Berlin. Die Schriftstellerin geht bei „Hart aber fair“ die SPD scharf an. FDP-Politiker Kuhle diskutiert mit einem Spediteur über Diäten.
Die Republik rückt wie der ganze Kontinent nach rechts, die Ampel verliert: So lassen sich die Ergebnisse der Europawahl vom Sonntag zusammenfassen. In Frankreich hat Präsident Macron nach einem noch stärkeren politischen Beben die Neuwahl des Parlaments ausgerufen. Und in Deutschland?
Die Lage der Regierungskoalition war am Montagabend auch Thema bei „Hart aber fair“. Es diskutierten: Lamya Kaddor (Grüne), Serap Güler (CDU), Konstantin Kuhle (FDP) und Philipp Türmer (SPD) sowie die Schriftstellerin Juli Zeh und die Journalistin Helene Bubrowski.
Das Problem der Ampel: Inhaltliche Leere
Eine deutliche Analyse bot Juli Zeh an. Entscheidend für die Schwäche der Ampel sei, dass diese die großen Probleme nicht löse. Es reiche nicht mehr, Dinge bestenfalls gut zu erklären. „Politik ist keine Pädagogik, die Menschen sind nicht doof“, kritisierte Zeh. Vielmehr brauche es echte Konzepte und Visionen.
Wie es gerade nicht geht, machte in den Augen des Parteimitglieds Zeh im Wahlkampf ausgerechnet die SPD deutlich. „Das war eine beschissene Kampagne“, sagte sie. Statt konkrete Politik zu plakatieren, sei darauf gesetzt worden, dass man für Demokratie und gegen die AfD sei. „Das alleine reicht nicht.“
Das klang durchaus plausibel, doch hätte man sich eine Nachfrage gewünscht: Wenn Menschen unzufrieden mit den Regierungsparteien sind – warum wählen dann ausgerechnet eine in Teilen rechtsextreme Partei und nicht ein anderes Angebot aus der Opposition?
Immerhin, Zeh gab an anderer Stelle indirekt eine Antwort darauf: Dass viele AfD-Wähler in Umfragen die ideologische Ausrichtung der Partei für nebensächlich erklären, sei zwar eine „krasse Aussage“ – vielleicht aber auch ein gutes Zeichen, weil es ihnen möglicherweise um die Sache gehe.
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Was die Ampel-Vertreter sagen
Wirklich beruhigend war das nicht. Doch was sagten die Vertreterinnen und Vertreter der Ampel in der Runde? Lamya Kaddor benannte deutlich, wie sehr die Grünen bei den Jungen verloren haben. Das sei möglicherweise auch eine Folge der Corona-Maßnahmen. Und Juso-Chef Türmer ärgerte sich über die mangelnden Investitionen des Bündnisses, was dazu führe, dass die von Zeh angesprochenen großen Themen nur unzureichend angegangen werden könnten.
„Es gibt einen Stress in der Gesellschaft, erst durch Corona, dann durch Russlands Krieg“, versuchte sich auch der FDP-Politiker Konstantin Kuhle an einer Erklärung. Außerdem bestehe der Eindruck, dass Migration nicht geregelt werde.
Der Dialog des Abends: Kuhle gegen einen Spediteur
Den innovativen Entwurf zur Lösung des Ampel-Problems hatten die drei also nicht. Und dann verstrickte sich Kuhle in eine Auseinandersetzung mit dem Spediteur Jan Lawrenz. Als dieser die Diätenerhöhungen für Abgeordnete kritisierte, stellte sich der FDP-Politiker durchaus ehrenhaft der Debatte: Ob Lawrenz denn mitgekriegt habe, dass die Diäten während der Pandemie gefallen seien, weil sie an die Lohnentwicklungen gekoppelt sind, wollte Kuhle wissen. „Aber auf einem ganz anderen Niveau“, erwiderte Lawrenz mit Blick auf den Unterschied zwischen Normalverdienern und Abgeordneten. Punktsieg!
Das Fazit
Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ machte deutlich, wie festgefahren der Ampel-Karren ist. Dabei wird die Zeit langsam knapp: Im Herbst droht bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg das nächste Debakel; im kommenden Jahr ist Bundestagswahl. Und nun dräuen auch noch die Haushaltsverhandlungen, in denen sich das Bündnis erneut in Streit verlieren könnte.
Also doch eine vorgezogene Neuwahl? „Das wäre geisteskrank“, warnte Juli Zeh. Und hatte dieses Mal ein ziemlich wasserdichtes Argument: Weil die Mitte-Parteien dann weniger Stimmen kriegen würden, wäre das Ergebnis erst recht eine ideologisch hybride Regierung, die sich ständig streitet und keine großen Vorhaben angeht. „Davon würde die AfD noch stärker profitieren, ein Teufelskreislauf.“
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