Gelsenkirchen-Buer. Höhere Mieten ab 2024 für geförderte Gelsenkirchener Lokale: So geht‘s weiter für fünf Existenzgründer. Einer verlängert um zehn Jahre.
„Sofortprogramm Innenstadt“ hieß es, und tatsächlich wirkte es in der City von Buer vergleichsweise fix: Mit Hilfe von NRW-Fördergeldern mietete die Stadt seit 2021 fünf leerstehende Ladenlokale an und vermittelte sie zu einem deutlich geringeren Preis weiter, um so die Innenstadt zu beleben. Und nun? Was bleibt, wenn ab Januar 2024 deutlich höhere Mieten gezahlt werden müssen? Die Redaktion hakte nach bei den Verantwortlichen von Café Sorella, Chicken Boss, Marschall Concept Art, Setzkasten sowie der Agentur That‘s it – und erhielt überraschende Antworten, teils gepaart mit Kritik.
Es sind die Gastronomien, die in Buer fast schon sensationell eingeschlagen und deshalb Anschlussmietverträge unterzeichnet haben. Fabian Primus etwa, der mit seiner Frau Romina Anfang Dezember 2022 auf der Hochstraße gegenüber von C&A das Café Sorellaeröffnet hat, staunt im Rückblick: „Wir liegen deutlich über unseren Planzahlen. Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet!“
Für Gelsenkirchener Paar war die Förderung der Anlass, den Traum vom Café zu realisieren
Zwar hatte das Ehepaar schon 2022 einen Mietvertrag abgeschlossen, der deutlich über den Förderzeitraum hinausreicht (bis Mitte 2026). Dass das Konzept einer hochwertigen Ambiente-Gastronomie im Bali-Stil mit speziellen Angeboten für Vegetarier und Veganer aber so gut angenommen würde, hat die Zwei dann doch überrascht.
„Frühstück und Brunch haben sich zu unserem Kerngeschäft entwickelt. Bowls und Salate für Berufstätige werden hingegen weniger nachgefragt“, so der 35-Jährige. Für das Duo war das NRW-Sofortprogramm „eine große Hilfe und letztlich auch der Anlass, unseren Traum vom eigenen Café zu verwirklichen.“
Dieser Gelsenkirchener Imbiss-Betreiber hat seinen Mietvertrag um zehn Jahre verlängert
Ähnlich geht es Abdellatif Hajji, Betreiber des Imbisses Chicken Boss an der Goldbergstraße. „Wir sind absolut zufrieden“, bilanziert er die Umsatzentwicklung seit der Eröffnung im Oktober 2022. Das Konzept, viele schnelle Gerichte mit Hähnchen zuzubereiten (aber nicht nur), sei voll aufgegangen: Burger, Taccos, Würstchen mit verschiedenen Toppings und Pommes seien gut nachgefragt. „Wir haben unser Angebot ausgebaut und nun Schülerinnen und Schüler mehr im Blick, die nur ein kleineres Budget haben. Über die größere Zahl von Kunden rechnet sich das letztlich.“
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Wie sehr, zeigt die Verlängerung des Mietvertrags – um zehn Jahre. „Auch wenn wir ab Januar eine höhere Miete zahlen müssen, so trägt sich die Filiale, einfach weil sie so gut angenommen wird“, so Hajji weiter.
Gelsenkirchener Setzkasten-Betreiber freuen sich über Kundschaft aus Köln und Dormagen
Auch der „Setzkasten“ an der Maximilianstraße hat sich als Erfolgsgeschichte entpuppt: Im Dezember 2022 eröffnet, verkaufen Bente und Philipp Meissner dort Dekoartikel, Geschirr und Trockenblumen. Geplant war eigentlich auch, dort Kreativ-Workshops etwa mit Trockenblumen, Makramee, Aquarellfarben oder Blumenkränzen anzubieten. „Aber wir haben festgestellt, dass sich dafür unser Standort an der Haunerfeldstraße in Erle doch besser eignet“, so Bente Meissner. Die Möglichkeit, sich an der Maximilianstraße in Anmeldelisten einzutragen, werde aber rege genutzt.
