Hamburg. Ein Viertel unserer Fußballprofis hat ausländische Wurzeln. Die Schau „Fußball und Migration“ in Hamburg erzählt davon
Noch rollt der Ball in allen erst- und unterklassigen Ligen sowie europa- und weltweit auf Vereinsebene. Doch schon bald ertönt in Deutschland der Anpfiff zum größten Fußball-Ereignis hierzulande seit der „Sommermärchen“-WM 2006. Die Euro 2024 ist ein Turnier mit 24 Nationalteams.
Spätestens bei ihren Spielen werden manchem noch immer fremd anmutende Namen und Gesichter begegnen, die inzwischen fester Teil der deutschen Nationalmannschaft sind: etwa ein gewisser Tah, Vorname Jonathan Glao. Mutter Deutsche, Vater von der Elfenbeinküste stammend. Der 1996 in Hamburg geborene Nationalspieler und meisterhafte Verteidiger von Bayer Leverkusen ist mit seinem Jersey der Rückennummer 5 nur ein 28tel der beeindruckenden Trikotwand, dem Herzstück der neuen Sonderausstellung „Fußball & Migration“ im Auswanderermuseum BallinStadt.
Euro 2024: „Fußball und Migration“, Thema fürs Museum
Die Schau ist eine Art Vorspiel des Kulturprogramms zur EM: Auf einem Touchscreen lassen sich alle 28 Trikots anklicken, und man erfährt außer Bekanntem über die 2014er-Weltmeister Klose und Podolski, beide aus Polen stammend, dass die gebürtige Kölnerin Sara Doorsoun (32) als Tochter eines Iraners und einer Türkin seit 2016 deutsche A-Nationalspielerin ist.
„Migration und Fußball gehören untrennbar zusammen. Diese Symbiose ist beispielhaft für unser Leben und zeigt auf verschiedene Art und Weise, welche Bedeutung der Sport auf der gesellschaftlichen Ebene hat“, sagte Museumsleiter Volker Reimers am Montag bei der Eröffnung in der BallinStadt auf der Veddel. Der Migrationshintergrund in der Nationalmannschaft ist nicht der einzige Aspekt „Etwa 25 Prozent der Mitglieder im Deutschen Fußball-Bund haben Migrationshintergrund, bei den unter 16-Jährigen sogar 50 Prozent“, erläuterte Museumssprecher Torben Knye, während es im restlichen Sport nur zehn Prozent seien.
Auswanderermuseum BallinStadt: Es gab auch deutsche „Legionäre“ wie Schuster und Völler
Wie sich die Bedeutung und Sichtbarkeit von Profispielern, in jüngerer Zeit auch -spielerinnen mit Migrationshintergrund über die Jahrzehnte entwickelt hat, auch das zeigt sich mit rund 50 Exponaten in Halle 1 des Auswanderermuseums mit mehreren interaktiven Stationen. Und Zuwanderung in Sachen Fußball gab es hierzulande schon vor dem Zweiten Weltkrieg. Das dokumentiert das Paar Original-Fußballschuhe des Schalker Idols Fritz Szepan von 1938. Dessen Familie war aus dem heute polnischen Masuren eingewandert, was Szepan und seine Schalker nicht davor bewahrte, von den Nazis als „arische Sportidole“ instrumentalisiert zu werden.
Heute liegt der Ausländeranteil in der Bundesliga bei etwa 50 Prozent. Früher gab es die deutschen „Legionäre“ wie den „Blonden Engel“ Bernd Schuster, der in Spanien mit jedem seiner drei Clubs Titel gewann, oder auch Rudi Völler 1993 mit Marseille die Champions League. Die Internationalität und die Globalisierung sowie der im Fußballalltag oft noch immanente Rassismus sind ebenfalls Teil der Schau, obwohl die Kommerzialisierung zum Milliarden-Geschäft hier zu kurz kommt.
Übrigens: Auch der Fußball selbst in Deutschland ist ein „Einwanderer“: Er entstand ja 1857 in England mit der Gründung des ersten Vereins. Das lässt sich bei einem Fußball-Quiz erfahren.
„Fußball & Migration“ 7.5.–1.9., Di–So, jew. 10.00–18.00, Auswanderermuseum BallinStadt, Veddeler Bogen 2, Karten zu 13,90 (Erw.)/7,50 (Ki.) unter T. 040/31 97 91 60; www.ballinstadt.de