Berlin. Am 13. Februar startet das Filmfestival. Erwartet wird viel Prominenz aus Hollywood. Und es gibt auch finanziell gute Nachrichten.
Mit Spannung wurde sie erwartet, die Pressekonferenz, in der die neue Intendantin Tricia Tuttle ihr erstes Berlinale-Programm vorstellt. Vorab sind nur wenig Titel bekannt gegeben worden. Die Verkündung am Dienstag im Haus der Kulturen der Welt kommt nun spät. Aber sie hat es in sich. Denn sie kann prominente Gäste verkünden: Im Wettbewerb stellt Richard Linklater „Blue Moon“ mit Margaret Qualley, Andrew Scott und seinem Dauer-Star Ethan Hawke vor. Jessica Chastain ist in „Dreams“ zu sehen, Rose Byrne und US-Rapper Asap Rocky in „If I Had Legs I‘d Kick You“.
Tuttle ist deutlich lässiger als das Vorgänger-Duo
Als Berlinale Special läuft etwa „After this Death“ mit Rupert Friend und „The Thing with Feathers“ mit Benedict Cumberbatch. Sowie, große Überraschung, James Mangolds Bob-Dylan-Biopic „A Complete Unknown“ mit Jungstar Timothée Chalamet. Der Film war zwar schon auf amerikanischen Festivals zu sehen und startet nur vier Tage nach der Berlinale. Aber so gibt es zusätzlichen Star-Auftrieb. Wie ja auch, wie bereits verkündet wurde, Robert Pattinson in „Mickey 17“, dem neuen Film von „Parasite“-Regisseur Bong Jon-Hoo zu sehen ist. Das verspricht viel Hollywood-Glamour auf dem roten Teppich.
Auch viele deutsche Stars sind im Bären-Rennen vertreten: Julia Jentsch und Felix Kramer etwa im deutschen Beitrag „Was Marielle weiß“, Hanna Schygulla und Sibel Kekilli in „Yunan“, August Diehl in „La Tour au Glace“. „Lehrerzimmer“-Star Leonie Benesch wird im Berlinale-Special „Heldin“ zu sehen sein. Und der mittlerweile 94-jährige „Heimat“-Regisseur Edgar Reitz zeigt dort „Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“ mit Edgar Selge und Lars Eidinger, der auch schon im Eröffnungsfilm „Das Licht“ zu sehen ist. Burhan Qurbani zeigt „Kein Tier. So wild“, das Shakespeares „Richard III“ in die Clan-Kriminalität des heutigen Berlin verlegt.
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Auch Radu Jude, der Goldene-Bär-Gewinner von 2021, kehrt mit „Kontinental ‘25“ zurück. Und Hong Sang-soo hat es mit „What Does That Nature Say To You“ schon wieder in den Wettbewerb geschafft. Mal sehen, ob man ihm wieder einen Bären nachwirft. Weitere internationale Gäste sind Marion Cotillard, Tryne Dyrholm, Michel Blanc, Fiona Shaw, Nina Hoss, Ben Whishaw, Rebecca Hall und Vincent Perez.
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Intendantin Tricia Tuttle stellte ihr Programm betont lässig und unkonventionell vor. Und machte damit eine deutlich bessere Figur als ihre Vorgänger, das immer etwas steife und publikumsscheue Duo Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian. Die deutschen Begrüßungsworte gingen der überwiegend in London lebenden Amerikanerin zwar noch nicht flüssig über die Lippen („Hörtzlick willkommen“), und auch ihre englische Einleitung las sie zur Sicherheit noch vom Blatt ab. Aber sie kam leger in Blouson und Turnschuhen und stellte ihr Programm nicht allein und ausladend vor, wie das Chatrian immer getan hatte, sondern im flotten Wechsel mit ihren Ko-Direktoren Jacqueline Lyanga und Michael Stütz.
