Dortmund. Die ausverkaufte Dortmunder Westfalenhalle feiert die Rückkehr von Herbert Grönemeyer. Doch das war nicht sein letzter Auftritt in NRW.
Frenetischer Jubel umtost Herbert Grönemeyer, als er kurz nach acht Uhr auf der Bühne der ausverkauften Dortmunder Westfalenhalle erscheint und am Ende des Laufstegs am Klavier Platz nimmt, um die besinnliche Ballade „Tau“ anzustimmen. Sehen Sie hier: Herbert Grönemeyer in Dortmund: Das sind die besten Bilder
Grönemeyer in Dortmunder Westfalenhalle: Superstar benötigt keinen brachialen Hit
Es ist als würde ein strenger Lehrer den Klassenraum betreten, denn sofort herrscht andächtige Ruhe im Saal. Einer der wenigen Momente, an denen der für Grönemeyer typisch vernuschelte Gesang ohne die Textkenntnisse beinharter Fans zu verstehen ist. Der Superstar der deutschen Popmusik braucht keinen brachialen Hit, um die Stimmung zum Konzertauftakt anzuheizen, vielmehr wird er selbst von der Begeisterung seiner Fans angetrieben, bewegt sich mit seinen lustig hopsenden Dance-Moves. Lesen Sie hier: Herbert Grönemeyer: 2023 spielt er weitere Konzerte in NRW
„Es gibt mittlerweile Grönemeyer-Tanzkurse, die dauern nur zehn Minuten und sind schweineteuer“, so Grönemeyers Selbstironie - und lässt immer wieder ein befreites Jauchzen hören.
Grönemeyer in Dortmunder Westfalenhalle: „Schön, wieder zuhause zu sein“
Für den 67-jährigen Musiker war es nicht nur das triumphale Ende einer schmerzlich empfundenen, vierjährigen Corona-Unterbrechung, der auch die für 2022 geplante Tour zum 20-jährigen Jubiläum seines „Mensch“-Albums zum Opfer fiel. Auch interessant: VfL Bochum: Vereinsidol Herbert Grönemeyer feiert BVB-Treffer
„Guten Abend, es ist schön, wieder zuhause zu sein“, begrüßt er die euphorisierte Fangemeinde, die mit der kurz mal vollzogenen Eingemeindung Bochums nach Dortmund gleichsam die Heimkehr eines, wenngleich nie verlorenen, so doch lange vermissten, Sohns ins Revier feierte.
Grönemeyer in Dortmunder Westfalenhalle: Beseelter Frage-Antwort-Refrain
Mit dem Titelsong des neuen Albums „Das ist los“ hatte Grönemeyer, der seine Heinz-Rudolf-Kunze-Look-Alike-Brille offenbar gegen Kontaktlinsen ausgetauscht hatte, das Publikum bereits auf seine Rolle als Mega-Chor eingeschworen. Auch wenn es in seinen Liedern inhaltlich eher unkonkret bleibt, oder vielleicht auch gerade deswegen, wird umso beseelter in den Frage-Antwort-Refrain eingestimmt.
Wie kaum ein anderer Popsänger erzeugt Grönemeyer ein überaus starkes Wir-Gefühl, indem er mit seismografischem Feingefühl die Stimmung der Menschen, ihre in Zeiten einer multiplen Transformation vielfältigen Ängste und den daraus resultierenden Sorgen gleichsam auf Augenhöhe aufnimmt. Seine Antworten zielen auf die emotionale Ebene, etwa die Hoffnung nicht zu verlieren, Mut zu wagen und den Zusammenhalt, „denn das haben wir hier im Ruhrgebiet gelernt“ nicht zu verlieren.
Grönemeyer in Dortmunder Westfalenhalle: Steigerlied ist weniger Folklore
Sein „Steigerlied“ ist weniger Folklore als vielmehr Mahnung, das Gefühl der Solidarität in einer zunehmend auf Individualisierung setzenden Gesellschaft zu bewahren. Mit „Der Schlüssel“ erinnert er an das Schicksal von Flüchtlingen, wobei er sich allerdings auf die ukrainischen konzentriert. Er lobt die jungen Menschen, die sich um das Klima und ihre Zukunft sorgen. Doch Politiker, die konkrete Klima-Ziele einhalten wollen und müssen, dürfen auf ihren Kongressen nicht tanzen. Lesen Sie hier: Herbert Grönemeyer und „Mensch“: Wie das Album entstand
Bei Grönemeyer ist das anders, hier dürfen Sorgen auch einfach mal weg getanzt werden, zu den Up-Tempo-Klassikern wie „Kopf hoch, tanzen“, „Männer“ oder „Was soll das?“. Wenn er jedoch statt „Musik nur wenn sie laut ist“ „Klimaschutz funktioniert nur wenn es wehtut“ sänge, hielte sich die jubelnde Begeisterung sicherlich in Grenzen. Hintergrund: Neues Grönemeyer-Album: Druck war „enorm hoch“
Grönemeyer in Dortmunder Westfalenhalle: Zahlreiche Zugaben
Nach zahlreichen Zugaben, darunter „Flugzeuge im Bauch“ sowie die Hommage an die Ruhrgebiets-Kulinarik „Currywurst“ ist schließlich nach fast drei Stunden Schicht im Schacht. Morgen sind die Probleme nicht kleiner, aber die gehörige Portion musikalischen Seelenbalsams, die „Herbie“ gerade verabreicht hat, dürfte bei vielen wieder die Merkelsche Zuversicht von „Wir schaffen das“ geweckt haben. Dafür gebührt ihm der frenetische Schlussapplaus ohne Frage.
Eine weitere Portion Seelenbalsam gibt es am 9. Juni 2023, wenn Herbert Grönemeyer in der Veltins-Arena in Gelsenkirchen auftritt. Hier gibt es weitere Informationen zum Konzert in Gelsenkirchen.