Essen. Was mit „Säulen der Erde“ begann, endet nun – unser Kritiker verrät, ob „Die Waffen des Lichts“ ein würdiges Finale der Buch-Reihe geworden ist.
Willkommen zurück in Kingsbridge. Mit „Die Waffen des Lichts“ schreibt Ken Follett die Geschichte des fiktiven Städtchens fort, die im 12. Jahrhundert mit dem Bau der gotischen Kathedrale in „Säulen der Erde“ (1989) begann, und mit der er dem in die Jahre gekommenen Genre des historischen Romans zu unerwarteter Vitalität und Popularität verhalf.
Bei einer Gesamtauflage von fast 190 Millionen, die den Waliser zu einem der erfolgreichsten Autoren der Welt macht, lag bisher allein der „Kingsbridge“-Anteil bei rund 50 Millionen. Auf die chronologisch nachfolgenden Bände „Die Tore der Welt“ und „Das Fundament der Ewigkeit“ sowie den Rückgriff auf die Vorgeschichte im 10. Jahrhundert („Der Morgen einer neuen Zeit“) folgt jetzt das furiose Finale.
Kingsbridge-Saga von Ken Follett umfasst acht Bände
Denn die Kingsbridge-Saga, die mit der großen Generationen-Saga des 20. Jahrhunderts („Sturz der Titanen“, „Winter der Welt“, „Kinder der Freiheit“) einen achtbändigen Romanzyklus über die letzten tausend Jahre der westlichen Zivilisation bildet, ist für Follett definitiv auserzählt. Weitere Kingsbridge-Romane wird es nicht geben.
In „Die Waffen des Lichts“ rücken wieder Folletts zentrale Themen in den Vordergrund. Es geht um den Kampf gegen Unterdrückung und Entrechtung, um (Meinungs-)Freiheit und nicht zuletzt um das Recht auf Bildung.
Ken Follett bringt die Industrialisierung nach Kingsbridge
1792 werden die Menschen von einer Entwicklung überrollt, die bald auch den Kontinent erfasst: die Industrialisierung. Kingsbridge ist zu einem Zentrum der Garn- und Textilmanufakturen geworden. Doch technische Entwicklungen wie Dampfkraft und Fertigungsanlagen, die effizienter arbeiten als der teure Risikofaktor Mensch, gefährden viele Existenzen, während manche Angehörige der Oberschicht Macht und Möglichkeiten gnadenlos ausnutzen. Die Regierung erlässt sogar ein Gesetz, das jede Form von Protest unter drakonische Strafen stellt, das Gewerkschaften verbietet, bereits Absprachen von Arbeitern untersagt und sogar Arbeiter-Bildungsinitiativen verhindern soll. Hinter allem lauert das Gespenst der Französischen Revolution. Die Forderung nach Freiheit und Gleichheit, schreckliche Gesetzbücher wie der „Code Civil“, der allen (Männern) gleiche Rechte einräumt – dieser Geist darf nie in England einziehen.
Der 23 Jahre dauernde Krieg, den das Land und kontinentale Alliierte wie Preußen gegen das expandierende Frankreich führen, um die französische Monarchie wiederherzustellen, und der schließlich 1815 mit der Niederlage Napoleons bei Waterloo endet, verschärft die durch die Maschinen ausgelösten sozialen Konflikte. Männer werden zur Miliz eingezogen, zur Armee zwangsrekrutiert, Ehemänner und Söhne melden sich aus Existenznot freiwillig, Handel und Versorgung brechen zusammen, die Preise explodieren, der Unmut der Bevölkerung wächst, Rufe nach „Brot und Frieden“ werden lauter und bewirken harte Gegenreaktionen.
Ken Follett zeigt den Kampf um eine Zukunft ohne Unterdrückung
Die so resolute wie kluge Spinnerin Sal Clitheroe und ihr technikbegabter Sohn Kit, Bischofstochter Elsie Latimer, Tuchhändler Amos Barrowfield oder der Weber David Shoveller, die versuchen, technischen Fortschritt und Arbeiterinteressen halbwegs in Einklang zu bringen: Es ist eine kleine Gruppe von Menschen, die sich im Kampf um eine Zukunft ohne Unterdrückung, um Gleichheit, um Recht auf Bildung und Wissen nicht beirren lassen.
Der Abschluss der Saga belegt erneut Folletts große Fähigkeit, Fakten und Fiktion in Gestalt lebensechter, glaubwürdiger Charaktere zu einer packenden Einheit zu verschmelzen. Wobei auch diesmal der Lauf der Geschichte zwar letztlich von Männern bestimmt wird, doch es sind wieder starke Frauen wie Sal, die ihnen den Weg weisen.
Ken Follett: Die Waffen des Lichts. Roman. Lübbe. 880 Seiten, 36 €. E-Book (Kindle) 24,99 €.