Essen. Er hat mit Werken wie „Allein“, „Zuhause“ und „Nüchtern“ Erfolge gefeiert, sein Buch „Zeit der Verluste“ gibt ebenfalls zu denken.
„Ich habe das Gefühl, mich in einer Phase der Neuausrichtung in meinem Leben zu befinden“: Wenn jemand wie Daniel Schreiber, der mit den Erfolgs-Bänden „Nüchtern“ und „Zuhause“ das Genre des literarischen Essays in eine neue Richtung gelenkt hat, das bei seiner Ankunft im Ruhrgebiet sagt, ist das mehr als ein Einblick in seine Seele. Der Autor spricht damit den mentalen Zustand einer ganzen Region und dieses Landes aus. Der neue „Metropolenschreiber Ruhr“ blickt ebenso neugierig bis skeptisch auf die kommenden alltäglichen Herausforderungen in einem sich verändernden Lebensumfeld. In einer Gegend, in der schon manche Tradition der Veränderung wich, in der die angeborene, grundlegende Zuversicht gelegentlich doch von Sorgen und Zukunftsängsten irritiert wird.
Daniel Schreiber, der 1977 in Mecklenburg-Vorpommern zur Welt kam, ist Schriftsteller, Übersetzer und Kolumnist bei der „Weltkunst“ und der „Zeit am Wochenende“. Er studierte in Berlin und New York Literaturwissenschaft, Slawistik, Theaterwissenschaft und Performance Studies, lebte sechs Jahre lang in New York. Und erregte 2007 erstes Aufsehen mit der Susan-Sontag-Biografie „Geist und Glamour“. Sein Buch „Allein“ stand 2021 monatelang auf den Bestsellerlisten und war auch international ein großer Erfolg.
„Zeit der Verluste“ greift ein grassierendes Gefühl auf
In seinem 2023 erschienen Werk „Zeit der Verluste“ geht er der Frage nach: Wie lässt sich ein Leben in Zeiten um sich greifender Verluste führen? Er lebt eigentlich in Berlin, ist aber im Oktober 2024 auf Einladung der Brost-Stiftung als „Metropolenschreiber Ruhr“ für zwölf Monate nach Mülheim an der Ruhr gezogen. „Das Ruhrgebiet“, sagt Schreiber, der das Ruhrgebiet im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Eva von Redecker schon ganz gut kennt, „hat mich schon immer fasziniert. Kaum eine andere Region des Landes vereint so viele Gegensätze. Landschaftliche und architektonische Schönheit gehen hier Hand in Hand mit Brüchen, die man gemeinhin als hässlich bezeichnen würde. Industriegeschichte ist hier nicht von einigen der größten Kunstsammlungen und Museen des Landes zu trennen. Eine lange, hochinteressante Zechengeschichte nicht von einer ebenso interessanten, ebenso epischen Literatur-, Tanz- und Theaterkultur.“
Bodo Hombach als Vorstandsvorsitzender der einladenden Brost-Stiftung glaubt: „Das Konzept der wechselnden Metropolenschreiber hat unsere Sicht auf die Ruhrregion geweitet und intensiviert.“ Daniel Schreibers Gastaufenthalt im Revier sei „erneut eine Chance, durch einen anderen Blick auf scheinbar Bekanntes, Neues zu erkennen.“ Daniel Schreiber sei „weltläufig und welterfahren und gleichzeitig nachlesbar realitätsverhaftet. Sein bisheriges Werk ist eine hochsensible intellektuelle Symbiose individueller Beobachtungen und gesellschaftlicher Zusammenhänge“, lobt Hombach.
Das „Metropolenschreiber“-Stipendium der Brost-Stiftung soll das Revier aus einer neuen Perspektive entdecken
Die Brost-Stiftung setzt sich seit ihrer Gründung für kulturelle, soziale und bildungsrelevante Projekte ein. Ihre Schreib-Residenz „Metropolenschreiber Ruhr“ lädt seit 2017 Autorinnen und Autoren aus Regionen außerhalb des Ruhrgebiets ein, ein Jahr oder mehere Monate in der Region zu leben und ihre Eindrücke literarisch zu verarbeiten. Mit diesem Ansatz soll ein individueller Blick von außen auf die Region geworfen werden, um das Ruhrgebiet aus einer neuen Perspektive zu entdecken. Die bisherigen Metropolenschreiber Ruhr: Gila Lustiger (2017/18), Lucas Vogelsang (2018/19), Wolfram Eilenberger (2019/20), Ariel Magnus (2020/21), Raphaela Edelbauer (2021/22), Per Leo (2022), Ingo Schulze (2022/23), Nora Bossong (2023) und Eva von Redecker (2024).