Gutes tun können? Hier finden Sie unsere leckeren, leberfreundlichen Rezepte:

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