Berlin. Der Hals kratzt, die Nase läuft: Was hilft gegen eine Erkältung? Zu diesen Hausmitteln raten Ärzte bei Husten, Schnupfen und Schmerzen.
- Deutschland steckt mitten in der Erkältungszeit
- Gegen Husten und Schnupfen braucht es nicht zwingend Medikamente
- Diese Hausmittel können laut Ärzten helfen
Hausmittel sind im privaten Gebrauch gegen Krankheiten lange erprobt – natürliche und einfache Mittel, die Symptome lindern. Honig, Tee, Wärmflasche und Wadenwickel zählen zu den Klassikern. Doch sind Hausmittel aus medizinischer Sicht sinnvoll?
„Die wenigsten Hausmittel wurden richtig untersucht“, sagt Stefanie Joos, Leiterin des Instituts für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung am Uniklinikum Tübingen. Auch eine klare Definition gebe es nicht. Fest stehe, es seien Dinge, die aus traditionellem Wissen heraus mit Zutaten, die man im Normalfall zu Hause hat, durchgeführt werden können, so Joos.
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Dass es nur sehr wenige gut gemachte Studien gibt, in denen die Wirksamkeit von Hausmitteln geprüft und nachgewiesen wurde, bedauert Joos sehr. Denn eine von ihr betreute Untersuchung konnte zeigen, dass Hausmittel gern auch von Ärzten empfohlen werden. „Im Grunde gibt es zwei Haupteinsatzgebiete“, erklärt die Allgemeinmedizinerin mit Zusatzqualifikation Naturheilverfahren. „Das sind selbstlimitierende Erkrankungen wie einfache Infekte und chronische Erkrankungen, bei denen Hausmittel zur Symptombehandlung genutzt werden.“
Der Einsatz von Hausmitteln setze aber auch Gesundheitskompetenz voraus, betont Joos. Jede und jeder müsse einschätzen können, wann eine Erkrankung bedrohlich werde. „Bei schweren Krankheiten können diese dann höchstens ergänzend genutzt werden“, fügt Burkhard Rodeck hinzu, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.
Hausmittel: Quark- und Kohlwickel gegen Schmerzen?
Ein beliebtes Hausmittel: Quark- und Kohlwickel. „Diese können etwa bei Arthrose Schmerzen lindern“, sagt Joos. Da es dazu keine evidenzbasierten Studien gebe, wisse man nicht genau, ob der Quark durch antientzündliche Stoffe Wirkung zeige oder nur durch seinen guten Kühlungseffekt helfe. „Ein klassischer Fall, in dem wir uns als Ärzte mehr Forschung zum Thema wünschen würden, um tradiertes Wissen und eigene Erfahrung zu untermauern“, so Joos. Forschungsförderung sei aber immer mit Innovationen verknüpft. Und das erfüllen Hausmittel eben nicht.
Die Zwiebel etwa ist ein gutes Beispiel für existierende Grundlagenforschung bei Hausmitteln. Ihre antientzündliche Wirkung konnte in Laboruntersuchungen bestätigt werden. „Am Ende läuft diese Forschung aber weniger auf Zwiebelsäckchen bei Ohrenschmerzen hinaus“, so Joos, „sondern darauf, Wirkstoffe für neue Medikamente zu extrahieren.“
Wärme oder Dampf: Kräutertee und Inhalieren als Hausmittel
Auch Kräuter dienen als Grundlage für Medikamente, werden aber auch am häufigsten als Hausmittel genutzt, etwa als Tee. Das zeigte die von Joos betreute Studie eindeutig. Gerade bei Halsschmerzen sei dieser sehr zu empfehlen, so die Medizinerin.
„Bei Thymian und Salbei gibt es hier auch schon einiges an Evidenz.“ Viel Tee zu trinken sei auch bei Husten sinnvoll, sagt Pädiater Rodeck. „So wird der Schleim lockerer und löst sich besser.“ Auch gegen ein Kamillendampfbad spricht ab dem zweiten Lebensjahr grundsätzlich nichts. Man wisse aber nicht gesichert, ob dabei die Kamille oder lediglich der warme Dampf helfe. Bei Bauchschmerzen empfiehlt Rodeck Pfefferminztee. Lesen Sie auch: Ernährungsexperte: „Vitamin C hilft nicht gegen Erkältungen“
Als Hustenstiller bewährt: Heiße Milch mit Honig
„Als Schleimlöser und Hustenstiller hat sich Honig nicht nur bewährt“, erklärt Joos. Seine Wirkung sei durch Forschung unterfüttert. Medizinischer Honig komme wegen seiner antibakteriellen Wirkung gar bei der Wundbehandlung zum Einsatz – Haushaltshonig besser nicht. „Nur bei Säuglingen unter einem Jahr darf Honig auf keinen Fall zum Einsatz kommen“, betont Rodeck. Für sie sei er noch giftig.
