Essen. Der ARD-Film „Wer ohne Schuld ist“ blickt mit einem Todesfall hinter die Eintönigkeit eines Dorfes, das manche nur im Rausch ertragen.

Ein junger Mann taumelt durch die schäbigen Gassen des unsäglich trostlosen Dorfes Dornbach. Paul (Aaron Hilmer) und seine Clique, die aus seinem Freund „Heiliger“ und dessen Schwester besteht, trinken immer wieder mal bis zur Bewusstlosigkeit, auch an jenem Abend anlässlich des Dorffestes. Was in diesem Fall fatale Folgen hat: Paul ist zunächst nicht in der Lage, aus seinem Delirium herauszukommen. Aber als er begreift, was geschehen ist, lässt ihn das zittern.

Er hat während des Festes erkannt, dass seine Freundin Isabella (Antonia Moretti) bereits wieder mit Adem, ihrem Exfreund zusammen ist. Er beginnt auf seinen hochnäsigen Kontrahenten einzuschlagen, wird aber wohl von anderen gebremst. Am nächsten Morgen liegt ein Toter, erschlagen, auf dem Anger. Es ist der alte und neue Liebhaber von Isabella. Paul erscheint als Täter prädestiniert. Aber er kann sich an nichts mehr erinnern, ist auf der Suche nach Antworten. Das Einzige, das ihm bleibt, sind hin und wieder kurze Erinnerungsfetzen, die er zunächst gar nicht einordnen kann.  

Anita (Lou Strenger) ist in ihr Heimatdorf zurückgekommen, um gemeinsam mit ihrem Kollegen Mike (Sohel Altan Gol) den Tod eines jungen Mannes während des jährlichen Dorffestes zu untersuchen.
Anita (Lou Strenger) ist in ihr Heimatdorf zurückgekommen, um gemeinsam mit ihrem Kollegen Mike (Sohel Altan Gol) den Tod eines jungen Mannes während des jährlichen Dorffestes zu untersuchen. © SWR | SWR

Die Hässlichkeit eines Dorfes

Den Fernsehfilm „Wer ohne Schuld ist“ (am Mittwoch, den 23. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten) könnte man aufgrund der Handlung auch als Krimi verstehen. Viel mehr aber zeigt sich hier ein Dorf in seiner ganzen Hässlichkeit. Das starke Drehbuch von Liliya Bogenberger, David Weichheit und Sabrina Sarai (Regie) begleitet einen bei dem Drama eines Süchtigen, der sein Leben offenbar schon ganz gegen die Wand gefahren hat. Die angereiste Kommissarin Anita (Lou Strenger) hat bereits das richtige Wort zum Ort: „Scheißkaff“, kommt es aus ihr heraus, während ihr Partner Mike sich immer mehr über ihr Verhalten wundert.

Tatsächlich hat diese Ermittlerin auch eigene Interessen. Sie ist in diesem Ort aufgewachsen, ihre Mutter lebt weiterhin dort, aber sie reden kaum noch miteinander. Was Anita wirklich antreibt, das ist eine Abrechnung mit einem ehemaligen Freund, der sie einst aus Rache schrecklich bloßgestellt hatte. Sie fühlt sich ganz und gar als Kommissarin. Sie will diese Machtposition ausspielen, bestellt ihren alten Ex-Freund in das Kommissariat, nur um mitzuteilen, dass dieser nunmehr aussagen muss. Anita ist so in Rage, dass sie ihm gegenüber handgreiflich wird.

Das Leben im Dorf Dornbach ist für viele nur mit regelmäßigem Alkoholkonsum zu ertragen.
Das Leben im Dorf Dornbach ist für viele nur mit regelmäßigem Alkoholkonsum zu ertragen. © SWR | SWR

Ein Ruhepol im Rausch

Der Film, der sich am Anfang ganz am hohen Alkoholpegel der Hauptfigur orientierte, der kann nun auf einmal einen Menschen hervorbringen, der ganz in sich ruht. Eigentlich müsste dieser Mann (Özgür Karadeniz) in Trauer und Wut sein, denn sein Sohn Adem wurde gerade erst umgebracht. Nun steht er vor den Eltern des möglichen Mörders, versucht ihnen klarzumachen, dass sie ihrem alkoholabhängigen Sohn gegenüber auch eine Verantwortung haben. In der Tat verhalten sich die Eltern sehr gleichgültig, auch wenn Paul von morgens bis abends trinkt. Nur einen Anwalt haben sie ihm besorgt.

Dornbach ist in diesem Film umgeben von grünen Wiesen und Hügeln. Trostlos und eintönig dagegen gibt sich das Dorf mit seinen engen Gassen und hässlichen Flecken. Geschäfte sind kaum auszumachen, es gibt einen öffentlichen Automaten für Bier und Wein. Schnaps kauft man bei einer Kollegin, deren Eltern eine Brennerei besitzen. Fast könnte man die jungen Leute verstehen, die dort keine Perspektive für sich sehen. Trotz dieser langweiligen Umgebung hat das Drehbuch dafür gesorgt, dass die Spannung in diesem Film durchgängig erhalten bleibt. Nicht zuletzt ist es auch ein Verdienst der jungen Schauspieler, die dieses Milieu authentisch wiedergeben können.

Vier von fünf Sternen.