Essen. Wer die Jungs um Campino noch mal so richtig wild erleben möchte, ist bei „Fiesta y Ruido“ (Party und Lärm) genau richtig.

Da schau her – spätestens im Rentenalter kommen auch gelernte Punks wie die Toten Hosen mal zu einer Weihnachtsfeier zusammen. Von der letzten ist überliefert, dass Gitarrist Kuddel weit nach Mitternacht plötzlich Konzert-Aufnahmen aus Argentinien abgespielt hat. Da waren Campino & Co plötzlich von ihrem eigenen Sound so angetan, dass sie die Verstärker noch mal so richtig aufdrehten. Und die Polizei wegen Ruhestörung anrückte.

In Argentinien gehen die Hosen-Fans aber noch mal so richtig wüst ab!
In Argentinien gehen die Hosen-Fans aber noch mal so richtig wüst ab! © Bastian Bochinsk | Bastian Bochinski

Kann man verstehen. Seit dem ersten Konzert der Hosen in Argentinien 1992, bei dem die Band vor lauter Zuneigung, Pogo und fiebernden Fans kaum noch von der Bühne kam, waren Tourneen dort immer die reinsten Freundschaftsspiele. Vielleicht auch, weil der Punk nirgendwo in Südamerika so politisch ist wie in Argentinien. Schließlich herrschte dort in den ersten Jahren noch eine brutale Militärjunta, und zu den Unterdrückten gehörten neben Linken, Demokraten und anderen auch die wenigen Punks. Sie bekamen eine ganz andere Repression zu spüren als ihre Kollegen in Europa oder den USA.

Toten-Hosen-Klassiker wie „Bonny & Clyde“ oder „Hier kommt Alex“ haben hier mehr Feuer als sonst

In Argentinien wird Punk deshalb bis heute mit gedoppelter Leidenschaft gelebt – das bekommen die Hosen dort bis auf die Bühne zu spüren, und es scheint eine Extraportion Adrenalin durch ihre Adern zu jagen. Selbst fast schon abgenudelte Band-Klassiker wie „Bonny & Clyde“ oder „Hier kommt Alex“ haben hier mehr Feuer als sonst.

Deutsch-argentinische Freundschaft der besonderen Art.
Deutsch-argentinische Freundschaft der besonderen Art. © Bastian Bochinsk | Bastian Bochinski

Die Aufnahmen des Albums stammen von Konzerten in Buenos Aires und der Universitätsstadt Tandil aus dem Jahr 2022, als man auf 30 Jahre deutsch-argentinischer Lärmfreundschaft zurückblicken konnte. Und so ehrenhaft es ist, dass die Hosen einige Songs argentinischer Punkbands wie „Más allá del bien y del mal“ (Pilsen), „Iván fue un comunista“ oder „Uno, Dos Ultraviolento“ anstimmen, so sehr steht fest, dass die argentinischen Fans sehr viel besser auf Deutsch („Freunde“!!!) singen können als die Hosen Spanisch. Wichtiger aber mögen Freundschaften wie die mit Pilsen-Sänger Pil oder dem legendären Walter „Mosca“ Veláquez von den Dos Minutos sein.

Campino und die Toten Hosen spielen „Represión“ im feinsten Ramones-Stil

Deshalb ist der Gipfel des Albums auch die Schlussnummer „Represión“ im feinsten Ramones-Stil. Spätestens hier wird klar, warum die angerückten Polizeibeamten Verständnis dafür gezeigt haben sollen, dass man bei so viel Leidenschaft einfach noch mal aufdrehen muss.

„Fiesta y Ruido: Die Toten Hosen live in Argentinien“ erscheint als Doppel-LP in einer auf 10.000 Stück limitierten und nummerierten Edition mit jeweils einer blauen und weißen 180g-Vinyl-Scheibe und als CD (Erstauflage im Digipack) mit 28seitigem Booklet, als Download und Stream.