Oberhausen. Inmitten vieler Pop-Hits von Lana del Rey und Taylor Swift und jeder Menge Geschrei geht Shakespeares Wortwitz am Theater Oberhausen verloren.

Er ist Frauenverächter, sie Männerfeindin – und doch sind sie für einander geschaffen, der Florentiner Edelmann Benedikt (Oliver El-Fayoumy) und Beatrice (Ronja Oppelt), die Nichte von Leonato (Anna Polke), dem Statthalter in Messina. Wenn die beiden nur endlich mal die Klappe halten und sich Zeit nehmen würden, sich ineinander zu verlieben, statt ständig ein boshaftes verbales Schattenboxen zu betreiben.

Obwohl sie in „Viel Lärm um Nichts“ im Grunde nur eine Nebenhandlung bestreiten, gehören Benedikt und Beatrice zu den amüsantesten Paaren, die Shakespeare je geschaffen hat. In der nach gut zweieinhalb Stunden mit ganz viel Beifall für das Ensemble endenden Inszenierung der niederländischen Regisseurin Anne Mulleners bleibt der funkelnde, intelligente Wortwitz allerdings weitgehend auf der Strecke.

Humorfreie Übersetzung von Erich Fried

„Viel Lärm um Nichts“
Regina Leenders, Agnes Decker und Nadja Bruder (v.l.) wurden bei der Premiere von „Viel Lärm um nichts“ vom Publikum gefeiert. © Theater Oberhausen | Jochen Quast

Das liegt zum Teil daran, dass man sich für die Aufführung im Theater Oberhausen für die reichlich humorfreie, gänzlich unromantische Übersetzung von Erich Fried entschieden hat. Befremdlicher ist der ideologische Überbau, ist die Sicht von Regie und Dramaturgie (Jascha Fendel) auf eine paternalistische Gesellschaft, in der das Phänomen Liebe (auf der Bühne symbolisiert durch ein gewaltiges rotes Herz) und die Zwangsvorstellung von Hochzeit vor allem Frauen betrifft.

Denn Frauen sehen, platt gesagt, ihre Erfüllung in der Vervollständigung durch die Ehe, und sie sind in ihrer passiven Rolle auf Gunst und Willen des Mannes angewiesen. Wie zum Beweis stimmt Leonatos Tochter Hero (Nadja Bruder) Taylor Swifts flehentliche Bitte an Romeo (im Song „Love Story“) an, sie doch endlich zu erhören.

Lautstärke und Geschrei unterdrücken jeden Humor gnadenlos

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In der Geschichte wird Hero, in die sich Graf Claudio (Khalil Fahed Aassy) verknallt hat, vom Vater überzeugt, die Beziehung einzugehen. Wenn sie sich, ehe eine Intrige von Don Juan den Heiratsplänen zwischenzeitlich ein Ende setzt, im Brautkleid präsentiert, inklusive riesiger Schleife um Brust und Bauch, dann wirkt sie wie eine wandelnde Geschenkverpackung. Und singt sich prompt die Verzweiflung der Zurückgewiesenen mit Lana Del Rey von der Seele: „Hoffnung ist ein gefährliches Ding für eine Frau wie mich.“ Gesungen wird viel an diesem stark von rhythmisch-dröhnender Musik vorangetrieben Abend.

„Wann ist ein Mann ein Mann?“, fragt Beatrice mit Herbert Grönemeyer, ehe sie schließlich doch den Bund mit Benedikt eingeht und so dem Alleinsein entflieht. Denn Ehe bedeutet Zweisamkeit, in der jeder zumindest der Wächter der Einsamkeit des anderen ist. Das ist einer der ruhigen Momente der Inszenierung, in der aggressive Lautstärke und Geschrei jeden Humor meist gnadenlos unterdrücken. Dass zwischendurch die unsägliche „Polonaise Blankenese“ nach drei Takten abbricht – man nimmt es erleichtert zur Kenntnis.

Termine: 18. Oktober, 2. u. 22. November (19.30 Uhr). Karten je nach Sitzplatz 13 bis 26 Euro. Tel. 0208 8578 184 oder E-Mail: service@theater-oberhausen.de