Berlin. In der letzten Sendung des Jahres wirft Markus Lanz einen Blick in die Zukunft: Sind wir auf den demografischen Wandel vorbereitet?
Stefan Schulz mag Wortspiele. In seinem Buch „Die Altenrepublik” spricht der Soziologe und Autor mal von der „Opakalipse“, mal vom anstehenden „Omagedon“. Lustige Neuschöpfungen für ein ziemlich ernstes Thema, mit dem sich zum Ende des Jahres auch Markus Lanz in seiner ZDF-Talkshow beschäftigte: die deutsche Gesellschaft wird älter und älter.
Während die Lebenserwartung steigt, sinkt die Geburtenrate. Aktuell liegt sie bei 1,53 Geburten pro Frau. Schon bald werde es in einigen Bundesländern mehr Wählerinnen und Wähler mit Pflegestufe als solche unter 30 geben, erklärte Schulz.
Bis 2035 würden außerdem 18 Millionen Menschen in Rente gehen, doch nur 11 Millionen „neue” Volljährige stünden dem Arbeitsmarkt bis dahin zur Verfügung. Das führe zu einer Lücke von sieben Millionen Menschen auf 13 Jahren und zu der drängenden Frage: Wer finanziert in Zukunft unsere Rente?
„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:
- Johannes Winkel, Vorsitzender der Jungen Union
- Stefan Schulz, Soziologe
- Vanessa Vu, Journalistin
- Rainer Hank, Journalist
Eigentlich sei genau dafür der Generationenvertrag beschlossen worden, erklärte der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel. Er ist (um wenige Wochen) der Jüngste in der Runde und befindet sich somit – wie Markus Lanz lachend anmoderierte – „quasi kurz vor der Pubertät”.
Ein Viertel des Etats fließt in die Rente
Aber zurück zum Thema: der Generationenvertrag. Die arbeitenden Beitragszahler finanzieren die Rente der ehemaligen Erwerbstätigen. So weit, so gut. Das Problem sei jedoch, dass dieser Vertrag von der Politik „einseitig zulasten der jungen Generation” aufgekündigt worden sei, erklärte Winkel. Zwar habe man gemerkt, dass die Demografie kippt, doch anstatt ausgleichende Maßnahmen zu beschließen, habe man sich entschlossen, das fehlende Geld aus dem allgemeinen Steuertopf zu nehmen.
Mittlerweile würden über 112 Milliarden Euro des gesamten 470 Milliarden schweren Bundeshaushalts in die Rente fließen. Geld, das eigentlich für Investitionen in die Zukunft gebraucht werde. „Ich habe das Gefühl, dass die Prioritäten nicht bei der jungen Generation liegen, und das ist ein Riesen-Problem”, erklärte Winkel. „Wird Politik für alte Leute gemacht?”, fragte Lanz an dieser Stelle spitz nach und bekam große Augen, als Winkler, ohne mit der Wimper zu zucken, antwortete: „Ja, natürlich.”
Deutschland wird diverser
Doch während der globale Norden immer älter werde, gäbe es auch zahlreiche Länder wie zum Beispiel Pakistan oder Indien, wo immer noch viele junge Menschen geboren würden, hielt Vanessa Vu fest, Redakteurin der „Zeit“. „Dort haben wir eine viel zu junge Bevölkerung und nicht die Möglichkeiten, sie in den Arbeitsmarkt zu bekommen”, erklärte sie. Daraus erwachse ein enormer Migrationsdruck und „eine Welt in Bewegung wie noch nie zuvor”.
Damit sind wir beim zweiten wichtigen Block des Abends angekommen. Denn unsere Gesellschaft wird nicht nur älter, sie wird auch immer diverser. „In Deutschland leben 84 Millionen Menschen. Gut 15,3 Millionen von ihnen sind seit 1950 eingewandert. Diese Menschen bilden noch lange keine Mehrheit, es sind 18,4 Prozent der Bevölkerung.
Zu Hause Deutsch sprechen ist nicht mehr selbstverständlich
Zählt man noch ihre Kinder dazu, dann hat im Jahr 2022 fast jeder vierte Mensch in diesem Land eine Einwanderungsgeschichte: „24,3 Prozent”, schreibt Vu in der Zeit. Bei den unter Zehnjährigen haben mittlerweile 40 Prozent einen Migrationshintergrund. In einem ausführlichen Dossier hat die Journalistin rekonstruiert, wie die Migration in den vergangenen Jahrzehnten unsere Gesellschaft verändert hat, welche Chancen sich daraus ergeben und welche Herausforderungen auftauchen.
Bei Lanz nahm sie vor allem das Bildungssystem in den Blick. Für ihre Recherche habe sie mit vielen Lehrkräften gesprochen, erzählte sie. Viele von ihnen hatten ihr gespiegelt, nicht ausreichend für die neuen Anforderungen gewappnet zu sein. Obwohl sich die Gesellschaft in den vergangenen 50 Jahren stark verändert habe, gehe das deutsche Schulsystem selbstverständlich weiter davon aus, die Kinder würden nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause Deutsch sprechen und somit ein gewisses Sprachgefühl mitbringen. Dies entspreche in vielen Fällen nicht mehr der Realität, merkte Vu an. Das bedeute nicht, die Kinder seien schlecht integriert, sondern zeige die Notwendigkeit, sich mehr an die Schülerinnen und Schüler anzupassen, um ihre Stärken hervorzuholen. „Auf die Jüngeren wird wenig geschaut”, erklärte sie bei Lanz, „aber dort passiert gerade viel Veränderung.“
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