Berlin. Die Videospielmesse Gamescom startet: Welche Spiele-Bestseller bei Jugendschützern umstritten sind und wann Eltern eingreifen sollten.
Eltern von Jugendlichen kennen das: Wie gebannt sitzt das eigene Kind vor dem Bildschirm, lässt sich aus dem Alltag entführen in virtuelle Welten. Sohn oder Tochter stürzen sich mithilfe der Videospiele in fesselnde Abenteuer, epische Schlachten oder spielerische Herausforderungen. Immer öfter wird nicht nur allein, sondern zeitgleich mit Freunden übers Internet gespielt.
Millionen Kinder und Jugendliche leben ihre Leidenschaft am Smartphone, der Konsole oder dem PC aus – Eltern sind schnell genervt vom pausenlosen Daddeln ihrer Kinder. Dabei wissen längst nicht alle Mütter und Väter wirklich, wie altersgerecht das ist, was ihre Heranwachsenden da spielen, was den Reiz am Zocken ausmacht und wie sie mit ihren Kindern darüber ins Gespräch kommen können.
Gamescom startet: Jugendliche spielen 109 Minuten am Tag
Ab dem 23. August trifft sich die Videospiel-Branche auf der Gamescom in Köln, der weltgrößten Videospielmesse. Über 260.000 Besucherinnen und Besucher treffen auf über 1000 Aussteller, können in den Hallen die neuesten Trends auf dem Videospielemarkt erleben. Millionen Fans verfolgen die Gamescom übers Internet – ein Massenphänomen.
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Drei Milliarden Gamer soll es weltweit geben. Über die Hälfte der Deutschen ab 16 Jahren (53 Prozent) spielen laut dem Digitalverband Bitkom zumindest hin und wieder. Heranwachsende kommen früher oder später mit Games in Berührung. Jugendliche spielen unter der Woche nach eigenen Angaben durchschnittlich 109 Minuten am Tag – Jungen (130 Minuten) deutlich länger als Mädchen (87 Minuten), die aber aufholen. Das belegt die JIM-Studie für 2022 des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest, der jährlich den Medienumgang der 12- bis 19-Jährigen untersucht.
Abgefragt wird dort auch, welche Spiele bei den Jugendlichen besonders hoch im Kurs stehen. Bemerkenswert: In der Rangliste der beliebtesten digitalen Spiele sind über einige Jahre hinweg wenige Titel immer weit oben vertreten. Auf den ersten drei Plätzen landeten vergangenes Jahr somit auch drei millionenfach verkaufte Dauerbrenner:
- Das Aufbauspiel „Minecraft“ (19 Prozent) vor der
- Fußballsimulation „Fifa“ (18 Prozent) und dem
- Online-Überlebens-Shooter „Fortnite“ (12 Prozent).
Minecraft, Fifa, Fortnite: Wie altersgerecht zockt mein Kind?
Was reizt Kinder und Jugendliche an diesen Games? Und wie kindgerecht sind die Titel aus Sicht der für die Prüfung zuständigen Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) überhaupt?
„Minecraft“ (Microsoft; USK ab 6 Jahren)
Das Aufbauspiel ist laut Statista das weltweit am häufigsten verkaufte Videospiel aller Zeiten mit knapp 240 Millionen Stück. Spieler und Spielerinnen können darin in Klötzchen-Optik ihre eigene Welt gestalten, Gegenstände herstellen, ihre Spielfigur verbessern und sich in manchen Spielmodi gegen Gegner zur Wehr setzen. Grundsätzlich bewerten Experten „Minecraft“ als geeignet für Kinder ab 6 Jahren. Das Spiel wird auch in Bildungseinrichtungen verwendet.
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Für Jüngere kritisch bewertet wird allerdings der Überlebens- und Hardcoremodus im Spiel, der mehr auf Angriffe und Attacken setzt – anders als der harmlose Kreativ- und Abenteuermodus. Zudem erklärt „Minecraft“ Anfängern nichts und gibt nur wenig vor. Spieler benötigten Erfahrung, Fassungsvermögen, Planung, Fantasie und Kreativität. Experten raten: Kinder sollten beim recht grenzenlosen Spielverlauf nicht die Zeit aus den Augen verlieren. Jüngere sollten anfangs lieber in Begleitung von Erfahrenen daddeln.
„Fifa / EA Sports FC“: (EA; USK ab 12 Jahren)
Jedes Jahr ein neuer Teil: Die Fußball-Simulationsreihe „Fifa“ ist das weltweit beliebteste Sportspiel. Hierzulande gehört es seit den 1990er-Jahren zu den meistverkauften Games des Jahres. Derzeit im Handel ist „Fifa 23“. Spieler steuern ihre originalgetreu animierten Fußballstars auf dem Feld und managen ganze Vereine.
