Essen. Fritz Eckenga hat „Hirnschmelze“. Warum der Dortmunder die Premiere seines neuen Programms lieber in Oberhausen feiert als in seiner Heimatstadt.
Mit dem Rocktheater N8chtschicht feierte Fritz Eckenga seinen Durchbruch. Als Bademeister und Baumarktleiter wurde er Kult und feste Institution des Ruhrgebietshumors. Der Dortmunder brillierte lange als Ensemblemitglied der „Mitternachtsspitzen“, veröffentlicht regelmäßig Bücher und ist mit seinen Solo-Programmen auf Tour. Sein aktuelles spielt er Ende des Monats zum letzten Mal, doch ein neues lässt nicht lange auf sich warten. „Hirnschmelze“ feiert bereits Mitte Oktober im Oberhausener Ebertbad Premiere. Stefan Moutty erkundigte sich bei Fritz Eckenga (68) schon mal nach dem Stand der Vorbereitungen.
Wann hatten Sie das letzte Mal eine Hirnschmelze – und was hat Sie ausgelöst?
Fritz Eckenga: Ich habe kein Protokoll geführt. Die Anlässe, zu denen man heiß läuft, erstaunlichen Hirndruck bekommt und das Gefühl hat, dass einem gleich ein paar Sicherungen durchbrennen, waren und sind jedenfalls zahlreich. Kommt drauf an, was man draus macht. Mein Zuständigkeitsbereich ist ja, daraus ein Unterhaltungsprogramm zu machen.
Haben Sie häufiger Hirnschmelzen – oder wie kamen Sie auf den Programmtitel?
Der enorme Wirklichkeitsverbrauch sorgt ja nicht nur bei mir dafür, dass in der Murmel dauernd Rushhour ist. Die sogenannten Mitmenschen drehen doch auch hochtourig am Rad. Kein Wunder. Wenn einem schon im Wachstadium ein Alptraum nach dem anderen ins Dasein gereicht wird, stellt sich ja die Frage, was man eigentlich im Schlaf noch so träumen soll. Ich hab’s trotzdem gemacht. Hat sich gelohnt. Das waren aufregende und komische Expeditionen. Manche sogar in 3 D.
Wie weit sind sie jetzt – rund einem Monat vor der Premiere – mit den Vorbereitungen zum neuen Programm?
Hier liegt ein großer Stapel von mir selbst beschriebener Blätter auf dem Tisch. Ich sortiere, probiere, zweifle. Und dann nochmal von vorn. Solange, bis es mir selbst gefällt. Muss ja, denn das ist die Voraussetzung dafür, dass es fürs Publikum gut wird.
„Ich führe kein Realitätsflucht-Programm auf“
Worum geht es im neuen Programm?
Ich mache keinen Themenabend, an dem der Anforderungskatalog „relevantes Kabarett“ abgearbeitet wird. Es geht vor allem darum, dass und wie wir es hinbekommen, die Hirnschmelze soweit unter Kontrolle zu bekommen, dass wir einen interessanten Abend zusammen haben. Einen, den man mit einem guten Gefühl mit nach Hause nehmen kann und der hoffentlich länger vorhält.
Naturkatastrophen, Krieg in der Ukraine etc. – wir leben in schlimmen Zeiten ...
Ich trete nicht an, um die Katastrophenmeldungen des Tages am Abend hübsch aufbereitet noch einmal zu erzählen. Ich blende aber auch nichts aus. Ich führe kein Realitätsflucht-Programm auf. Die Wirklichkeit kommt vor. Aber es ist meine Wirklichkeit. Und ich bin Künstler. Könnte also sein, dass die Menschen nachher sagen: Hab‘ ich so noch nicht drüber nachgedacht. Oder gerne auch: Nach gelacht.
Es heißt ja immer, schlechte Zeiten sind gute Zeiten für den Kabarettisten. Stimmt das eigentlich?
Ich kann nicht für „Kabarettisten“ sprechen. Nur für mich. Die Zwangsjacke „schlechte Zeiten gute Zeiten“ passt mir gar nicht. Wie gesagt, ich blende nichts aus, aber ich bin keine Aufbereitungsanlage für Realitätsmüll.