Zwei Berlinale-Abende werden auch in andere Städte übertragen
Chatrians Nebenwettbewerb „Encounters“ hat Tuttle als Erstes abgeschafft und dafür einen neuen, spannenderen ernannt, „Perspectives“, in dem nur Debütfilme neuer, vielversprechender Filmemacher zu sehen sein sollen. Und diesmal soll auch versucht werden, dass Berlinale-Gäste beide Wettbewerbe verfolgen können, was aufgrund der vielen Beiträge früher unmöglich war. Mit 240 Filmen entspricht das Programm in etwa dem Volumen des Vorjahres, da waren es 239. Deutlich weniger Filme als in früheren Jahren, aber dafür mehr Übersicht.
Und mehr Aufmerksamkeit. Dafür sorgt schon, dass die Berlinale-Eröffnung mit Tom Tykwers Film „Das Licht“ nicht nur vor den Gästen im Berlinale-Palast verfolgt werden kann: Die Veranstaltung wird erstmals in sieben Kinos in anderen deutschen Städten übertragen, wie auch später die Verleihung des Ehrenbären an die Schauspielerin Tilda Swinton. So will man die Berlinale auch über die Stadt hinaus attraktiv und nahbar machen.
Überraschend kann die Festivalleitung dabei über zwei Millionen Euro mehr verfügen. Die Zeit der schmerzhaften Einsparungsmaßnahmen, mit denen sich die Vorgänger noch zu plagen hatten, scheint vorbei. „Ich weiß nicht, wie wir das geschafft haben“, gibt Tricia Tuttle in der Pressekonferenz auf Nachfrage zu: „Wir sind aber sehr froh über diese Unterstützung.“ Und auch dieser Punkt muss angesprochen werden: Vorab gab die Intendantin zu, dass einige Filmemacher nicht zur Berlinale kommen wollten, weil sie nach der heftigen Diskussion um die Dankesreden einiger Preisträger im Vorjahr Angst hatten, ob man hier noch ohne Maulkorb sprechen könnte.
Das sei ein Problem gewesen, gibt Tuttle nun noch einmal zu. Sie habe in den letzten Wochen noch mal allen versichert, dass das Festival für einen offenen Dialog und Diskurs steht, und Filmemacher ermutigt, nach Berlin zu kommen und auch darüber zu diskutieren. „Das hat sich auf unser Programm ausgewirkt, hat uns aber nicht davon abhalten können, das zu programmieren, was wir zeigen wollen.“
Auf der 75. Berlinale werden insgesamt 240 Filme aus 74 Ländern gezeigt, darunter sind 50 deutsche Produktionen, fast ein Drittel des Programms, sowie 13 Koproduktionen mit Deutschland. 88 dieser Titel wurden von Regisseurinnen gedreht, das entspricht einem weiblichen Anteil von 41 Prozent. Eine weitere Steigerung, im Vorjahr waren es schon 39 Prozent gewesen. Acht der Regisseure sehen sich als nicht-binär, wollen sich also keinem Geschlecht zuordnen lassen, das entspricht vier Prozent, doppelt so viel wie im Vorjahr.
Noch offen bleibt, wie die Berlinale eigentlich ihr Jubiläum begeht
Ins Bären-Rennen gehen 19 Filme, darunter zwei deutsche Beiträge, eine dokumentarische Form aus der Ukraine - und auch ein belgischer Agentenfilm. Es gibt, verspricht Tuttle, auch Komödien und Liebesfilme. Aber natürlich spiegeln die Beiträge auch die Konflikte und Problemzonen dieser Welt wider. Das Festival, stellt sie klar, ist weiter ein politisches. Und doch hofft sie, dass diesmal nicht über Politik diskutiert wird, wie im Vorjahr, sondern über die Werke. Und die Kunstform Film.
Nun bleibt uns die neue Intendantin eigentlich nur noch zwei Dinge schuldig. Wer dieses Jahr in der Internationalen Jury um Präsident Todd Haynes über die Bären entscheidet. Und wie die Berlinale eigentlich ihr 75er-Jubiläum begehen will.