Essen. Kino-Überblick: Lahme „Enkel für Fortgeschrittene“, eine wenig ambitionierte Reise ins „Dalíland“ und eine langweilige Paddeltour durch „Alaska“.
Oje! Die Kino-Neustarts hatten auch schon mal mehr zu bieten. Wer „Enkel für Fortgeschrittene“ sehen will, kann ruhig warten, bis der Film im Fernsehen läuft. „Dalíland“ ist auch nur wenig inspirierend. Und bei „Alaska“ langweilt man sich dem Abstand entgegen.
„Enkel für Fortgeschrittene“
Neuseeland war gestern, heute ist Schülerladen in der alten Heimat, und damit beginnt für Karin (Maren Kroymann) ein neues aufregendes Kapitel im Seniorinnendasein. Zuerst sperrt sie ihren untreuen Mann aus, dann stellt sie sich zusammen mit Philippa (Barbara Sukowa) und Gerhard (Heiner Lauterbach) den blasierten Gesichtern ultracooler Teenager. Gemeinsam erleben sie die Tücken modernster Technik – und die Freuden generationenübergreifender Erfolgserlebnisse.
Und schon sind alle Pflöcke eingeschlagen für ein ganz und gar nicht aufregendes Komödienspektakel, das es wie schon der Vorgängerfilm von 2020 („Enkel für Anfänger“) darauf anlegt, es möglichst allen recht zu machen, indem möglichst viele Vorurteile ausgerollt und dann widerlegt werden.
Dialogführung und Bildgestaltung erfüllen die Unterhaltungsmaßstäbe für die öffentlich-rechtliche Primetime am Freitagabend. Alle im Ensemble, die Stars und die Nicht-Schauspieler, erfüllen konsequent das Erwartbare. Spannend ist allein die Frage, ob es auch noch einen dritten Film gibt, und wie der dann heißen wird.
„Dalíland“
Und ab ins Studio 54 des Jahres 1973, mit Dalí, seiner Gala und dem Besten von heute, also Amanda Lear, Alice Cooper und dazu jede Menge Koks. So ungefähr trägt es sich zu im „Dalíland“, dem neuen Film von Mary Harron („I shot Andy Warhol“), die vor allem erneut die wilden New Yorker Jahre des katalanischen Malerfürsten beleuchtet, dem selbst der Titel Fürst zu klein ist. Er wäre schon gern Gott, bloß gäbe es dann ja leider keinen Dalí, bedauert er irgendwann einmal in diesem Film, der eben leider kein 96-minütiger Rausch, sondern eine etwas verschachtelte Erzählung ist.
Wir erleben den unsicheren Assistenten einer Galerie, Christopher Briney (James Linton), der Dalí mit Geld versorgen muss und im Gegenzug dafür sorgen soll, dass dieser eifrig malt, damit es bei der nächsten Vernissage auch was zu verkaufen gibt.
Der arme Junge vom Land geht im Banne des Malerfürsten und seiner Gattin, einander in einer ungesunden Symbiose verbunden, völlig unter. Die viel verheißende, aber damals noch nicht so heißende LGBTQ+-Community, in der Geschlechterrollen, Sex und Partnerschaften so durcheinander sprudeln wie der Champagner beim Meeresfrüchte-Buffet, tut dabei ihr übriges. Seine Aufmerksamkeit reicht so gerade noch, den Lebensgeschichten des alternden Malers zu lauschen, der eigentlich ewig jung bleiben will und dessen Dasein daher von der Komödie ins Tragische kippt.
Das alles ist ein bisschen arg bieder und künstlich bebildert, die Farben sind deutlich spröder als auf Dalís Bildern. Ein Film, völlig anders als sein beeindruckendes Hauptdarstellerduo Ben Kingsley und Barbara Sukowa: irgendwie ambitionslos und wenig originell. Aber tolle Musik!
„Alaska“
Kerstin (Christina Große) muss mit dem Tod ihres Vaters fertig werden. Nun paddelt sie in seinem alten Kajak 2500 Kilometer über die Gewässer der Mecklenburgischen Seenplatte, immer im Kreis herum: War es doch der Traum des Verstorbenen, eines ostdeutschen Olympioniken, diese Strecke auf dem kanadischen Yukon zurückzulegen.
Auch Amina (Pegah Ferydoni) ist im Boot unterwegs. Sie versucht in der Abgeschiedenheit der Natur über ihre Scheidung hinwegzukommen. Thomas (Karsten Antonio Mielke) wiederum sucht Kerstin, seine Schwester. Ausgangspunkt für einen erzählerischen Reigen in vier Kapiteln, vorgestellt vom deutschen Filmregisseur Max Gleschinski („Kahlschlag“).
Das Kajakfahren spielt eine wichtige Rolle in diesem leisen, zweistündigen Drama; die Ruhe, der Taktschlag der Paddel, der Atem der Sportler, der Wind. Jean-Pierre Meyer-Gehrke (Kamera) hat dazu betörend schöne Momentaufnahmen geschaffen: Spiegelbilder, die über die Wasseroberfläche tanzen, Sonnenstrahlen, die durch das Schilf brechen. Die Landschaft erscheint wie ein verwunschener Ort.
Schade nur, dass die Geschichte inmitten des meditativ aufgeladenen Konzepts denkbar mager geraten ist: Es geht um eine neue Liebe. Und es geht ums liebe Geld. Und so bleiben am Ende nur die Bilder haften, zusammengehalten von ergiebiger Langeweile und einer Handvoll respektabler Darsteller. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann paddeln sie noch heute.