Essen-Stadtwald. Seit drei Generationen in Familienhand: Auch wenn die Lust auf süße Leckereien ungebrochen ist, hat das Café Sprenger Höhen und Tiefen erlebt.
- Seit 90 Jahren gibt es das Café Sprenger in Essen.
- Markenzeichen sind die pinkfarbenen Punkte, die die Filialen, Autos und das Einpackpapier zieren.
- Der Betrieb ist bis heute ein echtes Familienunternehmen.
Seit 90 Jahren steht das Café Sprenger in Essen-Stadtwald für süße Leckereien: Patricia Silberbach leitet die Firma mit fünf Filialen und zwei Tortenmobilen in dritter Generation. Auch ihre beiden Geschwister arbeiten im Familienunternehmen mit, die Eltern helfen bei Bedarf aus. Was das Traditionscafé auszeichnet.
„Ohne unser Team, ohne die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären wir nichts“, sagt Chefin Patricia Silberbach und stellt gleich einige von ihnen vor. Da ist zum Beispiel Manfred Holm. Seit 50 Jahren ist er als Konditor im Unternehmen und noch immer hilft der 75-jährige Rentner an zwei Tagen in der Woche aus.
Das traditionsreiche Essener Café setzt auf Kontinuität und Teamgeist
Auch Bäckermeister Berthold Pieper, erst gerade in Rente, übernimmt in Kürze direkt wieder eine Urlaubsvertretung, auch wenn er gerade dabei ist, seinen Schlafrhythmus auf den Ruhestandsmodus umzustellen. „Das ist gar nicht so einfach, wenn man so viele Jahre um 3 Uhr angefangen hat“, sagt er.
Insgesamt arbeiten laut Patricia Silberbach 20 Festangestellte im Unternehmen, das neben dem Stammhaus an der Frankenstraße 282 auch Filialen in Rüttenscheid, Kettwig, Werden und Heisingen unterhält.
Zudem sind seit September 2022 zwei Tortenmobile auf Essener Wochenmärkten und inzwischen auch beim Gartencenter Kreuselberg in Haarzopf unterwegs. „Das macht richtig viel Spaß, die Markthändler sind so ein ganz eigenes Volk“, sagt Patricia Silberbach, die als Markenzeichen die pinken Punkte eingeführt und auch die Cafés in dieser Farbe gestaltet hat.
Die 53-Jährige ist eigentlich gelernte Fotografin. „Sie ist sehr kreativ und in Sachen Konditorei ein echtes Naturtalent“, sagt ihr Vater, Konditormeister Karlheinz Sprenger (81), der als Autofan und langjähriger Rallyefahrer eigentlich lieber einen technischen Beruf ergriffen hätte, dann aber doch aus Überzeugung das Lebenswerk seines Vaters Carl Sprenger weiterführte. Eine Zeit lang war Karlheinz Sprenger trotzdem in einer Schlosserei aktiv – schon um zu lernen, wie man die eigenen Autos repariert.
Unternehmensgründer Carl Sprenger kam aus einer Gastronomenfamilie, seine Eltern führten den Fürstenhof an der Steeler Straße. Im August 1933 eröffnete er Café und Konditorei Sprenger an der Huyssenallee 65. Er erwarb seine Kenntnisse in renommierten Konditoreien und auf Luxuslinern der Hamburg-Südamerika-Linie, mit der er fünf Jahre unterwegs war, berichtet seine Schwiegertochter Anna Sprenger (80), Mutter der heutigen Chefin Patricia Silberbach.
Der Betrieb an der Huyssenallee wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und konnte nicht wieder aufgebaut werden. „Zum Glück kannte mein Schwiegervater zwei Frauen, die ihr Grundstück samt Konditorei am Stadtwaldplatz verkaufen wollten“, so Anna Sprenger. Zuerst sei dort im hinteren Bereich die Bäckerei eingerichtet worden. „Morgens wurden die Brötchen mit Fahrrad und Anhänger zu den Kunden gebracht“, erinnert sich Karlheinz Sprenger.
