Stockholm. Bestimmt Vorgänge im Hirn könnten auf Alzheimer-Demenz hinweisen, bevor Symptome auftreten. Das berichten Forschende aus Schweden.
Forscherinnen und Forscher aus Schweden haben womöglich frühe Warnsignale im Gehirn entdeckt, die auf eine Alzheimer-Erkrankung hinweisen können, bevor sich erste Symptome zeigen. Die Erkenntnisse böten die Chance, nach Molekülen zu suchen, die das Fortschreiten des geistigen Verfalls frühzeitig aufhalten könnten, erklärt Per Nilsson, Forscher in der Abteilung für Neurobiologie am Karolinska Institut in Stockholm. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry“ veröffentlicht.
Die Alzheimerkrankheit ist die häufigste Form der Demenz weltweit. In Deutschland leben rund 1,8 Millionen Betroffene. Im Jahr 2021 sind etwa 440.000 Männer und Frauen im Alter 65plus neu an einer Demenz erkrankt. Infolge des demografischen Wandels, also der älter werdenden Bevölkerung, nimmt die Anzahl der Betroffenen weiter zu.
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Tückisch dabei: Alzheimer beginnt zunächst ohne Symptome, obwohl es schon erste Veränderungen im Gehirn gibt. „Wenn dann die ersten Symptome auftauchen, sind in der Regel schon mehrere Jahre bis Jahrzehnte vergangen und die nachweisbaren Hirnveränderungen schon sehr weit fortgeschritten“, sagt der deutsche Experte Thomas Arendt. Man wisse noch viel zu wenig über das Gehirn an sich und jene neurodegenerativen Krankheiten, die auftreten können.
Alzheimer: Energiestoffwechsel im Hippocampus gestört
Neue Hoffnung gibt es nun aus Schweden, wo eine Studie frühzeitige Warnsignale identifiziert hat. Bei Mäusen, die bereits Alzheimer in sich trugen, aber noch keine Symptome zeigten, ist laut der Untersuchung der Energiestoffwechsel in einem Teil des Gehirns, dem sogenannten Hippocampus, deutlich erhöht. Das konnte bei betroffenen Tieren gemessen werden. Bei Mäusen entwickelt sich Alzheimer-Demenz ähnlich wie beim Menschen.
„Alzheimer beginnt sich 20 Jahre vor dem Auftreten von Symptomen zu entwickeln, sodass es wichtig ist, das frühzeitig zu erkennen, nicht zuletzt im Hinblick auf die neuen Medikamente, die jetzt auf den Markt kommen. Hier kann ein veränderter Stoffwechsel ein diagnostischer Faktor sein“, sagt Per Nilsson. Und seine Kollegin Maria Ankarcrona ergänzt: „Ein veränderter Energiestoffwechsel ist sichtbar, bevor sich unlösliche Plaques im Gehirn gebildet haben, was ein Merkmal der Krankheit ist. Die Veränderung des Energiehaushalts stimmt mit den Ergebnissen der Bildgebung des Gehirns von Menschen mit Alzheimer überein, aber jetzt haben wir die Veränderungen in einem früheren Stadium festgestellt“, so Ankarcrona.
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Mithilfe der RNA-Sequenzierung erhielten die Forscher ein Bild davon, welche Gene in den Zellen des Hippocampus in verschiedenen Stadien der Krankheit aktiv sind. Sie fanden heraus, dass zu Beginn der Erkrankung zunächst ein erhöhter Energiestoffwechsel in den Krafwerken der Zellen, den sogenannten Mitochondrien stattfindet, der dann wieder abfällt.
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Demenz: Zugang zu „frischen Proteinen“ war eingeschränkt
Die daraufhin eingetretenen Veränderungen in den Nervenzellverbindungen wurden unter anderem mithilfe der Elektronenmikroskopie untersucht. Dabei zeigte sich, dass sich die sogenannten Autophagosomen, in denen alte, abgenutzte Proteine abgebaut und deren Bestandteile verstoffwechselt werden, in der Synapse, also der Kontaktstruktur zur Übertragung von Signalen von einer Nervenzelle auf eine andere, angesammelt hatten. Das Ergebnis war ein eingeschränkter Zugang zu „frischen“ Proteinen.
Die Forscher wollen nun die Rolle der Mitochondrien und der Autophagie bei der Entwicklung der Alzheimerkrankheit genauer untersuchen. Per Nilsson: „Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist einen normalen Proteinumsatz in den Mitochondrien aufrechtzuerhalten. In Zukunft können wir an Mäusen testen, ob neue Moleküle, die die normale Funktion der Mitochondrien und der Autophagie stabilisieren, die Krankheit verlangsamen können.“