„Jede Menge Versagensangst“ vor der Premiere
Ende des Monats treten Sie zum letzten Mal mit dem aktuellen Programm auf. Ist das ein Auftritt wie jeder andere?
Mein „aktuelles“ Programm hat viele Metamorphosen hinter sich. Es wurde durch Pandemien ausgebremst, es wurde geimpft und flott gemacht, durch Kriege unterbrochen und so weiter und sofort. Ich habe es ständig auf einen anderen Stand gebracht. Für mich ist es also ein frisches Programm. So gesehen fast absurd, dass ich bald ein ganz neues aufführe. Aber so war es bei mir eigentlich immer. Wissen Sie, mir wird sonst auch schnell langweilig. Und da hat ja keiner was von.
Mitte Oktober ist dann die Premiere des neuen Programms. Haben Sie ein Premieren-Ritual oder Ähnliches?
Kein Ritual. Kein Aberglaube. Nur Aufregung, Spannung, Freude und selbstverständlich jede Menge Versagensangst. Und weil ich die niemals verheimliche, wird’s garantiert lustig. Die vor der Bühne müssen ja auch Spaß haben.
„Für mich sind Ebertbad-Auftritte Heimspiele im Wohnzimmer“
Die Premiere steigt im Oberhausener Ebertbad. Zufall? Oder wählen Sie den Ort der Premiere mit Bedacht?
Ja klar. Das Ebertbad ist schon lange die Nummer eins. Und zwar in jeder Beziehung. Bei allem Respekt, auch für einige andere Veranstaltungsorte in NRW. Ich liebe das Haus und das Team, das es so schön und so lebendig hält. Ich bin kein Oberhausener, aber für mich sind Ebertbad-Auftritte Heimspiele im Wohnzimmer.
Anderes Thema: Fußball. Wie lange haben Sie gebraucht, um den letzten Spieltag der vergangenen Saison zu verarbeiten?
Welcher Spieltag? Welche Saison? Welche Sportart?
Verstehe. Dann mal eine persönliche Frage: Färben Sie sich eigentlich die Haare? Oder haben Sie so gute Gene wie Gerhard Schröder …?
Selbstverständlich färbe ich mir die Haare. Die auf der rechten Schulter. Alle drei.
Goethe war bekanntlich gut, aber Sie reimen ebenfalls hervorragend: Benutzen Sie ein Reimlexikon?
Sowas brauche ich nicht. Erstens habe ich Hirnschmelze, zweitens einen guten Klempner: Hat kein‘ Zweck, ich geb‘ es dran / das Loch ist zu monströs / ich rufe jetzt den Notdienst an / die Dichtung ist porös.
Wenn die Wärmepumpe Weltkulturerbe wird
Müssen Sie bei runden Geburtstagen, silbernen und goldenen Hochzeiten in der Verwandtschaft eigentlich auch die typischen passenden Reime liefern?
Ich muss selbstverständlich gar nix. Schon mal gar nicht dichten. Wenn, dann mache ich es also freiwillig. Dann aber gerne.
Letzte Frage: Haben Sie schon eine Wärmepumpe bestellt?
Damit lass’ ich es nicht bewenden. Ich bin Vorsitzender des Initiativkreises „Weltkulturerbe Wärmepumpe“. Der Antrag bei der UNESCO ist gestellt.
>>> Fritz Eckenga live – die Termine:
„Am Ende der Ahnenstange“: 29.9. Schwelm (Leo Theater).
„Hirnschmelze“: 18.10. Oberhausen (Ebertbad, Premiere), 19.10. Herten (Glashaus), 10.11. Essen (Stratmanns), 16.11. Soest (Alter Schlachthof), 17.11. Voerde (Aula Schulzentrum Nord), 23.11. Waltrop (Stadthalle), 6.2. Düsseldorf (Zakk), 9.2. Gelsenkirchen (Kaue).
Karten ab ca. 25 €. Weitere Termine und Infos gibt’ auf eckenga.com.