Nach 15 Jahren sei das alte Haus abgerissen und ein Neubau errichtet worden. In der Bauphase ging der Verkauf an einem Stand auf dem Gelände der nahen Reithalle weiter. Seit 1960 sind Café und Pâtisserie Sprenger im heutigen Gebäude ansässig, seit Ende 1973 führten Karlheinz und Anna Sprenger das Geschäft, die ebenfalls später komplett renovierten. „Damals gab es immer mittwochs live gespielte Wiener Kaffeehaus-Musik“, erinnert sich Anna Sprenger.
Auch prominenter Besuch schaute später gelegentlich vorbei: Zum Mittagstisch, der früher angeboten wurde, kam das Tennisteam des Etuf. Und so sei Boris Becker in seiner aktiven Zeit mal in der oberen Etage zu Gast gewesen, ebenso wie Fußballtrainer Otto Rehhagel, der öfter da war.
1994 übergaben Karlheinz und Anna Sprenger den Betrieb an Tochter Patricia Silberbach und ihren Mann, der allerdings früh verstarb. Die Inhaberin kann im Unternehmen bis heute auf ihre Schwester Stefanie und ihren Bruder Christoph zählen, die beide das Konditorhandwerk erlernten. „Mein Sohn steht jeden Morgen ab 3 Uhr in der Konditorei“, sagt Anna Sprenger und lässt dabei schon durchblicken, wie stolz sie auf ihre Kinder ist.
Patricia Silberbach selbst fährt jeden Morgen die fünf Filialen ab, sieht nach dem Rechten. Auch mit dem Tortenmobil ist sie gelegentlich selbst unterwegs. Ihre erwachsenen Zwillinge haben sich bisher beruflich anders orientiert. „Ob die Familientradition dann endet, wissen wir noch nicht. Aber mit der aktuellen Situation sind wir sehr zufrieden“, sind sich Anna und Karlheinz Sprenger einig, die noch immer über der Konditorei wohnen und den Betrieb im Blick behalten.
Notfalls stehen sie bereit – wie im Jahr 2000, als der große Umbau des Stadtwaldplatzes startete. Damals sei das Geschäft für dreieinhalb Jahre kaum erreichbar gewesen, Patricia Silberbach habe sich beruflich umorientieren müssen. So übernahmen die Eltern noch einmal für zehn Jahre den Betrieb, bis die Tochter 2010 wieder einstieg.
Auch aktuell seien die Zeiten gerade nicht einfach. „Die obere Etage unseres Cafés am Stadtwaldplatz ist gerade geschlossen, montags ruht der Betrieb ganz, um das sowieso schon stark beanspruchte Personal zu entlasten. Und auch in Kettwig haben wir die Öffnungszeiten reduziert“, sagt Patricia Silberbach.
Derzeit leidet das traditionsreiche Essener Café Sprenger unter Personalmangel
Die verkürzten Öffnungszeiten lägen nicht nur an den sommerlichen Temperaturen, die erfahrungsgemäß schlecht für den Café-Betrieb sind, sondern vor allem am Personalmangel. Der wirke sich in allen Bereichen aus – von der Konditorei über Service und Verkauf bis zur Reinigung. „Auch der Mindestlohn macht uns zu schaffen, den wir ja allen Kräften zahlen müssen, egal, was sie können“, so die Inhaberin, die darin eine Ungerechtigkeit gegenüber langjährigen Fachkräften sieht.
Doch jetzt steht erst einmal das Jubiläum im Vordergrund: Im Stammhaus in Stadtwald gibt es zur Feier des 90-jährigen Bestehens am 25. und 26. August Gratis-Sekt und -Kaffee für die Gäste, um auf den runden Geburtstag anzustoßen. Und wer mag, kann sich die alten Fotos ansehen, die die Geschichte des Familienbetriebs erzählen.
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