Gelsenkirchen. Die Hamburger Band Deine Freunde spielte im Amphitheater Gelsenkirchen. Für viele junge Fans war es das erste Konzert ihres Lebens.
Ein paar Mädchen schlagen Räder am Rhein-Herne-Kanal, vor der Bühne wird es voller. Securitys haben ein wachsames Auge darauf, dass in den mit gelbem Flatterband abgesperrten Bereich auch wirklich nur diejenigen Zutritt haben, die an diesem Sonntagsommerabend die Hauptrolle spielen: Kinder. Um Punkt 17.30 Uhr hebt sich ein riesiges Transparent, darauf abgebildet ein riesiges Geschenk. Dieser Abend wird etwas besonderes, viele erleben in den folgenden 90 Minuten das erste Konzert ihres Lebens.
Das wird klar, als der Vorhang fällt und „Deine Freunde“ mit der kindlichen Freunde ihrer Fans auf die Bühne stürmen: „Für wen von euch ist es das erste Konzert überhaupt?“, fragt Sänger Lukas Nimscheck. Hunderte kleiner Hände werden zur Antwort in den Himmel gestreckt. Und während Bands und Publikum für gewöhnlich erst einmal miteinander warm werden müssen, springt der Funke bei den Kindern unmittelbar über. Von Minute eins an wird gesprungen (und zwar richtig, nicht dieses verhaltene In-Die-Knie-Gehen), sehr laut mitgesungen (nicht nur die Lippen bewegt) und getanzt (mit dem gesamten Körper, sanftes Wiegen und Wippen ist im kindlichen Bewegungsapparat nicht vorgesehen).
Die Lieder klingen gefällig in Elternohren
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„Gebt uns eure Kinder“, fordern „Deine Freunde“ schon im ersten Song und die Eltern tun gut an dieser Art der musikalischen Früh- beziehungsweise Konzert-Erziehung. Standen sie selbst vermutlich das erste Mal zwischen zwölf und 16 Jahren zum ersten Mal vor einer Bühne mit Live-Musik, hat das deutlich jüngere Durchschnittsalter ihrer Kinder einen entscheidenden Vorteil: Sie sind ehrlich euphorisch und ihnen ist wenig bis nichts peinlich. Und so blicken die auf die Steinstufen verbannten Eltern beeindruckt auf den hüpfenden Flummiball aus Kindern, der da vor der Bühne zeigt, wie es aussieht, wenn man Musik wirklich fühlt.
Dabei schafft es das Trio aus Hamburg ebenso meisterhaft, Eltern und Großeltern bei Laune zu halten. „Eltern, seid ihr müde?“, fragt Rapper Florian Sump ins Rund und liefert die Antwort gleich mit: „Natürlich sind wir immer müde, 17.30 Uhr ist Partyzeit!!!“ Auch musikalisch klingen die Lieder gefällig in Elternohren, die den Deutschrap der Neunziger feierten. Das kommt nicht von ungefähr, schließlich war „Deine Freunde“-DJ Markus Pauli in gleicher Funktion mit „Fettes Brot“ unterwegs. Und auch als Pauli sich schließlich - ganz wie Waldo mit rot-weiß gestreifter Bommelmütze verkleidet - für ein großes Wimmelbild unter seine Fans im Kinderbereich mischt, ist das einfach gute Unterhaltung.
„Es ist ein Privileg, euch durch diese Zeit begleiten zu dürfen.“
Später am Abend gibt es noch Anleihen bei Deichkind („Arbeit nervt“) und ein 90er-Medley, in dem alles, was musikalisch besser in diesem Jahrzehnt geblieben wäre (darunter Felicità von Al Bano & Romina Power, Blümchens „Herz an Herz“ und der Vengabus der Vengaboys) ins „Deine Freunde“-Gewand gehüllt wird („Der Wasserhahn tropft“).
Und obwohl sie sich selbst nicht zu ernst nehmen, ist der Hamburger Band die Wirkmacht des Abends sehr bewusst. 13 Jahre gibt es „Deine Freunde“ mittlerweile, sie sind so erfolgreich wie nie. „Die meisten von euch dürften so zwischen sechs und zwölf Jahre alt sein“, schätzt Lukas Nimscheck am Ende des Konzerts: „Es ist ein Privileg, euch durch diese Zeit begleiten zu dürfen.“