„Wir sind zufrieden mit der Resonanz und freuen uns, dass wir so eine tolle Kundschaft haben, die teils sogar aus Köln und Dormagen anreist“, sagt die Inhaberin. Für sie sei die Förderung eine Chance, in Buer Fuß zu fassen. „Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, wenn wir durch Formalitäten bei der Antragsstellung und -bearbeitung nicht ein Jahr verloren hätten. Leider ist es nicht möglich, diese Zeit anzuhängen.“
Gelsenkirchenerin kritisiert schleppende Bearbeitung von Förderanträgen
Auch habe man das Ladenlokal auf Wunsch des Eigentümers nur mit einem bis 2026 laufenden Vertrag anmieten können. „Wir hoffen, dass wir künftig auch mit der höheren Miete klarkommen. Aber wir vertrauen auf unseren Kundenstamm.“ Mit neuen Workshops, teils auch von externen Dienstleistern, etwa zum Thema Perlen und Lettering, hofft sie, weitere Kunden gewinnen zu können.
Auf einen mit der Zeit höheren Bekanntheitsgrad setzt auch Silvana Marschall, die ihren Laden Marschall Concept Art im September 2022 an der Ophofstraße eröffnet hat. Sie habe viele positive Rückmeldungen bekommen, „dass mein Geschäft mit seinem Angebot an Wohnaccessoires und Möbeln u.a. von Lambert die City von Buer bereichert.“
Händlerin aus Gelsenkirchen-Buer freut sich über Zuspruch der Kundschaft
Zwar sei es eine Herausforderung, als Existenzgründerin ohne weitere Mitarbeitende Konzept, Einkauf, Dekoration, Reinigung, Auslieferung und Buchhaltung allein zu stemmen. Aber „das tolle Feedback“ mache ihr Mut, den Mietvertrag über das Ende der Förderung hinaus um zunächst zwei Jahre zu verlängern. „So habe ich es jedenfalls mündlich mit dem Vermieter besprochen.“
Ihr Konzept, Kreativ-Workshops anzubieten, will sie im neuen Jahr intensiver bewerben – und mehr Möbel anbieten. „Das Ausprobieren etwa von Stühlen und die Beratung bei den Kundinnen und Kunden zu Hause kommt gut an, das will ich ausbauen.“.
Marketing-Agentur aus Gelsenkirchen-Buer sieht „Erwartungen zu 100 Prozent erfüllt“
Positiv äußern sich ebenfalls die Geschäftsführer des Marketing-Büros „That‘s it“, die Ende Oktober Räume an der Luciagasse bezogen haben. Tim Barela und Victor Figueiredo Espejo helfen hauptsächlich mittelständischen Unternehmen, aber auch kleineren Geschäften dabei, sich online zu präsentieren.
„Unsere Erwartungen haben sich zu 100 Prozent erfüllt. Es hat sich gelohnt, nach der Existenzgründung im Mai 2023 vom Homeoffice in ein öffentlich sichtbares Ladenlokal zu wechseln. Die Leute sprechen nicht nur über uns, es kommen jetzt auch mehr Anfragen“, so Barela. Der Mietvertrag des Start-ups läuft zunächst bis Ende Juli 2024, dann sehe man weiter.
Für City von Gelsenkirchen-Buer ist aktuell keine weitere Förderung vorgesehen
Die Stadtverwaltung zeigt sich unterdessen hochzufrieden mit der Nachhaltigkeit der Förderung und ist dankbar für „das finanzielle Entgegenkommen der Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer.“ Aufgrund der Mietvertrags-Verlängerungen sieht sie die Ergänzung der buerschen City „mit neuen und innovativen Nutzungen“ langfristig verstetigt.
Dass es angesichts weiterer Leerstände durchaus auch künftig Bedarf für eine solche Förderung gibt, darauf deutet das Bedauern hin, mit dem sie vermeldet, „dass das Hauptzentrum Buer keine weitere Förderung zum jetzigen Zeitpunkt erhält.“ Wie berichtet, profitiert die Gelsenkirchener City vom Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren in NRW“, das ebenfalls die Weitergabe von Ladenlokalen zu vergünstigen Tarifen für 24 Monate vorsieht.