Essen. Schwermütiger Indiepop mit leichter Americana-Note: „The Paper Kites“ machen ihr Leben „At The Roadhouse“ zu Musik.

Das „Roadhouse“ im Örtchen Campbells Creek im südostaustralischen Bundesstaat Victoria muss eine spezielle Aura haben. Vielleicht liegt es an der wechselvollen Geschichte? Das „Roadhouse“ war in Goldrauschzeiten ein Laden für Goldminenbedarf, dann wurde es als Hotel genutzt und 1876 beinahe durch ein Feuer zerstört. Seit vielen Jahren stand es leer. Ein öder Ort der Schwermut, der aber offenkundig auch friedlich und magisch ist.

Jedenfalls zog die Indie-Folkrockband „The Paper Kites“ dort im Juli 2022 mit Sack und Pack ein, in das, wie Sänger Sam Bentley sagt „dramatische Gebäude“. In der dahinterliegenden Scheune zogen sich die Musikerinnen und Musiker zum Aufnehmen zurück. Die eigenartige Atmosphäre schimmert in jedem Takt des heute erscheinenden Album der Kapelle durch, das passend den Namen „At The Roadhouse“ (Nettwerk/Bertus) trägt.

Musik für regnerische Herbstabende

Seit 2009 sind Bentley und sein ursprünglich in Melbourne ansässiges Kollektiv zugange, ihr Gesang hat was von einer wärmenden Decke in kühlerer Nacht. Selten wird es rockig bei dieser Produktion, und wenn, dann geht es auch in die hymnische Richtung, garniert mit einem Hauch von Gospel wie im düsteren Rausschmeißer „Darkness At My Door“.

Wer ein Faible hat für sanfte, schwermütige Popmusik mit Americana-Touch, dürfte fündig werden. „Good Nights Gone“ ist so eine Nummer, die wunderbar zum Lauschen geeignet ist, wenn im beginnenden Herbst am Abend der Regen gegen das Fenster prasselt. Unaufgeregt, entspannt kommt diese Band daher, kein Ton zu viel, immer den Wohlklang in den Mittelpunkt stellend. „Maria, It’s Time“, das etwas später erklingt, geht in eine ähnliche Richtung. Sehr angenehm, so wie „Burn The Night Away“, das ein angenehm schwebender Sechsachteltakt durchweht.

Viele Lieder für einen Silberling

Minuspunkte? Ja, die gibt es, aber wenige. Manchmal lassen sich „The Paper Kites“ vielleicht dann doch etwas zu viel Zeit, bei mancher Nummer wäre auch zwei Minuten früher eigentlich alles gesagt gewesen, und 16 Lieder auf so einem Silberling hat man auch nicht oft – und nicht jeder wäre Pflicht gewesen.