Duisburg. Herausragende Regie, starke musikalische Leistung: Tatjana Gürbacas Deutung von Janaceks „Jenufa“ in Duisburg ist ein Theaterereignis.
Mit einer aufwühlenden Neuproduktion von Leoš Janáčeks bekanntester Oper „Jenufa“ setzt die Deutsche Oper am Rhein ihre verdienstvolle Janáček-Tradition fort. Die renommierte Regisseurin Tatjana Gürbaca hat das Format, das Niveau ihrer Vorgänger Bohumil Herlischka und Stein Winge noch zu übertreffen. Und an geeigneten Sängern mangelt es dem Ensemble der Rheinoper ohnehin nicht. Die Jubelstürme nach der Premiere im vollbesetzten Duisburger Theater nahmen geradezu tumultartige Dimensionen an.
Jenufa in Duisburg: Tumultartiger Jubel am Ende
Wenn sich zu den ersten harten Xylophon-Schlägen der Vorhang öffnet, erschließt sich mit dem Einheitsbühnenbild von Henrik Ahr eine Welt, die Enge und Ausweglosigkeit andeutet. Zu sehen ist ein in Mahagoni gefasstes, getäfeltes Bauernhaus mit bis zum Spitzdach führenden Treppenaufgängen, auf denen die Figuren den Blicken schutzlos ausgeliefert sind und die jede Fluchtmöglichkeit verhindern. Eine ideale Chiffre für die Macht, die verhärtete Ehr- und Moralvorstellungen auf Menschen ausüben und die Grenzen zwischen Opfer und Täter bis zur Unkenntlichkeit verwischen lassen kann. Auch dann, wenn eine tief gläubige Küsterin zur Kindsmörderin wird.
Das drückt Janáček mit seiner zwischen brutaler Schroffheit und empathischer Wärme changierenden Musik pointiert aus und das wird auch in Gürbacas unprätentiöser, präzise und detailliert ausgearbeiteter Inszenierung deutlich. Indem sie weitgehend auf mährisches Kolorit und religiöse Insignien verzichtet, erleben wir die Protagonisten vor allem als Menschen, die von Schuldgefühlen getrieben werden. Einzig die Vergebung, die Jenufa der Mörderin ihres Kindes und ihrem Bräutigam, der ihr Gesicht entstellte, ausspricht, deutet einen Hoffnungsschimmer an, dem Labyrinth aus Schuld und Schuldgefühl entfliehen zu können.
„Jenufa“: Axel Kober dirigiert die Duisburger Philharmoniker
Axel Kober lässt die Duisburger Philharmoniker scharf, kantig, geradezu aggressiv aufspielen und schafft dadurch zwar enormen dramatischen Druck, der die warmen, lyrischen und lichteren Töne allerdings zu überspielen droht. Dadurch werden auch die Sänger zu unnötig forcierten Kraftakten verleitet. Das führt im Falle der als Küsterin charismatisch auftretenden und auch stimmlich an sich hervorragenden Rosie Aldridge zu unangenehmen Schärfen in den Spitzentönen. Erstaunlich, mit welch anrührender Sensibilität und feiner Stimmkultur Jacquelyn Wagner die sich zwischen zwei verantwortungslosen bzw. unbeherrschten Männern und einer gutmeinenden, aber wenig empathischen Stiefmutter aufreibende Titelfigur zum Ausdruck bringt.
Vorzüglich auch Giorgi Sturua als Laca und Jussi Myllys als Števa in den beiden anspruchsvollen Tenorpartien.Mit ihrem großen Ensemble vermag die Rheinoper auch die zahlreichen kleineren Partien problemlos zu besetzen.
Spieldauer: ca. 2 ¾ Stunden, eine Pause. Die nächsten Aufführungen im Theater Duisburg: am 20. und 26. April sowie am 9., 11. und 19. Mai. (Informationen: www.rheinoper.de).