Essen. Regisseur Stéphane Brizé präsentiert eine kluge, charmante Geschichte über die Vergänglichkeit mit Guillaume Canet („Asterix“).

Nach einer Panikattacke erholt sich der bekannte Schauspieler Laurent in einem Spa-Hotel in der Bretagne. Purer Zufall, dass in dem Badeort seine verflossene Liebe Alice mit ihrer Familie lebt. Die beiden kommen sich wieder näher. Doch kann man 15 Jahre einfach so vergessen? Und was wäre, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte? Nun, an dem Versuch sind schon einige gescheitert, jetzt spinnt Regisseur Stéphane Brizé den Faden weiter. Seine sehr französische, ausnehmend zärtliche, betörend romantische Tragikomödie kommt jetzt in die Kinos.

Dabei dürfte der Titel nicht dienlich sein: „Zwischen uns das Leben“ klingt austauschbar, nach allem und nichts. Im Original heißt der Film „Hors-Saison“, „Nachsaison“, was besser passt, schon weil die Erzählung in diesem verlassenen, menschenleeren Badeort spielt und es vieldeutig klingt. Und genauso ist Brizés Geschichte. Sie ist lustig, etwa wenn Laurent versucht, die mit einem Bewegungsmelder ausgestattete Espresso-Maschine seines Hotelzimmers zu bedienen. Ein sinnloses, körperbetontes Unterfangen. Sie ist tieftraurig, weil sie von verpassten Chancen und Hoffnungen erzählt. Und sie ist optimistisch, weil sie das Leben feiert, das es mit unerfüllten Wünschen manchmal gut mit uns meint.

„Asterix“-Star Guillaume Canet als Laurent in „Zwischen uns das Leben“

Denn glücklich ist Laurent nicht. Im Gegenteil. Als der Filmstar auf einer Theaterbühne in Paris auftreten soll, packt ihn die nackte Angst und er ergreift die Flucht. Gecoached von seiner ehrgeizigen Lebensgefährtin, bereitet er sich am Meer auf einen Neustart vor. Laurent ist ein liebenswürdiger Kerl um die 50 mit ergrautem Haar und Lachfältchen um die Augen. Er hat eine Familie und Kinder. Und trotzdem sitzt er auf seinem Hotelbett und heult. Ähnlich geht es Alice, die ihn in seinem Wellness-Paradies kontaktiert. Auch sie hat einen Mann und eine Tochter. Aber irgendetwas fehlt in ihrem Leben. Da wirkt es wie ein Wink des Schicksals, dass die beiden wieder zueinander finden.

Das ist nicht neu. Dass es trotzdem zu Herzen geht, liegt vor allem an den beiden Hauptdarstellern, dem charmanten Guillaume Canet und Alba Rohrwacher als nicht minder bezaubernde Alice. Wie die beiden im Restaurant ins Plaudern geraten, wie auf der Lauer liegend, vorsichtig flirtend. Wie sie einander beim Strandspaziergang Schritt für Schritt näher kommen und gleichzeitig von ihrem alten Leben entfernen – das präsentiert dieser Film ausnehmend schön.

„Zwischen uns das Leben“ erzählt von Glück und Vergänglichkeit

Kameraflüge führen über den wilden Atlantik und kaum befahrene Küstenstraßen, auf denen sich Laurent jederzeit wieder entfernen kann. Szenen wie die Hochzeit einer 78-jährigen Freundin flattern in heiterer Beiläufigkeit vorbei. Gelebtes Leben, Glück und Melancholie. Und immer wieder kann man herzlich lachen wie beim Menüvorschlag eines Kellners, der handsanft getötete Fische anpreist – und Alice so zum Bestellen eines vegetarischen Hauptgangs animiert.

Manchmal erinnert das an Richard Linklaters „Before“-Trilogie, in der sich Ethan Hawke und Julie Delpy stundenlang unterhalten und dabei durch Wien oder Paris spazieren. Aber dann wiederum ist „Zwischen uns das Leben“ doch anders. Vielleicht erwachsener. Wer Poesie auf der Leinwand mag, wird diesen Film lieben. Selten kam Kino so sanft und doch eindringlich daher.