Nicht nur ein Hausmittel: Nasenspülungen mit Kochsalz
Gerade bei Schnupfen sind Nasenspülungen mit Kochsalz sehr ratsam. So könnten Beschwerden laut Rodeck gemildert, der Schlaf verbessert und etwa auch Ohrenschmerzen vermieden werden. Ihr Effekt ist wissenschaftlich bewiesen. „Nasenspülungen sind recht gut untersucht und helfen definitiv“, sagt Joos. Man kann die Kochsalzlösung selbst anrühren oder das Pulver fertig kaufen.
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Wohltuend allemal: Hühnersuppe
Auch Hühnersuppe ist laut der Studie sehr beliebt. „Allerdings ist nicht abschließend geklärt, ob es hier nur die Wärme und die Flüssigkeit sind, die helfen“, gibt Joos zu bedenken, „oder tatsächlich ein bestimmtes Protein aus dem Hühnchen.“ Wohltuend sei sie bei Erkältung aber allemal.
Mit lauwarmen Wasser: Wadenwickel als bewährtes Hausmittel
Pädiater Rodeck empfiehlt Wadenwickel zum Fiebersenken – sollte dieses nicht als extrem unangenehm empfunden werden. „Auch wenn diese natürlich aufwendiger sind, als einfach nur ein Medikament zu verabreichen.“ Wichtig: Das Wasser für die Wickel sollte lauwarm sein, keinesfalls kalt, und regelmäßig erneuert werden.
Pektine helfen: Geriebener Apfel statt Salzstangen und Cola
Gerade bei Durchfall ist ein geriebener Apfel sehr effektiv. „Wir gehen davon aus, dass die darin enthaltenen Pektine die Flüssigkeit binden“, erklärt Medizinerin Joos. Spannenderweise helfe dieser aber auch bei Verstopfung. Wichtig nur: In jedem Fall die Schale des Apfels mitnutzen, denn die meisten Pektine sitzen direkt darunter. Karottensuppe bei Durchfall sei dagegen überholt, so Rodeck. „Und von Salzstangen mit Cola rate ich eindeutig ab.“ Die Kombination verschlimmere die Beschwerden eher – besser Tee trinken. „Nach und nach und am besten gekühlt, dann brechen gerade Kinder weniger.“
Kartoffel-Wärmepackung als Hausmittel
Besonders bei muskulären Beschwerden kann eine Kartoffel-Wärmepackung Wunder wirken und entspannen. Gekocht, zerdrückt und in ein Tuch geschlagen, wärmt eine Kartoffelauflage den Körper durch den hohen Wassergehalt langanhaltend. Neben einer Massage im Uhrzeigersinn ist sie laut Rodeck auch bei Bauchschmerzen sinnvoll. Joos: „Die klassische Wärmflasche tut es auch.“ Nur Vorsicht, dass diese nicht platzt. „Leider kommt es immer mal wieder zu schweren Verbrennungen“, räumt Joos ein.
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Was uns gut tut: Selbstwirksamkeit, Zuwendung, Nähe
Man sollte die Wirkung von Hausmitteln nicht unterschätzen, so die Experten. „Und in der Regel sind sie auch noch nebenwirkungsfrei“, betont Joos. „Selbst so etwas Banales wie warme Socken erleichtert nachgewiesenermaßen das Einschlafen und kann teils sogar Schlafmittel überflüssig machen.“ Durch die Beschäftigung mit den Menschen komme auch noch die psychosomatische Wirkung hinzu, ergänzt Rodeck.
Hierbei geht es zum einen um Selbstwirksamkeit – zu merken, dass man etwas für sich tun könne. Gerade bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen, komme ein weiterer Aspekt hinzu, so Rodeck: „Wir kümmern uns um den Kranken, schenken Zeit und Zuwendung.“ Ein Aspekt, der nicht zu unterschätzen sei, betont auch Joos. Er räumt jedoch ein: „Hausmittel tragen aber wahrscheinlich nicht dazu bei, die Krankheitsdauer zu verkürzen.“
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