Essen. Tupperware musste nach Jahren der Unsicherheit Insolvenz anmelden. Wie Tupperware unser Leben verändert hat – und was von ihr bleiben wird.
Die Sorgen sind allzu groß im Reich der Plastikdosen, nie zuvor erklang der weltberühmte Tupper-Seufzer mit einem solch bedrückten Unterton. Denn jüngst verkündete der kunterbunte Wunderschüssel-Hersteller, dass er Insolvenz anmelden musste.
Tupperware kämpfte ja schon immer um Frische, aber um frische Finanzen? Das Ende der Kultmarke scheint besiegelt. Und das, obwohl die Designer-Dosen ja schon längst nicht mehr nur in die Küchen gehören, sondern auch zu den Kulturgütern. Das hat zuvor noch keine andere Butterbrotdose geschafft.
Wie eine Marketing-Expertin die Tupper-Party erfand
Das positive Image rührte nicht allein daher, dass die Produkte von besonderer Langlebigkeit (30 Jahre Garantie, s.u.) sind, sondern auch hierher: Hört man „Tupper“, denkt man „Party“! Dabei konnte der legendäre Erfinder Earl S. Tupper, dessen Name keine Reklame-Erfindung ist, gar nicht so viel für den immensen Erfolg seiner innovativen Nachkriegserfindung „Wunderschüssel“.
Die hielt zwar tatsächlich so luft- und wasserdicht, dass auch ohne die damals eher seltene Kühlschrankkälte verderbliche Lebensmittel länger frisch blieben. Und da beim Schließen des Deckels ein Unterdruck entstand, sodass die eindringende Luft beim Öffnen ein leichtes Geräusch machte, war der Tupper-Seufzer geboren. Aber es war erst Earl S. Tuppers findige Marketing-Gehilfin Brownie Wise, die auf die Idee kam, dass man den Menschen bei ihnen zu Hause erst nahebringen müsste, wie Topf und Deckel zueinander passen.
Mehr als 90 Prozent der Kundschaft weiblich
Die Tupperparty war in der Welt – und entwickelte sich zum Selbstläufer. Denn die Mischung aus heimischer Kaffeerunde und Heimshopping im wahrsten Wortsinn begeisterte jahrzehntelang viele Frauen – der Anteil der weiblichen Kundschaft beträgt bis heute weit über 90 Prozent, lange waren diese Zusammenkünfte der einzige Weg, Tupperware zu erwerben.
Da musste erst eine Katastrophe wie die Corona-Pandemie kommen, um dem Konzept des heimischen Treffens ordentlich die Luft aus den Segeln zu nehmen. Deshalb hat man versucht, neben dem Webshop neue Vertriebswege zu finden, etwa mit eigenen Tupper-Geschäften wie dem von Bereichsleiterin Astrid Knöller.
Die Dortmunderin hat vor mehr als drei Jahren den damals ersten Ruhrgebiets-Laden dieser Art in Mülheim am Löhberg eröffnet – und schließt ihn nur wieder.
Mülheimerin schließt ihren Tupper-Laden wieder
„Die Kunden, die Tupperpartys machen wollen, sind meist andere als die Einzelhandelskunden. In den Laden kommen die, die mal eben schnell was brauchen, denn wir haben das ja sofort verfügbar. Auf einer Party muss es halt erst bestellt werden. Wobei beides natürlich seine Vorteile hat“, sagt sie. Auch über WhatsApp machen manche ihre Tupperpartys – und einige Kundinnen gehen danach in den Shop, um sich die noch immer oft pastellfarbenen Schüsseln und anderen Küchenhilfen mal live anzuschauen.
Die Namen der Produkte sind häufig so amüsant wie bei Ikea, auch wenn sie einem weniger schwedisch vorkommen: Mini-Max und Knobi-Star, Messer-Maus und Prima-Klima, Rucki-Zucki und Salat-Karussell 2. Viele der Namen gibt es schon seit Jahrzehnten, was beweist, wie zeitlos das Tupper-Design ist. Und wie lange die Waren halten.
Mülheimerin: „Tupperware wird nicht weggeschmissen“
Es klingt wie ein Werbespruch, wenn Astrid Knöller sagt: „Tupperware wird nicht weggeschmissen, Tupperware wird vererbt.“ Sie kann das untermauern mit der Geschichte einer Kundin, die zu ihr kam, weil sie einen Deckel für eine 50 Jahre alte Rührschüssel Peng haben wollte, einen echten Klassiker im Sortiment, weil der alte Deckel kaputtgegangen war.
„Sie hat sich im Endeffekt eine neue Schüssel gekauft, hat sich aber die Option offen gelassen zu sagen: Ich kann ja noch einen neuen Deckel kaufen, wenn ich die alte Schüssel weiter benutzen möchte.“
Auch in Hinsicht auf die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit ihrer Produkte hat die Tupper-Bezirksleiterin komplettes Vertrauen in das, was sie da macht, auch wenn es tatsächlich hübsch übertrieben ist, wenn Knöller scherzt: „Im Prinzip könnten sie die Tupperware schreddern und essen, ist vielleicht nicht so bekömmlich, aber es tut ihnen überhaupt nichts.“
Sie selbst mag vor allem jene Produkte, mit denen das Kochen in der Mikrowelle möglich ist. Und es geht noch ein bisschen abgedrehter: „Wir haben einen Grill, der in der Mikrowelle funktioniert. Sie können da ihre Würstchen drin grillen“, sagt sie.
Eine sehr findige Idee, die vielleicht die Profi-Griller mit ihren Weber-Gasboliden nicht zufriedenstellt, aber für den Hausgebrauch wird’s reichen. Egal, wie man grillt, eine Faustregel gilt: Man hat am Ende grundsätzlich zu viele Würstchen, Steaks und Salate übrig. Und hier schließt sich der Kreis, denn den ganzen Überschuss, den kann man ja auch wieder eintuppern.
Dieser Artikel erschien in seiner ursprünglichen Form am 22.4.2023 und wurde aktualisiert.