Berlin. Nach zwei Geburten möchte sich eine junge Mutter sterilisieren lassen. Doch mehrere Ärzte lehnen den Eingriff ab. Das sind die Gründe.
Isabella A. ist Bundeswehr-Soldatin und zweifache Mutter. „Meine Kinder waren beide geplant. Ich wollte früh Mama werden“, sagt die 28-Jährige, die heute getrennt vom Vater ihrer Kinder lebt. Doch schon während der zweiten Schwangerschaft vor fünf Jahren wurde Isabella klar, dass die Familienplanung für sie abgeschlossen ist. Klassische Verhütungsmethoden wie die Pille oder eine Kupferspirale kamen für sie nicht in Frage. Deswegen informierte sie sich im Internet über das Thema Sterilisation. Sie ist bei Frauen laut dem Berufsverband der Frauenärzte (BVF) die häufigste Verhütungsmethode weltweit.
Bei dem operativen Eingriff werden beide Eileiter verschlossen oder durchtrennt, sodass die Eizelle nicht mehr durch Spermien befruchtet werden kann. „Je mehr ich darüber erfuhr, desto überzeugter wurde ich“, sagt Isabella heute. Die Vorstellung, nicht mehr schwanger werden zu können, habe für sie etwas Beruhigendes gehabt. Der bewusste Entschluss dazu, sei ein Ausdruck von Freiheit gewesen. Doch es vergingen mehrere Jahre bis Isabella eine Ärztin fand, die den Eingriff durchführte.
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Sterilisation: Ärzte lehnen Eingriff ab
Der erste Gynäkologe, den Isabella kontaktierte, lehnte ab. Mit ihren damals 23 Jahren sei Isabella zu jung. Weitere Ärzte sagten ihr dasselbe. Diese Position vertritt auch der BVF. Demnach biete sich eine Sterilisation nur an, „wenn die Familienplanung definitiv abgeschlossen ist und ein bestimmtes Alter bzw. bestimmte Lebensziele erreicht sind“.
Unter 30 Jahren sollte eine Sterilisation nach Meinung des BVF nur durchgeführt werden, wenn medizinische Gründe vorliegen. In Bayern, wo Isabella damals lebte, werden Sterilisationen nur in Ausnahmen unter 35 Jahren durchgeführt. „Mich hat es geärgert, dass da nicht differenziert wird“, sagt Isabella. „Ich lebe in Scheidung, habe schon zwei Kinder und arbeite als Bundeswehr-Soldatin – da will ich einfach keine weiteren Kinder in die Welt setzen.“
Grund für die Vorsicht vieler Ärztinnen und Ärzte ist die Befürchtung, betroffene Frauen könnten ihre Einstellung zum Kinderwunsch zu einem späteren Zeitpunkt ändern. Denn eine Sterilisation ist endgültig. Versuche sie wieder rückgängig zu machen sind laut der Beratungsstelle pro familia schwierig, die Erfolgschancen gering. Der BVF verweist auf Untersuchungen nach denen sechs Prozent der Über-30-Jährigen und 20 Prozent der Unter-30-Jährigen ihre Sterilisation später bereuen. Die meisten von ihnen weil sie sich ein weiteres Kind wünschen.
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Anlaufstellen unterstützen bei Wunsch nach Sterilisation
„Ich kann verstehen, dass Ärzte Bedenken haben“, sagt Isabella. „Trotzdem habe ich mich bevormundet gefühlt, zumal bei Männern nicht so ein Trara darum gemacht wird.“ Unter ihren Kameraden beim Bund seien viele, die sich einer Vasektomie, also auch der Sterilisation des Mannes, unterzogen hätten. Dabei werden die Samenleiter im Hodensack durchtrennt.
Bei ihrer Suche nach einem Arzt stieß Isabella schließlich auf den Verein Selbstbestimmt steril e.V., der über Sterilisation informiert und „volljährige, mündige Personen mit Uterus und Sterilisationswunsch“ auf der Suche nach einem behandelnden Arzt unterstützt. In den Erfahrungsberichten auf der Webseite fand Isabella Geschichten wie ihre. Viele junge Frauen berichteten, dass sie sich fremdbestimmt durch Frauenärzte fühlen, die sich weigern, ihrem Wunsch nach einer Sterilisation nachzukommen.
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Isabella fühlt sich in ihrem Vorhaben wieder bestärkt und schreibt aktiv Ärzte an: „Ich hatte jetzt einen Anhaltspunkt, dass es möglich ist, sich in meiner Situation sterilisieren zu lassen.“ Schließlich findet sie eine Ärztin, die den Eingriff durchführen möchte. „Ich habe sie in meiner Mittagspause angeschrieben und hatte schon zwei Wochen später ein Kennenlerngespräch“, erinnert sich Isabella. Vier weitere Wochen später hatte sie einen Operationstermin.
Sterilisation: So reagierte der Bekanntenkreis
Isabellas Bekanntenkreis reagierte gemischt auf ihre Entscheidung, sich sterilisieren zu lassen. Eine Freundin möchte den Eingriff ebenfalls durchführen lassen – und hat bisher noch keinen Arzt gefunden, auch aufgrund ihres Alters. Andere sehen den Eingriff kritischer. „Von manchen kam der Einwand, dass ein neuer Partner sich ja vielleicht Kinder wünscht“, sagt Isabella. „Das ist für mich kein Argument. Das ist mein Körper, über den ich entscheiden muss. Wenn es nach mir geht, sollte man sowieso kein Kind in die Welt setzen, nur weil der Partner sich eine Familie wünscht.“
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Die Sterilisation wurde ambulant durchgeführt. Wie bei jedem medizinische Eingriff gibt es auch bei einer Sterilisation Risiken – Infektionen, Verletzung anderer Organe, Nachblutungen. Für die 24 Stunden nach der Operation lud sich Isabella Freunde und Bekannte ein, damit sie im Notfall versorgt werden konnte.
„Ich hatte keinerlei gesundheitliche Beschwerden nach dem Eingriff“, sagt sie. Weder Hilfe noch Schmerzmittel habe sie gebraucht und sei sogar schon ein paar Tage später wieder im Dienst gewesen. Nur Sport war in den ersten Wochen nicht möglich.
Körperlich hat Isabella den Eingriff gut weggesteckt – und psychisch? „Ich habe seit einem Jahr einen neuen Freund. Wir sind total verliebt und können keine Kinder mehr kriegen“, sagt Isabella heute, zwei Jahre nach ihrer Sterilisation. „Das ist für uns beide kein Problem. Unsere Familienplanung ist definitiv abgeschlossen.“