Bisher klebte auf allen „Fifa“-Teilen das weiße „ab 0 Jahren“-Logo. Der diesjährige Nachfolger – aus Lizenzgründen fortan „EA Sports FC“ genannt – wird von der USK aber erst „ab 12 Jahren“ freigegeben. Grund sind keine Blutgrätschen, sondern der beliebte Spielmodus „Ultimate Team“(bisher FUT genannt). Darin können Spieler für mehr Erfolge bestimmte Inhalte mit einer im Spiel verdienten Kunstwährung kaufen – oder eine Abkürzung nehmen und dafür echtes Geld ausgeben.
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Seit Jahresbeginn bewerten die Jugendschützer der USK solche Möglichkeiten für In-Game-Käufe strenger. So sollen Eltern, Kinder und Jugendliche besser vor Kostenfallen geschützt werden. Spielt das eigene Kind in „Fifa“ den „Ultimate Team“-Modus, sollten Eltern darauf achten, ob und wie viel Taschengeld in die Spielwährung fließt.
„Fortnite: Battle Royale“ (Epic Games; USK ab 12 Jahren)
Ziel in dem kostenlosen Onlinespiel ist es, von 100 Spielern auf einer verlassenen Insel als letzter Charakter am Leben zu bleiben. Antreten kann man in verschiedenen Spielmodi allein, zu zweit oder in Viererteams. Per Sprachchat kann man sich im Team austauschen und Strategien besprechen. Für das Überleben müssen Spieler Rohstoffe und Ausrüstung sammeln. Neben Gefechten sind auch das Suchen, Verstecken und Bauen wichtig für den Erfolg.
Die entschärfte Grafik lässt das Spiel zwar oft kindlich wirken. Und doch laufen „Fortnite“-Partien am Ende immer auf das Abschießen von Gegnern hinaus. Blut oder Leichen werden aber nicht gezeigt. Ein weiteres Risiko laut Experten: Spieler können sich mit einer virtuellen Währung die eigene Spielfigur optisch aufwerten, was durch das reine Spielen deutlich länger dauert.
Unterm Strich ist das bei Kindern und Jugendlichen beliebte „Fortnite“ vor allem für Jüngere nicht geeignet. Manche Experten raten dazu, das Spiel erst mit 14 Jahren zu erlauben.
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Auf der Rangliste der Jugendstudie JIM rangieren weit oben mit dem Gangster-Epos „GTA – Grand Theft Auto“ und dem Weltkriegs-Shooter „Call of Duty“ (beide USK 18) zwei weitere beliebte Spiele-Serien. In beiden spielen Waffen und Gewalt für den Erfolg eine gewichtige Rolle, beide werden daher von Jugendschützern kritisch beäugt.
Expertin: Interesse für die Spiele-Begeisterung des Kindes zeigen
Wie gehen Eltern mit der Gaming-Leidenschaft ihrer Kinder vernünftig um? „Um Jugendliche bei einer verantwortungsvollen und selbstbestimmten Mediennutzung zu unterstützen, sollten Eltern zunächst Interesse für die Begeisterung ihres Kindes zeigen“, sagt Stephanie Eckhardt, Referentin für Suchtprävention der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Regelmäßige Gespräche böten die Möglichkeit, sich offen auszutauschen, auch über mögliche Sorgen und Herausforderungen. „Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen sind für Kinder und Jugendliche wichtige Vorbilder und sollten daher einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien vorleben“, so Eckhardt.
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Wichtig sind der Expertin zufolge beispielsweise Regeln, die gemeinsam aufgestellt werden und für alle Familienmitglieder gelten. Aber auch gemeinsame Familienzeit „offline“, mit Aktivitäten und Unternehmungen ganz ohne Handy und Internet. Dann steht dem moderaten Spielspaß nichts im Wege.
Wann aber ist es für Eltern Zeit, das Zocken beim Nachwuchs einzuschränken? „Eine intensive Beschäftigung mit digitalen Medien ist im Jugendalter normal und das allein demnach zunächst kein Grund zur Sorge“, erklärt Stephanie Eckhardt. Dennoch rät sie Eltern, die Nutzung aufmerksam zu verfolgen. Sobald die Beschäftigung mit digitalen Medien zu deutlichen Problemen führe, zum Beispiel in der Schule oder Familie, sollten Eltern laut Eckhardt handeln. Und auch dann, wenn Jugendliche digitale Medien nutzten, um negative Emotionen wie Stress und Ärger zu regulieren.