Duisburg. Im Caféhaus Dobbelstein in Duisburg steht die größte Kaffeemühle der Welt. Wie es dazu kam und was Bundeskanzler Kohl damit zu tun hat.
Weltrekord! Den wollte Otto Dobbelstein schon immer aufstellen. Worin? Eigentlich egal. Hauptsache, sein Name würde einmal im Guinness Buch stehen… Ob der Konditormeister es tatsächlich geschafft hat, verrät ein Besuch im Caféhaus Dobbelstein auf dem Sonnenwall. Er selbst ist hier zwar nur noch selten anzutreffen, dafür aber wuselt seine Tochter Anja Dobbelstein seit 2004 regelmäßig zwischen Theke, Tischen, Küche und Büro herum. „Kaffee?“ Klar, hat ja irgendwie auch mit dem Thema zu tun. Denn ganz hinten, zwischen den Holztischen, steht… die größte Kaffeemühle der Welt. Und das auch ganz offiziell, wie die eingerahmte Urkunde verrät.
„Mein Vater war schon immer etwas verrückt“, sagt Anja Dobbelstein, die extra eine kurze – nee, nicht Kaffee-, sondern Teepause eingelegt hat. Und so sitzt sie nun auf einem geblümten Polsterstuhl, ganz im Wiener Kaffeehausstil, um von der „Schnapsidee“ ihres Vaters zu erzählen. „Er hatte erst überlegt, den größten Baumkuchen oder die größte Erdbeertorte zu backen“, sagt sie. „Aber das war alles nix.“ Wie er dann auf die Kaffeemühle gekommen ist? Sie deutet nach oben. Auf zig Regalen stehen Kaffeemühlen neben Kaffeemühlen neben Kaffeemühlen. „Es waren mal noch mehr, so um die 500“, sagt sie. „Dann mussten wir etwas reduzieren, weil alles zu schwer wurde.“
450 Kaffeemühlen an der Wand
Jetzt sind es „nur“ noch 450. Aber das reicht schon, um zu verstehen, dass Otto Dobbelstein eine Leidenschaft hatte: Kaffeemühlen. Nun sind die in der Regel ja recht klein, damit sie in jede Küche passen. Wie wäre es aber mit einer richtig großen Kaffeemühle, mit der er sogar einen Weltrekord aufstellen könnte? Praktischerweise fand er nicht nur einen Architekten, der alles „auf dem Reißbrett“ plante, sondern auch noch einen Getreidemühlenbauer, der das Ganze auch baute. „Ein Jahr lang haben sie gefrickelt und versucht“, erzählt Anja Dobbelstein. Bis es im Jahr 1989 endlich so weit war: Die große Kaffeemühle war fertig! Und groß ist sie wirklich…
„Kinder sind manchmal traurig, dass sie nicht selbst drankommen“, weiß Anja Dobbelstein, während sie sich selbst auch etwas strecken muss, um die Kurbel drehen zu können. Denn tatsächlich ist die Kaffeemühle voll funktionsfähig, „mit drei verschiedenen Stufen“, wie sie sagt. Zum Beweis zieht sie die Schublade auf, die eher an eine Kommode erinnert, und nimmt eine Handvoll Kaffeepulver. So richtig praktisch ist das aber nicht… Nee, sie schüttelt den Kopf. „Allein schon aus hygienischen Gründen nutzen wir sie nicht für den Betrieb.“ Dafür aber sieht sie hübsch aus – mit der kunstvollen Plakette, auf der die Initialen von Otto Dobbelstein und das Gründungsjahr 1858 eingraviert sind.
Der Bundeskanzler dreht an der Kurbel
Und dann glänzt auch noch das echte Kupfer… „Mein Vater hat nie verraten, wie teuer die Kaffeemühle war“, sagt Anja Dobbelstein. Doch zunächst sah es so aus, als ob sich niemand so recht dafür interessieren würde. „Eigentlich sollte sie feierlich eröffnet werden, aber im Rathaus sagte man, der Bürgermeister hätte keine Zeit.“ Gut, wenn schon nicht der Bürgermeister, dann eben der Bundeskanzler. „Mein Vater ist ein Hansdampf und kennt zahlreiche Leute“, erzählt sie. Dadurch landete er eines Tages auf dem Kanzlerfest in Bonn, wo tatsächlich – ein Schwarzweißfoto ist der Beweis – Helmut Kohl an der Kurbel dreht. Was für ein Erlebnis! „Wenn mein Vater davon erzählt, glänzen immer noch seine Augen“, sagt sie.
Als sich die Info herumsprach, hatte plötzlich auch der Bürgermeister Zeit für eine Eröffnung im Café auf der Königstraße. Die meiste Zeit aber steht die Kaffeemühle, die es kurz darauf tatsächlich mit ihren 450 Kilogramm und knapp 2,50 Metern ins Guinness Buch geschafft hat, im Caféhaus auf dem Sonnenwall. Das ist und bleibt natürlich eine Attraktion, aber die meisten Besucherinnen und Besucher kommen dann doch für die Torten, Pralinen, Suppen, Eintöpfe… „Der absolute Renner ist seit über 50 Jahren der süße Duisburger Dreck“, erklärt Anja Dobbelstein. Was das ist? Nussflocken in Schokolade. Oder wie wäre es mit Knuspertorte, dem Liebling ihres Mannes Thomas, oder der Zitronen-Philadelphia-Sahne-Torte, ihrem Favoriten?
Naschen gehört zum Job
Ja, sie lieben es zu naschen, verrät Anja Dobbelstein. Das gehört auch einfach dazu, zählt quasi als Qualitätskontrolle. „Im ersten Lehrjahr ist es Pflicht, drei Kilogramm zuzunehmen“, sagt sie und lacht. Deshalb weiß sie natürlich auch, wie die neuste Kreation aus der eigenen Backstube – für die ihre Schwester Heike zuständig ist – schmeckt. In der Josefinentorte trifft Baumkuchen auf Erdbeervanillebuttercreme, Kirschen und Marzipan. Dazu noch ein Kaffee… ach, köstlich! Das findet übrigens auch Otto Dobbelstein, der sich zwischendurch gern ein Stückchen Kuchen abholt. Und dabei kann er stets auf das schauen, was als verrückte Idee begann und als eingetragener Weltrekord endete.
>>> Duisburger Familienbetrieb in fünfter Generation
Das Café Dobbelstein wurde 1858 in der Nähe des Duisburger Rathauses gegründet. Nachdem die Innenstadt im Zweiten Weltkrieg größtenteils zerstört worden war, zog das Café 1946 auf den Sonnenwall. 1982 eröffnete zusätzlich das Kö-Café auf der Königstraße und 1993 ein Café am Kalkweg 178 im Duisburger Süden.
Die Schwestern Anja und Heike Dobbelstein führen in fünfter Generation das Café Dobbelstein, wobei sie sich die Zuständigkeiten aufgeteilt haben. Heike Dobbelstein arbeitet als gelernte Konditormeisterin in der Backstube sowie im Kö-Café, Anja Dobbelstein leitet das Caféhaus auf dem Sonnenwall.
Weitere Informationen sind im Internet zu finden auf: www.konditorei-dobbelstein.de