Duisburg. Der junge Regisseur Bashar Al Murabea dreht seinen zweiten Film. Wie in einem Duisburger Keller das endzeitliche „The Paradox Project“ entsteht.

Alle sind tot. Wissenschaftler Dr. Splits hat Freunde und Familie verloren, haust als Überlebender eines Atomkrieges in einem Bunker. Jeder Gang nach draußen könnte auch für ihn das Ende bedeuten – „ein bisschen wie bei ‘The Walking Dead’“, sagt Produzentin Annika Borchardt über den Film, den Regisseur Bashar Al Murabea gerade in Duisburg gedreht hat. „The Paradox Project“ ist der Diplomfilm des Studenten, der dafür prominente Unterstützung bekommen hat: Die Rolle des Dr. Splits spielt „Tatort“-Star Roland Riebeling.

Diese Rolle fordert auch den Profi, der sonst vor allem als Assistent Norbert Jütte in den Kölner Folgen der ARD-Krimireihe bekannt ist. In „The Paradox Project“ hat Dr. Splits nach einem Unfall eine gespaltene Persönlichkeit. In seinem Bunker arbeitet der Wissenschaftler an einer Zeitmaschine, um die Menschheit vor dem Krieg zu retten und seine Familie zurückzuholen. Doch ein unerwarteter Fehler lässt andere Individuen von ihm Besitz ergreifen – statt zu retten, wollen sie selektieren, welche Menschen überleben dürfen und welche sterben müssen.

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Bashar Al Murabea erhielt für ersten Film internationale Preise

Gibt es schlechte Menschen? Und falls ja, wer ist schlecht, und warum? „Solche philosophischen Fragen stellt der Film“, sagt Regisseur Al Murabea, „er liefert aber bewusst keine Antworten“. Welche Auswirkungen Krieg auf die Welt, auf die Gedanken und Gefühle der Menschen haben kann, musste der 33-Jährige bereits selbst erfahren: Seine Heimat Syrien verließ er 2015 wegen der Gewalt, die dort bis heute anhält.

In Duisburg hat Bashar Al Murabea schnell Fuß gefasst, hat am örtlichen Theater selbst gespielt, aber auch Stücke geschrieben. Seit 2019 studiert er an der Ruhrakademie Schwerte Filmregie, und erhielt bereits für seinen Vordiplomfilm „To smile or not to smile“ internationale Preise.

„Er ist ein Profi und hat überhaupt keine Star-Allüren“: Bashar Al Murabea (l.) arbeitet gerne mit Roland Riebeling zusammen. Im Vordergrund auf dem Tisch steht die verhängnisvolle Zeitmaschine.
„Er ist ein Profi und hat überhaupt keine Star-Allüren“: Bashar Al Murabea (l.) arbeitet gerne mit Roland Riebeling zusammen. Im Vordergrund auf dem Tisch steht die verhängnisvolle Zeitmaschine. © Thomas Schindler

Für seine Abschlussarbeit hat er viel Aufwand betrieben. Am Drehtag ist der Kellerraum unter der Cubus-Kunsthalle kreativ zur Endzeitkulisse umgestaltet worden. Zeitungsseiten hängen an der Wand, die Schlagzeilen und Fotos dokumentieren den bisherigen Verlauf der nuklearen Katastrophe. An einer anderen Stelle, direkt neben seinem Bett, führt Dr. Splits eine Strichliste – für jeden Monat in seinem unterirdischen Gefängnis hat er einen Balken in das Mauerwerk geritzt.

Dreharbeiten in Duisburg: Keller wird zur Endzeit-Kulisse

Auf einer Tafel stehen komplizierte Formeln geschrieben; hier hat Dr. Splits seine Berechnungen über Raum und Zeit festgehalten. Bashar Al Murabea hat sich dafür von einem befreundeten Physik-Studenten beraten lassen: „Die Theorie von der Zeitreise gibt es tatsächlich“, sagt er, „aber es ist natürlich nicht möglich“. Die Zeitmaschine selbst befindet sich auf dem Tisch in der Mitte des Raumes – dafür hat der Regisseur ein Lichtobjekt umgebaut und um viele weitere Glühbirnen ergänzt.

Auch sonst hat er an Details nicht gespart. In den Regalen stapeln sich dutzende Konservendosen, neben der Tür hängt ein gelber Schutzmantel – für die seltenen Ausflüge in die verstrahlte Außenwelt, die Dr. Splits für die Nahrungssuche unternehmen muss. Die beklemmende Atmosphäre in diesem Verließ unterstützt eine Nebelmaschine und sorgt für diesige Luft.

Bashar Al Murabea im Dialog mit dem Kameramann.
Bashar Al Murabea im Dialog mit dem Kameramann. © Thomas Schindler

Viel Platz für seine Ein-Mann-Performance hat Roland Riebeling nicht – in dem kleinen Raum befinden sich neben dem Schauspieler, dem Regisseur und der Produzentin noch Kameraleute, ein Tonexperte und eine Kulissenbildnerin. Alle Augen auf sich gerichtet, spielt Riebeling mit Leidenschaft den abgründigen Wissenschaftler, dessen zwei Persönlichkeiten darum ringen, die Oberhand zu gewinnen – und ihn an den Rande des Wahnsinns treiben.

Roland Riebeling mit Professionalität, aber ohne Star-Allüren

Drei Drehtage brauchte es, bis alle Szenen für den Kurzfilm im Kasten waren. Anstrengende Tage für die Crew, die Bashar Al Murabea für diesen Zeitraum gebucht hatte. Mit dem Ablauf ist der Student zufrieden: „Es hat alles funktioniert, auch weil sich das Team super verstanden hat.“

Die Arbeit mit Roland Riebeling sei für ihn besonders gewesen: „Roland hat sich gut vorbereitet und mit der Figur auseinandergesetzt. Er ist ein Profi und es ist eine Ehre, mit ihm zu arbeiten, und er hat überhaupt keine Star-Allüren.“ Nach dem Schnitt und der Filmmusik plant Al Murabea, das Werk Mitte August an seiner Hochschule einzureichen.

Bashar Al Murabea (3. v.l.) freut sich über gute Stimmung im Team.
Bashar Al Murabea (3. v.l.) freut sich über gute Stimmung im Team. © Bashar Al Murabea

Ist das Studium beendet, bleibt ihm erstmal ein wenig Zeit, sich zu orientieren. Eine Miniserie habe er bereits angefangen zu schreiben. Grundsätzlich kann sich Bashar Al Murabea aber viele Wege vorstellen. Film oder Theater, Schauspiel oder Regie – „mir macht das alles gleich viel Spaß“.

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„The Paradox Project“ soll nach Abschluss der Produktion zwischen zwölf und 15 Minuten lang werden. Mit Bezahlung der Crew und den Kosten für das technische Equipment rechnet Bashar Al Murabea damit, dass die Low-Budget-Produktion am Ende einen mittleren vierstelligen Betrag kosten wird.

Auf der Suche nach Finanzierungshilfen hagelte es Absagen: 107 mal erhielt Al Murabea die Nachricht von Förderstellen oder Stiftungen, dass keine Bezuschussung seines Projektes möglich sei. Am Ende gab es unter anderem vom Kulturbüro der Stadt Duisburg immerhin einen kleinen Betrag.

Veröffentlichen darf er den Kurzfilm zunächst nicht, so lange dieser nicht von den Dozentinnen und Dozenten der Hochschule bewertet wurde. Später seien viele Kanäle dafür denkbar, Amazon Prime und Netflix etwa, aber auch Arte habe ja immer großes Interesse an Kurzfilmen.