Berlin. Die Psyche und das Körpergefühl hängen oft zusammen. Aber kann eine aufrechte Haltung für gute Laune sorgen? Das sagt die Forschung.

Wer sich nicht gut fühlt, dem sieht man das häufig auch an: Der Körper krümmt sich, die Person macht sich klein und lässt den Kopf hängen. Die Psyche – beziehungsweise die Art und Weise, wie Menschen Emotionen, Gedanken und Stimmungen wahrnehmen – hat einen Effekt auf Körpersprache und -haltung. Aber klappt das auch umgekehrt? Können mit bestimmten Körperhaltungen die Emotionen beeinflusst werden?

Psychologinnen und Psychologen beschäftigen sich seit vielen Jahren mit den Wechselwirkungen zwischen psychischer Gesundheit und körperlicher Aktivität. So konnte bereits in vielen Studien belegt werden: Sport kann sogar bei Depressionen helfen. „Mittlerweile weiß man, dass es auch eine Verbindung zwischen Haltung und Stimmung gibt“, sagt Robert Körner, Psychologe von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Bamberg.

Körperhaltung und Stimmung: Wo sich Effekte nachweisen lassen

Körner hat im Jahr 2022 als Teil eines Forschungsteams an einer Auswertung von rund 130 Experimenten aus kleineren Studien zu dem Thema gearbeitet. Bei der Analyse wollten die Forscherinnen und Forscher mehr über die Effekte von Körperhaltungen auf die Emotionen, Verhaltensweisen und die Physiologie – also den biochemischen und physikalischen Vorgängen im menschlichen Körper – herausfinden.

„Wenn Menschen dominante Körperhaltungen einnehmen, können sie sich durchaus selbstbewusster fühlen”, berichtet Körner von einem Ergebnis der Studie. Wer sich aufrecht hinsetze, erlebe tendenziell positive Gefühle. Eine gekrümmte Haltung wirke sich dagegen eher negativ auf die Laune aus. Ob die Stimmung jedoch stärker dadurch beeinflusst wird, dass man von einer neutralen Haltung in eine aufrechte Position wechselt, oder eher davon, dass man nicht in eine gekrümmte Pose verfällt, sei bislang noch unklar.

Psychologe Robert Körner.
Psychologe Robert Körner. © Fotostudio Shootingstar Halle | Fotostudio Shootingstar Halle

Obwohl in der Vergangenheit einige Studien nahelegten, dass eine aufrechte, ausladende Körperhaltung die Produktion von Hormonen anregen könnte, fand das Team dafür keine Nachweise. „Dass der Testosteron-Spiegel steigt und der Cortisol-Spiegel sinkt, ist nach jetzigem Erkenntnisstand höchst unwahrscheinlich“, sagt Körner. Das Hormon Cortisol wird vor allem bei Stress ausgeschüttet und sorgt kurzfristig für mehr Leistungsfähigkeit – zu viel Cortisol kann einen schlapp fühlen lassen. Das Sexualhormon Testosteron, dass vor allem beim Mann vorkommt, fördert Kraft und Motivation. Erhöhtes Testosteron kann zu aggressivem Verhalten führen.

Stimmung heben: Diese Posen sollen helfen

Die Auswirkungen, die gerade Körperhaltungen haben können, unterscheiden sich allerdings. So gibt es neben einer aufrechten Haltung, also einer geraden Wirbelsäule und einem aufrechten Kopf, auch noch die sogenannten Power-Posen. Darunter fallen Körperhaltungen mit einem sehr raumeinnehmenden Stand, die Hände werden in die Hüften gestemmt oder die Arme hinter dem Kopf verschränkt. „Das ist als nonverbaler Ausdruck von Dominanz zu verstehen“, erklärt Körner.

Die angeregten Gefühle variieren je nach Pose: „Wenn man aufrecht steht, erweckt man kurzfristig mehr positive Gefühle. Wenn man die Haltung sehr weit ausdehnt, kann das eher für mehr Selbstbewusstsein sorgen“, sagt der Psychologe weiter. Eine Studie aus dem Jahr 2010 legt nahe, dass in den Power-Posen die Risikobereitschaft ansteigt und die Furchtlosigkeit sinkt. Das jedoch konnte das Forschungsteam in ihrer Meta-Analyse nicht bestätigen.

Wie langfristig die durch Körperhaltung ausgelösten positiven Emotionen anhalten und ob man nach ein paar Stunden immer noch besser drauf ist, sei bislang unklar, sagt Körner: „In vergangenen Studien haben die Menschen die Körperhaltung eingenommen und direkt danach wurde erfasst, wie sie sich fühlen. Es handelt sich um kurzfristige Effekte.“

Einfluss auf die Stimmung durch Haltung: Was passiert im Körper?

Die Wissenschaft hat für den Zusammenhang zwischen Körper, Psyche und Umwelt einen Begriff gefunden: „Embodiment“. Das heißt so viel wie Verkörperung. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass alles, was ein Mensch erfährt, im Körper gespeichert wird und dann mit Körperhaltungen verbunden wird. „Über die menschliche Entwicklung beobachtet man, was für Körperhaltungen bestimmte Personen bei bestimmten Ereignissen einnehmen“, sagt Körner.

Fußballer zum Beispiel reißen beim Torjubel fast immer ihre Arme nach oben, schießen sie daneben, lassen sie meist enttäuscht den Kopf hängen. Das Wissen über das Zusammenspiel zwischen Psyche und Körper lässt sich gezielt einsetzen: Obgleich es sich vielleicht unnatürlich anfühlen mag, ohne Grund die Arme triumphierend in die Höhe zu recken, kann es ähnliche Gefühle erwecken, wie bei einem richtigen Sieg.

Körperpositionen anpassen: Auch in der Therapie ein Mittel

Auch wenn der langfristige Effekt bestimmter Haltungen auf die Stimmung noch nicht klar ist, lässt sich die Methode gut in den Alltag einbauen, da sie direkt umsetzbar ist. In der Behandlung von psychischen Erkrankungen wird die Technik ebenfalls angewendet: „Wenn man bei der Suizidhotline anruft, ist oft einer der ersten Tipps: ‚Schauen Sie nach oben‘, damit die Person schon gleich die Körperhaltung aufrichtet“, sagt Körner. Das ersetze keine Psychotherapie, stattdessen handle sich nur um eine kleine Maßnahme. Depressionen oder schwerwiegende psychische Erkrankungen sollten immer mit einer ganzheitlichen Therapie behandelt werden.